Volle Pleite. Mutters Heiratskanidaten waren da. Wir haben unserer Mutter voher nichts davon erzählt, damit sie sich ganz natürlich benimmt und nicht so aufgeregt ist. Ich meine, wenn man den Mann trifft, den man dann bald heiraten wird, ist man bestimmt aufgeregt und sagt irgendwelchen Blödsinn. Und da meine Mutter eh meistens Blödsinn redet, dachte ich, es wäre besser, ihr nichts zu sagen und sie nicht nervös zu machen. Aber alles umsonst. Meine Mutter hat es trozdem vermasselt.
Von Lucy hab ich mir übrigens die Hälfte der Anzeige bezahlen lassen, weil es ja in ihrem Interesse ist, dass unsere Mutter wieder eigene Probleme bekommt. Lucy war sofort einverstanden. Meine Mutter muss ihr ganz schön auf den Wecker gefallen sein, in der letzten Zeit.
Also Lucy und ich haben uns auf die Lauer gelegt. Genau genommen standen wir wie zufällig im Flur rum und haben abgewartet, was passiert. Man weiß ja nie. Vielleicht braucht unsere Mutter Unterstützung. Ist ja lange her, seit sie das letzte Mal geheiratet hat.
Es klingelte an der Tür. Meine Mutter rief, ich soll aufmachen. Das war nicht der Plan. Sie sollte die Tür aufmachen, damit der Heiratskandidat sich sofort in sie verliebt. Ich hab gesagt, ich kann nicht. Sie hat nach Lucy gerufen. Die plärrte, sie kann auch nicht.
Genervt kam meine Mutter aus ihrem Nähzimmer gestürmt, an uns beiden vorbei. Aber bevor sie die Tür aufgemacht hat, hat sie uns erstmal angemeckert, was das den solle. Wir würden hier nichts tuend im Flur rumstehen, da könnten wir doch gefälligst mal die Tür öffnen.
Lucy hat gesagt, sie hätte sich beide Hände verletzt und hob ihre Pfoten kläglich in die Höhe. Mist, das war eigentlich meine Ausrede. Und als mich meine Mutter ironisch fragte, was mich denn daran hindere, die Tür zu öffnen, habe ich gesagt, meine Beine täten weh, ich könnte nicht laufen. ZUgegeben, sehr schwach, aber mir ist echt nix Besseres eingefallen.
Also ist ziemlich ärgerlich zur Tür gegangen, noch mit dem Maßband um den Hals, einem Nadelkissen am Handelgelenk und fünf Stecknadeln im Mund. Ich wollte es ihr noch schnell abnehmen und hab versucht, ihr einzureden, sie sollte etwas Lippenstift auflegen, aber sie hat mich nur abgewimmelt. Sehr beeindruckend sah sie jedenfalls nicht aus.
Sie öffnete die Tür. Ein Mann mit Blumenstrauß stand davor.So'n dicker, alter, also mindestens vierzig, wenn nicht schon sechzig. So wie der aussah, wäre er genau der Richtige - mit dem hätte sie bestimmt 'ne Menge Probleme, dachte ich.
Der Mann war ziemlich nervös, hat geschwitz, sich geräuspert, dann eine Verbeugung angedeutet und meiner Mutter den Strauß hingehalten, "Guten Tag, Ferdinand Friedrich mein Name. Ich komme auf die Anzeige."
Meine Mutter hat etwas irritiert Herrn Friedrich angeschaut. Sie dachte, er will ihr Blumen verkaufen, und hat gesagt, sie brauche keine Blumen. Herr Friedrich hat gelächelt, ihr aber immer noch die Blumen hingehalten. "Bescheidenheit mag ich an Frauen. Da hätten wir doch schon eine erste Übereinstimmung." Dann hat er einen Schritt nach vorne gemacht.
Aber meine Mutter hat ihm den Weg versperrt. Sehr charmant. Die weiß wirklich nichzmehr, wie man einen Mann erobert. Herr Friedrich wurde noch nervöser, hat sich noch mehr geräuspert und einen neuen Versuch gemacht: "Wissen sie, ich sehe mich als Gärtner und..."
Meine Mutter glaubte plötzlich zu wissen, worum es ging: "Sie haben sich bestimmt in der Tür geirrt. Frau Lüpke sucht einen Gärtner." Sie wollte schon wieder die Tür schließen, aber dieser Friedrich hat nicht locker gelassen. Er hat die Blumen durch den schmalen Türschlitz geschoben und gesäuselt: "Wie schön, Humor haben Sie auch. Wir kommen bestimmt gut miteinander aus."
Meine Mutter strahlte mit einem Mal und machte die Tür wieder auf: "Ach, entschuldigen Sie. Sie sind ein neuer Fahrer vom Theater! Ich bin aber noch nicht fertig. Die Sachen sollten erst heute Abend abgeholt werden."
Daraufhin erwiderte Herr Friedrich: "Wenn Sie ins Theater wollen und Ihnen das die Langeweile vertreibt gerne, In Ihrer Anzeige stand ja: "Ich suche einen Mann, der mir die Langeweile vertreibt." Da bin ich genau der Richtige für sie."
