Kapitel 8

1.5K 36 3
                                    

Mein Mum hat mir mal gesagt, das Leben kommt, wie es kommen soll. Alles hat seinen Sinn, jedes schlechte Erlebnis führt uns zu einem guten. Und manchmal werden wir in all dem keinen Sinn sehen, keinen Grund. Doch das müssen wir auch nicht, denn es reicht wenn es einer weiß und das ist Gott. Ich habe nie verstanden, wieso es reicht wenn man es doch nicht weiß und ehrlich gesagt, verstehe ich es immer noch nicht.

Ich glaube meine Mutter hatte in ihrem Leben schon so viel schlechtes erlebt, dass sie einfach daran glauben musste, dass alles einen Sinn hatte. Auch wenn man nie von diesem Sinn wissen sollte.

Die Kindheit meiner Mum war vor allem dadurch geprägt, dass ihr Vater starb als sie gerade mal 7 Jahre alt war. Meine Großmutter war streng und zog sich nach dem Tod ihres Mannes zurück. Meine Mutter zog sich beinahe selbst groß. Als sie mit dem Studium anfing, Literatur, lernte sie meinen Vater kennen. Er war ihr Professor. Die beiden verliebten sich und kamen zusammen, wenn auch heimlich. Sie war 20, als sie schwanger wurde. Sie brach das Studium ab, mein Vater kam in ziemliche Bedrängnis. Die beiden zogen um, in die alte Heimatstadt meiner Mutter. Mein Dad bekam eine neue Stelle als Professor und meine Mum blieb zu Hause bei mir. Als ich 8 Jahre alt war, begann sie mit einer Ausbildung zur Hebamme. Sie waren glücklich.. Bis zu diesem Jahr. Das Jahr, in dem all das Glück wieder zerstört wurde. Mein Unfall brach ihnen das Herz und brachte wieder Unglück über unsere kleine Familie.

Als ich sie jetzt also so strahlen sah, wie sie von ihrer neuen Freundin erzählte, konnte ich kaum glücklicher sein. Meine Eltern waren am Wochenende bei einer zufälligen Bekannten aus dem Supermarkt eingeladen gewesen. Seitdem erzählte Mum pausenlos von dieser Frau. Sie traf sich heute mit ihr zum Frühstück, denn sie hatte heute frei.

Ich trank meinen Kaffee aus und gab ihr einen Kuss auf die Wange. "Freut mich, Mum."

Mein Vater war schon voraus gegangen und ich schnappte mir meinen Rucksack, Jacke und meine Krücke, bevor ich ihm zum Auto folgte. Es war Dienstag, Anfang November und in der Nacht hatte es etwas geschneit. Die ganze Stadt war von einer weißen Schicht bedeckt.

Während der folgenden vier Schulstunden passte ich so gut wie gar nicht auf, ich sah aus dem Fenster, denn es hatte wieder leicht angefangen zu schneien. In der Mittagspause war die Cafeteria beinahe leer, die meisten der jüngeren Klassen waren draußen und veranstalteten eine Schneeballschlacht.

Alle waren aufgedreht und freuten sich wie kleine Kinder, dass es schneite. Auch an unserem Tisch herrschte viel Freude, Jenny und Scott hatten sich anscheinend wieder vertragen. Die beiden küssten sich andauernd und Scott hatte einen Arm um seine Freundin gelegt. Katie machte den Vorschlag, dass wir uns alle nachher im Cream & Sugar treffen sollten, einem kleinen Cafe in der Stadt. Alle waren einverstanden und ich schrieb meinem Vater, er solle mich nicht gleich nach der Schule abholen.

Wir gingen alle, bis auf Katie, die eine Stufe unter uns war, zusammen zur Sporthalle, Theo und ich ganz hinten nebeneinander. Er trug meinen Rucksack und seine Hand lag an meinem Rücken. Es fühlte sich so gut an, obwohl es das vermutlich nicht sollte. Als wir an den Umkleiden stehen blieben, bemerkte ich die eindeutigen Blicke der anderen und ließ meine Haare vor mein Gesicht fallen. Theo bemerkte nichts, oder zumindest tat er so und gab mir meinen Rucksack.

Wir trennten uns und zusammen mit Jenny betrat ich die Umkleide. Sie lächelte mich an und ich sah sie fragend an. "Du magst ihn."

Ich schüttelte den Kopf. "Wir sind Freunde."

"Ach komm schon, Lou! Ich weiß du magst ihn und er mag dich auch."

"Nein, Jenny."

Sie schüttelte den Kopf. "Ich weiß was ich dir vor nicht mal einer Woche gesagt habe, aber vergiss das! Er mag dich, ich weiß wie er dich ansieht." Sie lächelte. "Und du magst ihn auch."

EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt