Kapitel 7

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Es war Montag und ich wurde von dem Geräusch des Regens, der gegen die Fenster prallte, geweckt. Auf meinem Wecker sah ich, dass ich noch zehn Minuten liegen bleiben konnte. Trotzdem stand ich auf, nahm meine Bettdecke und setzte mich auf die Fensterbank. Ich sah nach draußen, verfolgte den Weg der Tropfen und lehnte meinen Kopf an das kühle Fensterglas.

Nach dem Training habe ich früher oft stundenlang am Fenster gesessen und dem prasselnden Regen zugeguckt. Ich hatte auch in meinem alten Zuhause eine Fensterbank. Auf dieser saß ich dann, eingekuschelt in eine Decke, mit meinen dicken Wintersocken. 

Später an diesem Tag, es war die erste Stunde und ich hatte US - Geschichte, saß ich auf einem Platz in der zweiten Reihe. Ich war früh dran, die meisten meiner Mitschüler waren noch nicht da. Kurze Zeit später stürmte Theo in den Raum, sein Haar war klatschnass und hing ihm ins Gesicht. Als er mich sah, setzte er sich neben mich und zog schnell seine Jacke aus. Darunter war er trocken, auch wenn seine Hose ebenfalls ziemlich nass war. 

Theo bemerkte wohl meinen fragenden Blick und zuckte mit den Schultern. "Mein Auto ist nicht angesprungen."

Ich nickte kurz und malte weiter Kringel auf meinen Notizblock. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, wie Theo sich ein paar mal durch die Haare wuschelte, um sie etwas zu trocknen.

Er seufzte und wandte sich schließlich mir zu. Abwartend sah er mich an, bis ich zu ihm hinsah und er mir ein breites Lächeln schenkte. "Na, Lou. Wie war dein Wochenende?"

"Ich hab gelesen." antwortete ich knapp und sah wie sein Lächeln langsam verschwand.

"Du hast gelesen? Das ganze Wochenende lang?"

Ich nickte. "Was hast du so gemacht?"

"Am Samstag war ich mit den Jungs am Sand Lake und gestern war meine Schwester zu Besuch." Er lachte. "Meine Mama hat sich total gefreut und es gab ein richtiges Festessen."

Lächelnd bemerkte ich seine Grübchen. "Ist doch toll. Wie alt ist deine Schwester?"  

"Jillian ist 21 und studiert in Providence an der Brown." Er verdrehte die Augen.

Ich zog eine Augenbraue hoch. Doch bevor ich antworten konnte, kam schon Mr. Windreck in die Klasse und begann mit dem Unterricht. 

In der dritten Stunde saß ich neben Jenny, die war allerdings total neben der Spur. Wo sie doch sonst immer hübsch angezogen und perfekt gestylt war, hatte sie heute nur ein viel zu großes Sweatshirt und Leggins an. Ich fragte nicht, was mit ihr los war. Denn ich hatte das Gefühl, dass es mich nichts anging und sie sich mir wenn schon selbständig anvertrauen sollte.

Beim Essen in der Mittagspause beobachtete ich, dass Jenny und Scott nicht miteinander redeten. Auch die anderen schienen den Konflikt zu spüren. Katie versuchte uns alle aufzuheitern und erzählte eine witzige Geschichte nach der anderen, aber es lachte nur Tim. Theo war zu beschäftigt mir alles von dem Fußballspiel an diesem Freitag zu erzählen und ich stocherte nur lustlos in meinem Essen herum. 

Plötzlich stand Jenny auf und gab Scott einen heftigen Schlag auf die Schulter. "Wieso redest du verdammt noch mal nicht mir mit?!", rief sie durch die ganze Kantine. Alle drehten sich zu uns um und begannen zu flüstern. Jenny brach in Tränen aus und flüchtete aus der Cafeteria. Verblüfft guckten wir ihr hinterher. Nur Scott starrte auf seinen Teller und hatte seine Fäuste geballt. Ich stand auf und wollte meine Krücke nehmen, doch Theo hielt mich am Arm zurück und deutete auf Scott, der sich nun doch entschlossen hatte ihr nach zu laufen. 

Ich seufzte und setzte mich wieder hin. "Was ist los mit den beiden?" fragte ich leise. 

Tim und Theo zuckten mit den Schultern, Katie schien bescheid zu wissen, sagte allerdings auch nichts. 

Ich nickte. "Okay, ich geh dann mal in meinen Bio Kurs." Ich nahm meine Sachen, als Tim sagte: "Warte, wir haben den Kurs zusammen. Ich komme mit." 

Ich wartete, während er Katie einen Kuss gab und Theo auf die Schulter haute. Dieser verdrehte die Augen und winkte uns lachend hinterher. Tim ging extra langsam, damit er mit mir Schritt halten konnte, was ich sehr nett von ihm fand. 

Ich blickte zu ihm hin und bemerkte, wie er die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und auf den Boden blickte. Selbst jetzt sah er immer noch fröhlich aus. Er räusperte sich und fuhr sich mit der rechten Hand durch die Haare. "Also Lou. Theo und du, hm?"

Stirnrunzelnd sah ich ihn an. "Was meinst du?"

"Na ihr beiden.. Da läuft doch was."

Ich schüttelte den Kopf. "Nein."

"Nein?" Er hob eine Augenbraue hoch. "Ich dachte ihr hättet was für einander übrig."

"Tim, wir sind gute Freunde. Das wars auch schon."

"Naja.. Theo hat das gleiche gesagt, allerdings beantwortet, dass die Frage nicht. Aber hey, was nicht ist, kann ja noch werden, nicht?" Er grinste und setzte sich im Biologieraum neben mich. Während der ganzen Stunde hatte er ein seltsames Lächeln auf den Lippen, dass mich ganz wahnsinnig machte.

Nachdem ich schließlich endlich aus dem Schulgebäude hinaustrat, acht Stunden Schule hinter mir, setzte ich mich müde auf die Mauer, die das gesamte Gelände umgab. Mein Vater war heute noch nicht da. Ich beobachtete die Schüler, wie sie alle auf den Parkplatz zu ihren Autos liefen und bemerkte wie Theo auf mich zu kam. Er setzte sich neben mich und lächelte. "Warum sitzt du hier, Lou?"

"Ich warte auf meinen Vater. Und du, Theo?"

"Mein Auto ist nicht angesprungen, ich warte auf den Bus." Seine dunklen Augen blitzten und auf seinen Lippen lag der Hauch eines Lächelns. 

"Okay." sagte ich und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. 

Theo sah mich immer noch mit dem selben Blick an. "Deine Augen,", sagte er, "deine Augen find' ich toll."

Ich lächelte. Als ich bemerkte wie der blaue Geländewagen meines Vaters kam, stand ich auf, schulterte meinen Rucksack und nahm meine Krücke. "Tschüss, Theo. Bis morgen."

Er nickte mir zu und lächelte. "Bis morgen."

Noch immer lächelnd stieg ich in das Auto meines Vaters. Mein Dad biss sich auf die Lippe, als er sah wie ich mich kurz im Rückspiegel betrachtete. "War er das? War das dieserTheo?"

Ich nickte. "Ja, das war er."

EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt