Die erste probatorische Sitzung bei der Psychologin...

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Es war der 13.09.2016 kurz nach acht am Morgen.
Mit einer recht dünnen Jacke bin ich bekleidet und auf dem Weg in die Altstadt. Dort werde ich einen Termin bei einer Kinder- und Jugendpsychotherapeutin für Verhaltenstherapie haben. Es gibt verschiedene Therapieformen wie eben die Verhaltenstherapie. Bei dieser Therapieform ist es so, dass man davon ausgeht, dass alle Verhaltensweisen in Laufe seines Lebens erlernt wurden und man sie auch wieder verlernen kann. Außerdem wird der Schwerpunkt auf das Hier und Jetzt gelegt, also es wird nach den aktuellen Problemen gesucht und es wird geschaut, wie man dabei sein eigenes Verhalten ändern kann.
So, zurück zur Situation. Der Termin war um 9:00Uhr, allerdings war ich schon so um halb neun da. Ups, da war ich wohl zu früh.
Auf jeden Fall habe ich dann noch etwas vor dem alten Gebäude gewartet. Viele Menschen sind dabei an mir vorbei gelaufen, die Stadtführungen gemacht haben oder einfach nur Touristen waren. Ich habe mich irgendwie beobachtet gefühlt, es war mir unangenehm. Wahrscheinlich auch, weil meine Eltern ja früher auch immer die Psychotherapie von meinem Bruder verheimlicht haben...

15 Minuten vor meinem Termin habe ich das Haus betreten und bin in die zweite Etage gelaufen. Dort bin ich dann durch eine Glastür gegangen, aber habe vor der nächsten Türe mit einer Klingel an der Seite gewartet.
Obwohl ich geklingelt habe, kam die Psychologin erst nach 9 Uhr an die zweite Türe und hat mir aufgemacht. Ich habe also ungefähr 20 Minuten lang warten müssen und sie kam außerdem noch zu spät!
Ich sollte mich dann in ihr Wartezimmer setzten und wenn ich wollte mir einen Tee machen, aber wegen der Kalorien und auch wegen meiner Unsicherheit habe ich abgelehnt. Sie meinte, dass sie noch ein paar Sachen in ihrem Büro erledigen müsste und solange habe ich gewartet. Danach sind wir in den Therapieraum gegangen. Sie hat eigentlich zwei Räume. Ein Raum, in dem ganz viel Spielzeug rumlag. Ein Kaufladen an der einen Seite, in der einen Ecke ganz viel Kuscheltiere und in der anderen Ecke mehrere Handpuppen. Durch diesen Raum musste man hindurch gehen, um in den anderen Therapieraum zu gelangen, der eher für Jugendliche und Erwachsene gedacht war. Dort war eine Hängematte und zwei Stühle. Nicht so bunt wie der andere Raum. Sie hat mir gesagt, dass ich auf dem einen Stuhl Platz nehmen darf.

Das Gespräch fing damit an, dass sie sich kurz vorstellte und mich fragte, ob sie mich siezen oder duzen soll. Als ich meinte, dass sie mich bitte duzen solle, meinte sie aber, dass sie von ihren ganzen Patienten gesiezt wird. Aber das war mir ja klar und das habe ich natürlich auch akzeptiert.
Sie hat mich dann gefragt, warum ich zu ihr gekommen sei und ich habe meine “Geschichte“ so in Kurzfassung erzählt und auch von der jetzigen Situation und von der krassen Diät, die mir meine letzten körperlichen Kräfte raubt.
Darauf hat sie nicht viel gesagt. Allerdings meinte sie, dass ich es wichtig sei, dass ich auch mal eine warme Mahlzeit esse, da ich sonst vielleicht irgendwann einen Kreislaufkollaps bekommen könnte. Irgendwie hat mir das schon ein bisschen Angst gemacht und für einen Moment habe ich gezweifelt, ob das Hungern der letzten zwei Wochen das richtige war... Diesen Gedanken habe ich allerdings schnell wieder verworfen.
Ich habe der Psychologin noch von meinem Vorhaben erzählt, dass ich wahrscheinlich kündigen werde. Stellt euch mal vor, nach noch nicht mal zwei Wochen Arbeit. Ich war einfach insgesamt am Ende, nicht nur körperlich.
Die Sitzung war schon nach 25min zu Ende, normalerweise geht eine 50min lang...
Dies war also wahrscheinlich meine erste und gleichzeitig meine letzte probatorische Sitzung bei der Psychologin. Irgendwie schade, denn das war vielleicht meine letzte Chance meine Essstörungen loszuwerden... :/

Essstörung - Der Moment, als ich gesagt bekam, ich sei psychisch krank...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt