"Das klappt doch großartig."
Wir stehen im Garten der Mikaelsons, in der Nähe der Bank, auf der Nik und ich uns das erste Mal geküsst haben, und beobachten, wie die Hexen singend in einem großen Kreis stehen und die Hände gen Himmel strecken. Ich beachte Klaus' Kommentar kaum - ich schaue wie gebannt in den Sternenhimmel. Staunend erlebe ich mit, wie sich aus dem Nichts heraus eine Mondsichel bildet und somit gegen alle Naturgesetze, die ich kenne, verstößt. Die Macht der Hexen geht tatsächlich so weit, dass sie den Mond auf ihrer Bahn ändern und aus einem Neumond eine Sichel pressen können. Kurz darauf fliegen Sternschnuppen vorbei. Mit einer seltsamen Befriedigung stelle ich mir vor, wie Lumia und ihr Lichtzirkel auf der anderen Seite des Atlantiks empört zum Himmel hinaufschauen. Hoffentlich zermahlen sie sich vor Wut die Zähne. Jetzt stellt Esther erst wieder in einem Monat eine Bedrohung dar, genug Zeit, sich einen Plan zu überlegen.
"Zuerst müssen wir Kol befreien", meint Rebekah, als die Hexen gegangen waren und der Rest sich im Klavierzimmer eingefunden hatte. Rebekah sitzt wie früher vor dem Klavier und klimpert eine Melodie. Ich habe mich gegen das Fenster hinter ihr gelehnt und betrachte ihre Finger. So flüchtig bewegen sie sich über die Tasten, scheinen sie kaum zu berühren, doch trotzdem entlocken sie dem Instrument Töne.
"Kann mir bitte erstmal jemand erklären, was passiert ist?" Zoey steht mit verschränkten Armen in der Mitte des Raums und betrachtete die Anwesenden eingehend.
Klaus betrachtet das Sesselmuster unter seinen Fingern. Er gräbt die Hand in das Polster und sagt:"Um es kurz zu halten: Livia hält schwarze Magie in sich, der sich Mutter später bedienen soll, und ist zudem ebenso unverwundbar wie sie es sein wird. Kol wird von den du feus gefangen gehalten, denen wir diesen ganzen Unfug zu verdanken haben, und diese Hexen stehen außerdem im Bunde mit dem Lichtzirkel in Irland. Ein Feind über dem Atlantik, einer in unmittelbarer Nähe, beide wollen Esther auferwecken."
"Und was wollt ihr dagegen unternehmen?", fragt Zoey.
"Zuerst Kol befreien", wiederholt Rebekah. Das Klavierspiel verstummt, als sie sich aufrichtet und ihre Ellbogen auf das Klavier stützt. "Womöglich hat er Gespräche belauscht, die uns weiterhelfen."
"Nicht zu vergessen, dass er unser Bruder ist", fügt Elijah hinzu.Der Entschluss steht fest. Niemand im Raum hat eine Stimme erhoben, und noch in derselben Nacht brechen wir auf. Das heißt, ich eigentlich nicht. Genausowenig wie Livia und Zoey. "Du hast schon genug Unheil angerichtet", wendet sich Klaus an Zoey, und Livia und mir verschließt er die Tür, ehe wir ihm folgen können.
Also sitzen wir zu dritt im Klavierzimmer. Ich habe vor dem Instrument Platz genommen und versuche, mich an ein Lied zu erinnern, dass Rebekah mir beigebracht hat. Nach einigen missglückten Ansätzen gelingt es mir, und eine vertraute Melodie erfüllt den Raum.
"Komm mir nicht mit Weihnachtsmusik", beschwert sich Zoey, die immer noch aus dem Fenster schaut. Die Mikaelsongeschwister sind natürlich längt nicht mehr zu sehen.
"Das ist Hark the Herals Angels sing", erkläre ich leise, um das Lied nicht zu beeinträchtigen. Um die Weihnachtszeit herum hat Bekah es mir beigebracht, allerdings mit einigen Änderungen ihrerseits.
"Sag ich doch, Weihnachten."
"Also verstehe ich das richtig", setzt Livia zum wiederholten Mal an, während sie in einem wahllos herausgezogenen Buch blättert. "Die Anführerinnen der du feus und des Lichtzirkels sind beide Nachfahren von Genevieve, dieser fiesen Hexe."
Ich lächle schwach, nicke jedoch. "In Genevieves Grimoire müssen sie einen Wiederauferstehungszauber gefunden haben. Sie hoffen, dass Esther alle Mikaelsons auslöscht, damit die Erde von Vampiren bereinigt wird."
Zoey lacht. "Das hat der Lichtzirkel gesagt?"
"Lumia, ja." Ich lasse vom Klavier ab und gehe zum Bücherregal. Alle sind alt und in kunstvolle Leinenbänder gewickelt, aber im Moment spricht mir keines zu. Viel lieber würde ich malen, um die Unruhe zu vertreiben. Ich bezweifle jedoch, dass Klaus es gern sieht, wenn ich in seinem Atelier hantiere. Um vom Thema abzulenken, frage ich Zoey: "Was ist eigentlich damals zwischen Kol und dir passiert? Ihr ward wie ein Herz und eine Seele."
"Ach, das ist lange her." Endlich kehrt sie dem Fenster den Rücken zu und zuckt mit den Schultern. "Er hat mich mit so einer Hexe betrogen."
Ungläubig hebe ich die Augenbrauen. "Betrogen? Aber warum?"
Abermals zuckt sie mit den Schultern. "Wer weiß schon, was in seinem kranken Kopf vorgeht."
Eine Weile schweigen wir, jeder von uns hofft, dass die Tür aufgeht und Klaus in Begleitung von Kol hereinkommt. Aber es passiert nicht. Wir warten und warten und ich klimpere auf dem Klavier, die ein oder andere Melodie steigt mir zu Kopf, aber ich halte mich an nichts Festes. Zoey schaut weiterhin aus dem Fenster, als könnte sie die Ankunft der Anderen dadurch herbei zwingen. Irgendwann kommt Livia zu mir hinüber und quetscht sich auf die Kante des Hockers. "Woher hast du gelernt, so zu spielen?", fragt sie.
"Rebekah hat es mir beigebracht", erwidere ich und klappe den Deckel auf die Tasten. "Es weckt Erinnerungen an andere Zeiten." Vergangene Zeiten.
Auf einmal klingelt mein Handy. Unterdrückte Nummer. Ich halte es mir gegen das Ohr und frage langgezogen: "Jaa?"
"Chloe?" Es war Damon. "Chloe, bist du da?"
Ich runzelte die Stirn. "Ja, ist was?"
"Nein, nur schlechte Verbindung. Hör zu, ich hab Lexi gefunden. Ich habe Stefan bei ihr gelassen. Er wirkte viel ruhiger, als er sie gesehen hat."
Ich lächelte zufrieden. Lexi hatte Stefan schon in der Vergangenheit von seinem Hang zum Ripper befreit. Sie würde es auch ein Mal mehr schaffen. Und dann würde ich wieder meinen Bruder zurück haben.
"Danke, Damon. Kommst du wieder zurück?"
Ich höre ihn am anderen Ende der Leitung schnauben. "Zu dem Irren und seinen soziopathischen Geschwistern?"
"Zu deiner liebenswerten Schwester?", kontere ich.
"Und weg von meinem Ripper von Bruder?"
Ich seufze. "Also gut, du lässt dich nicht überzeugen. Bis bald."
"Bis bald, Schwesterherz."
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Sacrificium
FanfictionFortsetzung zu "Desiderium": Der Lichtzirkel steht kurz vor einem Ritual, das Esther wiederauferstehen lässt. In New Orleans sorgen die Hexen der du feus für Unruhe. Und Klaus versteckt ein Mädchen, von dem er behauptet, es sei seine Tochter - und...