DWK und die Chaos - 'Schwestern'

#10

Die Gestalt war klein und ging langsamen Schrittes auf mein Netz zu.
Ich richtete mich auf um die Person näher in Betracht zu nehmen.
Sie war in eine schwarze Robe gehüllt und eine lange Kapuze verdeckte ihr Gesicht.
Ich musterte sie von oben nach unten und blieb an den roten Turnschuhen hängen, die vor der Robe hervorragten. Ach wie Süß!

"Mina komm her!"
Ich herrschte meine Schwester an heraufzuklettern worauf sie mich mit einen unsicheren und ängstlichen Blick anstarrte. Ok das war vielleicht etwas zu barsch.

"Mina, Kleine, komm bitte hoch zu mir", sprach ich nun in einen besänftigen Ton.
Die Angst verschwand aus ihren Augen doch die Verunsicherung blieb.
Also sprang ich selbst raus, ging vor ihr  auf die Knie und nahm meine kleine Schwester in den Arm.
Sie drückte ihr Gesicht in meine Halsbeuge und ihre zierlichen Ärmchen schnürten sich fest um meinen Hals.

"Wieso machst du das?"
Ihre Augen glitzernten unter den angesammelten Tränen die sie zurückzuhalten versuchte.

"Es ist besser so ", war meine schlichte Antwort.

Mina löste sich langsam aus meiner Umarmung und sie schaute mir lange in die Augen.
"Sie wollen, dass du zurückkommst..."
Sie scharte mit ihren Füßen auf dem Boden herum und befeuchtete ihre Lippen.

In mir kochte Wut auf.

"Und warum war kein einzelner von ihnen in der Lage selbst hier aufzukreuzen? Das ist feige! Mina" - ich sprach nun wieder ruhig zu ihr - "sie haben dich vorgeschickt um ihre Sachen zu erledigen. Das macht man nicht. Niemand fand es für nötig hier aufzukreuzen also werde ich es bestimmt nicht für nötig halten zurückzukehren."

"Aber wir bitten dich darum", ich vernahm eine Stimme von oben und drehte meinen Kopf.

Am Geländer gelehnt stand Juli, eine Hand auf dem Geländer liegend und die andere in seiner Hosentasche vergraben.
Kühl erwiederte ich seinen eindringlichen Blick.

Ich erhob mich aus meiner immer noch gehockten Haltung und stellte mich in meiner vollen Größe auf.

"Ihr bittet mich darum! Ihr bittet mich darum? Ihr oder Du? Ich sehe keinen anderen außer dir hier Juli und das ist lächerlich!"

"Lächerlich also? Ist es lächerlich nach deiner Aktion nicht mehr hier aufzukreuzen und versuchen dich vor einen Fehler zu bewahren, so wie ich es tue und es im Sinne aller anderen ist? Nein ist es nicht. Lächerlich ist es wohl eher drei kleine Sätze in einen Brief zu schreiben und ihn dann nicht persönlich zu übergeben! Wo wir doch gerade auch auf das Thema Feigheit zu sprechen gekommen sind!"

"Ich weiß nicht von was du redest! Ich habe keinen Brief geschrieben ich bin so gegangen um keine weiteren Schmerzen ertragen zu müssen..."
Zum Ende hin wurde ich leiser, ich hatte nichts gesagt oder geschrieben sondern war einfach gegangen um sie zu beschützen und um mir den Schmerz erträglicher zu machen von ihnen getrennt zu sein. Julis Worte verwirrten mich.

"Ach nein hast du nicht? Und was ist dann das hier!"
Er sprang übers Geländer, landete vor meinen Füßen und übergab mir einen leicht zerknüllten Zettel.

Ich will euch nie mehr sehen. Es war ein Fehler mich euch anzuschließen. Euch geht es doch nur ums gewinnen. ~Sophie Coin

Irritiert las ich die Zeilen die in Bleistift auf das Papier geschrieben worden waren.
Das musste ein Irrtum sein. Nie im Leben würde ich sowas schreiben.

"Das ist nicht von mir."

"Wie das ist nicht von dir? Da steht doch ganz deutlich SophieCoin!"

Ich seufzte.
"Juli, müsste es dir nicht aufgefallen sein, dass ich niemals meinen vollen Namen ausspreche oder es mag wenn man ihn erwähnt? Ich würde ihn dann erst Recht nicht in einen Brief schreiben."

Juli blickte auf den Boden und atmete tief durch.
"Wir wissen alle nicht mehr was wir glauben sollen, nur wir alle wollen, dass du zurückkommst. Wir vermissen dich.
Ich vermisse dich."

Ich nahm ihn in den Arm.