Jetzt dämmerte es meiner Mutter langsam.Aber anstatt ihn nun endlich reinzubitten, hat sie sich zu uns umgedreht und uns durchdringend angeschaut. Lucy hält so einenm Blick lässig mit Unschuldsmiene Stand. Ich nicht. Meine Mutter wusste Bescheid.
Sie hat sich nochmal kurz an Hernn Friedrich gewandt, ihm gesagt, es handele sich leider um ein Missverständniss, und ihm die Türvor der Nase zugeknallt. Das hat einige Blumen die Köpfe gekostet, denn so schnell wie meine Mutter die Tü zugeknallt hat, konnte Herr Friedrich seine Blumen gar nicht in Sicherheit bringen.
Dann hat sie sich zu uns umgedreht. Wir haben noch schnell versucht unauffälig in unsere Zimmer zu schleichen, aber es war zu spät. Sie hat und gestoppt, wütend die Arme in die Seite gestemmt und dann ging es los. Sie verlangte eine Erklärung. Und zwar auf der Stelle.
Ehrlich gesagt, ich bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass sie eine Erklärung brauchen könnte. Ich dachte, sie sieht einen Mann, verliebt sich, die beiden heiraten und Lucy und ich haben unsere Ruhe. Auf die Situation jetzt war ich überhaupt nicht vorbereitet.
Ich habe Lucy angeschaut, die hat ihre Fingernägel betrachtet. Keiner hat einen Ton gesagt. Na, das konnte dauern. Unsere Mutter hat gute Nerven. Sie lässt uns glatt drei Wochen hier stehen, wenn keiner von uns was sagt.
Ich hab kurz überlegt und gedacht, wieso versuche ich es nicht mal mit der Wahrheit. Ist zwar nicht sehr kreativ, aber besser als hier Wurzeln zu schlagen. Ich habe angefangen: "Na... wir dachten... du bist immer so alleine.... und arbeitest so viel... und da haben wir..."
Weiter kam ich nicht. "Eine Anzeige aufgegeben?" Meine Mutter runzelte die Stirn. Lucy war jetzt auch lockerer geworden, versuchte es auch mit der Wahrheitstour und hat unnötigerweise verbessert: "Eine Heiratsanzeige!"
Meine Mutter schnappte nach Luft und wollte eigentlich nicht schimpfen. Aber Lucy hat drollig geguckt, das kann sie gut, und ich habe ganz niedergeschlagen geguckt, das kann ich gut.
Meine Mutter hat gerührt gelächelt: "Aber Kinder, so geht das doch nicht. Da gehört doch noch viel mehr dazu."
Lucy: "Was denn?"
Meine Mutter: "Na, zum Beispiel Romantik. Das ist ganz wichtig. Und...."
Weiter kam sie nicht, denn es hat wieder geklingelt. Sie hat uns einen drohenden Blick zugeworfen - das wird doch nicht etwaschon wieder...? - und die Tür geöffnet. Herr Baumann, mein Mathelehrer, stand mit einer Packung Pralinen vor der Tür. Ich war erst mal gelähmt vor Schreck, doch dann haben meine Beine wieder funktioniert. Ich bin abgehauen.
Lucy ist zu ihm gelaufen, hat ihm zugeflüstert, er solle romantisch sein, da stehe unsere Mutter drauf. Meine Mutter war richtig erleichter, dass bloß mein Mathelehrer vor ihr stand und kein Heiratskandidat. Sie war richtig überschänglich freundlich und hta ihn reingebeten.
Lucy hat sich an seine Fersen geheftet. Meine Mutter hat ihm etwas zu trinken angeboten, er guckte auf Lucy, die hat hm aufmunternd zugenickt und unhörbar mit den Lippen noch mal "Romantik" formuliert.
Daraufhin begann er: "Wo wir trinken, wo wir lieben, da ist die reiche, freie Welt." Meine Mutter hat ihn irritiert angeguckt und die Kaffeekanne wieder hingestellt, hat einen Apfelsaft geholt und gemeint: "Vielleicht doch lieber ein Glas Saft. Sicher hatten Sie heute schon genug Kaffee."
Lucy kam mit einem Daumen-hoch-Zeichen in mein Zimmer gerast und hat berichtet. Alles in Butter. Ich hab sie nur entsetz angeguckt und ihr gesagt, dass das mein Mathelehrer sei. Das fand Lucy nur umso besser.
"Ist doch prima, dann kriegst du endlich 'ne gute Note in Mathe, wenn er Mami heiratet." Ich hab ihr gesagt, dass ich bereits gute Nate habe, das ich ganz bestimmt nicht Papa zu ihm sagen werde und dass ich es hasse, einen Lehrer in der Familie zu haben. Das wäre oberätzend. Sie soll sofort ins Wohnzimmer gehen un die Ehe verhindern.
Lucy hat sich getrollt und ich sitz hier und kau an den Nägeln.
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Hexen küsst man nicht
Fiksi RemajaVioletta ist unglaublich verliebt. Aber ihre Rivalin Ludmila scheint irgendwie bessere Chancen zu haben bei Federico dem Sänger der Schulband. Doch plötzlich passieren seltsame Dinge, die fast schon an Zauberei grenzen. Es sieht so aus, als wenn Vio...