Twenty One - Prequel 1

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„Ausgezeichnete Arbeit. Wir sprechen später über diese Entwicklung."

Maison und Jackson nicken ihm zustimmend zu und beginnen über irgendwelche geschäftlichen Dinge zu sprechen.

Ich verstehe kein Wort und als ich fragend zu Selena hinüberblicke sieht sie mich ebenfalls fragend an.

Als sie bemerkt, wem sie gegenüber sitzt, versteinert sich ihre Miene und sie dreht trotzig ihren Kopf weg.

Mit verstohlenen Blicken, sehe ich mir die Schrammen in seinem Gesicht an. Irgendwas ist seltsam an ihnen. Sie sehen nicht aus wie Schrammen von einem Unfall oder einer Schlägerei, sondern eher als wären sie durch etwas maschinelles erzeugt. In gleichmässigen Abständen zueinander sind an mehreren Stellen diese gewölbten Schrammen, allerdings sind sie nicht durchgehend.

„Keine Sorge, das kommt auch öfter vor und vergeht genau so schnell" - flüstert Maison mir zwinkernd zu.

Woher kommt nur diese plötzliche Vertrautheit?

Ist doch egal, er sagte „auch", meint er damit Selena.

Bei dem Gedanken Selena bald nicht mehr sehen zu müssen, macht mein Herz einen kleinen Freudensprung.

Bald bin ich sie los.

Da er immer noch zu mir sieht, als ob er er eine Antwort erwartet erwidere ich:

„Ok, wenn du meinst. Sag mal dieser Salon...ist irgendwie anders als der im Ostflügel, oder nicht?"

Er schaut kurz verwirrt drein, bis er versteht was ich meine:

„Ah, ja. Das ist der Neubau und das Hauptgebäude. Ursprünglich war das dort ein alleinstehender Nebenflügel einer Palastanlage, welche jedoch niemals fertiggestellt werden konnte."

„Ein Palast?"

Auf der anderen Seite kommt ein stöhnender Laut von Jackson:

„Oh nein, frag ihn nicht danach."

Verwirrt über seine Reaktion, sehe ich zwischen den zweien hin und her. Schließlich siegt meine Neugier:

„Was war das für ein Palast?"

Jackson wirft seien Löffel in die Schale und lehnt sich genervt zurück.

„Sie hat es getan..."

Selena kichert und flüstert ihm etwas zu, die beiden ignorierend lehne ich mich zu Maison und höre ihm zu.

Er scheint sich wirklich über die Frage zu freuen, denn er beginnt aufgeregt zu erzählen:

„Also vor langer Zeit gab es einmal zwei verfeindete Königshäuser...".

Er erzählt mir aufgeregt die Geschichte eines eitlen Prinzen, seiner heimlichen Liebe zur Königin des verfeindeten Königreiches und deren tragisches Ende.

Diese Geschichte muss er wohl lieben, denn die Leidenschaft in seinen Augen als er mir vom Unglück des Prinzen erzählt ist unfassbar. Fast schon hat man das Gefühl mitten im Geschehen zu sein und ich verliere mich in seiner Erzählung. Sein lächeln als sie für kurze Zeit zueinander finden und diese sorgenvollen Blicken, als der Prinz kurz vor seiner Enthauptung steht wecken das Gefühl in mir er sei der Prinz ...

... und seine Königin ist Leila.

„Sorry, ich langweile dich jetzt sicherlich mit meiner Erzählung." - Unterbricht er sich mit einem Entschuldigenden lächeln.

„Nein, nein! Das ist eine wundervolle Geschichte, würdest du mir auch das Ende erzählen?"

„Nun das...muss wohl bis zum nächsten morgen warten."

Mit einem entschuldigenden lächeln verabschiedet er sich gemeinsam mit Jackson.

Mit einem anmutigen lächeln folgt ihnen Selena und ich bleibe alleine zurück.

Unschlüssig, schleiche ich durch das Anwesen. Von einem Flur zum anderen, sehe mir jeden Flur, jede Tür und jedes Fenster genau an. Wie kann man nur in so einem großen Anwesen leben.

Wie kann man sich in so einem großen Anwesen wohl fühlen?

Ich weis es nicht - wieso ich mich hier nicht unwohl fühle, wieso diese Villa mich nicht einschüchtert oder in staunen versetzt. Es ist fast so als hätte ich schon immer hier gelebt. Als wäre das mein Elternhaus und ich wäre...

Ich stützte mich am Geländer der Treppe ab, als mein Herz zu pochen beginnt. Wieso schmerzt es plötzlich so sehr? Nein es spürt sich an wie ein Stich, gefolgt von einem unerträglichen und glücklicherweise kurzem Dröhnen in meinen Ohren. Das dröhnen erweicht zu einem angenehmen Summen und letztlich höre ich das hupen eines Kreuzfahrtschiffes.

„Siehst du das große Schiff dort? Das ist der Luxusliner von dem ich dir erzählt habe, mein Schatz."

„Wo denn? Wo ist er ich kann ihn nirgendwo sehen."

Obwohl sie sich auf ihre Zehenspitzen stellt, ist sie noch zu klein um es sehen zu können.

„Komm her, ich helfe dir."

Die junge Frau packt das kleine Mädchen an der Taille und nimmt sie auf ihre Schultern.

„Wow....sieh mal wie viele Boote! Hallo....sieh her sie winken mir zu!" - begeistert winkt sie den Passagieren an Bord zu.

„Wenn ihr zwei dann so langsam fertig seit...wir müssen noch einchecken." - Eine tiefe melancholische Männerstimme holt sie aus dem bestaunen des Luxusliners heraus und lachend Strecke sie ihre kleinen zarten Ärmchen nach ihm aus. Er erwidert diese Geste, nimmt sie in seine arme und wirbelt sie einige Male herum, bevor er sie fest und liebevoll in seine Arme schließt.

„Miss? Geht es ihnen Gut? Miss?" - verzweifelt rüttelt ein Hausmädchen an meiner Schulter.

Ich blinzle einen Augenblick, versuche mir bewusst zu werden wo ich bin und antworte schließlich benommen:

„Ja, danke. Mir war nur etwas schwindlig. Ich habe kaum getrunken. Könnten sie mir vielleicht aufhelfen?"

„Selbstverständlich, gibt es sonst etwas, dass ich für sie tun kann?"

„Versprechen sie mir, dass das unter uns bleibt."

„Aber Miss..."

Ich seufze und sage gespielt:

„Es ist dieser Druck. Sie tun soviel für mich und ich kann mich nach wie vor nicht an auch nur eine einzige Kleinigkeit erinnern. Bitte! Wenn das weitererzählen werden sie sich noch mehr sorgen."

Verständnisvoll nickt sie und hilft mir auf, bevor sie sich im Ostflügel verschwindet flüstert sie mir noch zu:

„Bitte zögern sie nicht mich zu rufen, sollte ihnen etwas fehlen und wenn sie erlauben, lassen sie mir einen gut gemeinten Rat gebe: der junge Herr ist nicht der, der er zu sein scheint."

White dressWo Geschichten leben. Entdecke jetzt