hier können wir nicht bleiben.

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out here, it's like i'm someone else.

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Donnerstag, 02. Juni 2016


Hallo geliebtes Zuhause,

als ich jünger war, gab es eine Geschichte, die in den Gänge meiner Schule und in den Reihen meiner Freunde die Runde machte: In einer dunklen, dunklen Welt gibt es ein dunkles, dunkles Land. In diesem dunklen, dunklen Land gibt es eine dunkle, dunkle Stadt. In dieser dunklen, dunklen Stadt verläuft eine dunklen, dunklen Straße. In dieser dunklen, dunklen Straße steht ein dunkles, dunkles Haus. In diesem dunklen, dunklen Haus ist ein dunkles, dunkles Zimmer. In diesem dunklen, dunklen Zimmer steht ein dunkler, dunkler Schrank. Und in diesem dunklen, dunklen Schrank gibt es eine dunkle, dunkle Schublade. Und in dieser dunklen, dunklen Schublade sind ... viele bunte Smarties!

Ich weiß nicht, ob diese Geschichte tatsächlich einer Smarties-Werbung entsprang. Geschweige denn, wo dieses dunkle Haus stehen soll. Aber wo die Schublade mit den vielen bunten Smarties war, das weiß ich genau.

In einer weiten, weiten Welt. In einem schönen, schönen Land. Einem kleinen, kleinen Dorf, ein paar Kilometer außerhalb einer hübschen, hübschen Stadt. In diesem kleinen, kleinen Dorf im östlichen Niedersachsen gibt es eine Straße, die ich kenne, seit sie noch nicht mehr war als ein Sandweg. Mit Schlaglöchern. Und den glänzenden Pfützen eines Sommergewitters. In dieser Straße, genauer gesagt, im zweiten linken Seitenzweig dieser Straße steht ein Haus. Roter Backstein, grüne Holzverkleidung des oberen Stockwerks.

In diesem Haus gibt es eine Treppe. Direkt, wenn man zur Haustür reinkommt. Die Stufen knarren. Das Geländer ist nach siebzehn Jahren an vielen Stellen locker. Aber wenn man, wie ich, die Treppe in vollkommener Dunkelheit überwinden kann, ist das nicht mehr wichtig.

Dann durchquert man den Flur, bis man in das Zimmer kommt, in dem drei von vier Wänden mit Bücherregalen vollgestellt sind. Das Zimmer, das lange nach Pfeifenrauch gerochen hat, dann viele Jahre nicht und jetzt neuerdings wieder. Das Zimmer, in dem die Spiele auf den Bücherregalen bis unter die Decke reichen. Das Zimmer, in dem ich Abend um Abend saß, um mit meinem Papa Countrylieder zu trällern, bevor ich verstand, dass a sip of wine etwas anderes ist als ein simple plan. In diesem Zimmer gibt es eine Schublade, in der verstecken sich alle mögliche Leckereien. Manchmal auch Smarties.

Nur, dass sie sich dort nicht mehr verstecken

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Nur, dass sie sich dort nicht mehr verstecken. Weil es diese Schublade nicht mehr gibt. Und kein Regal. Kein Spiel. Nicht den Schreibtisch. Nicht den IKEA-Sessel, auf dem ich saß. Nicht mal die Pfeifen, die ich so verabscheue. Es ist leer.

Vier nackte weiße Wände, wo doch eigentlich das Zeugnis meines bisherigen Lebens hingehört.

Und auch im Zimmer nebenan. Da, wo das Bett meiner Eltern stand. Dasselbe Bett. Siebzehn Jahre lang. Das Bett, in dem ich schlimmste Fieberträume überstanden hab. Das Bett, das ich mit meinem Bruder gestürmt habe, um Papa mithilfe des Kampfkuscheln zum Aufstehen zu bringen. Leere. Es ist verschwunden, das Bett. So wie auch die Bücherregale. Der deckenhohe Kleiderschrank, in dem bis vor ein paar Wochen noch das Kleid von meinem Abiball hing.

Kira lässt grüßen und sagt...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt