Kapitel 2

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Es war Sonntag, vier Tage nach unserem Umzug und ein Tag vor meinem Schulbeginn, obwohl die Schule auch hier schon am ersten September begonnen hatte und ich damit fast zwei Monate zu spät dran war. Aber da die Entscheidung vom Umzug erst spät gefällt wurde, nämlich genau vor einem Monat, zögerte sich alles etwas hinaus. Ein Haus, Arbeit und eine Schule mussten gefunden werden. Also ging ich noch zwei Monate lang an meine alte Schule, die sich anfühlten wie ganz schreckliche Jahre. 

Ich wusste nicht, ob ich mich auf die Schule freuen sollte. Immerhin konnte ich sie mir nicht so richtig anders vorstellen, als die in Kanada. Mitleidige Blicke und Getratsche, da war letztendlich nichts mehr von der Geborgenheit, den bewundernden Blicken und den fröhlichen Stunden mit meinen ehemaligen Freunden gewesen. 

In den vergangen drei Tagen hatte ich die Kisten ausgepackt und mein Zimmer etwas wohnlicher gemacht. Auf der Kommode standen nun Bilderrahmen mit alten Fotos und eine hübsche blaue Lampe, die ich zusammen mit neuer Bettwäsche und den Kissen für die Fensterbank gekauft hatte. Ich hatte meine Kleider eingeräumt, meinen Schreibtisch schultauglich gemacht, einige Bilder aufgehängt und die Bücher in das Regal über meinem Bett  eingeräumt. Ein flauschiger Teppich, in einem ganz wunderbar dunklem Blau, lag nun auf dem Fußboden vor meinem Bett. Die leeren Kisten hatte ich fortgeschafft und einige Sachen, die ich nicht wirklich brauchte (alte Kinderzeichnung, Kuscheltiere), aber beim Umzug nicht wegschmeißen wollte in den Wandschrank geräumt. Darin befanden sich auch noch zwei unausgepackte Kisten, an die ich keine Gedanken verschwenden wollte. Alles in allem war ich sehr zufrieden mit meinem Zimmer und fühlte mich tatsächlich wohl. Auch das restliche Haus hatte nun schon mehr von einem Zuhause, da meine Mutter schon fleißig Fotos aufgehängt und Blumen hingestellt hatte. 

Die restliche Zeit der Tage hatte ich mit Lesen verbracht. Doch komischerweise hatte ich an jenem Sonntag keine Lust mehr auf Fitzgerald und Irving. Also zog ich mir einen kuscheligen, warmen Pullover über und nahm meine Krücke. Im Erdgeschoss zog ich mir meine Sneakers an, schnappte mir Haustürschlüssel und Handy und beschloss etwas die Gegend zu erkunden. Meine Eltern waren in das Zentrum der Stadt gefahren um Besorgungen zu erledigen.

Ich stapfte durch das hohe Gras in unserem Garten, das wohl schon Jahre lang nicht mehr gemäht worden war und stellte mir meinen Vater vor, wie er den Garten hegen und pflegen würde. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und mit der linken Hand strich ich mir meine schulterlangen Haare aus dem Gesicht. Ich folgte dem kleinen Pfad durch den Garten, öffnete das Gartentor und schritt auf den Gehweg hinaus. Tief durchatmend folgte ich dem Gehweg in Richtung Zentrum. Die Häuser hier waren weit voneinander entfernt und besaßen alle einen Garten. Je weiter ich ging, desto enger standen sie beisammen und desto mehr Geschäfte sah ich. Was nicht heißen soll, dass es davon viele gegeben hätte. Die kleine Stadt Ellendale hatte nur knapp 1500 Einwohner. Von weitem schon erkannte ich das im Verhältnis große Gebäude, das wohl die Schule darstellte. Alles in allem war es sehr ähnlich dem, wo ich bisher gelebt hatte.

Als ich beschloss, dass ich genug gesehen hätte, rief ich meine Eltern an. Die beiden holten mich mit dem Auto ab. Meine Mutter schien ganz aufgeregt, als sie mir schon von weitem zu winkte. Ich stieg lächelnd in den geräumigen Geländewagen und meine Mutter fing sofort an zu plappern. 

"Mein Schatz, du glaubst es nicht. Wir waren einkaufen und da war eine Frau, die sich uns sofort vorgestellt hat und uns am Wochenende zum Essen eingeladen hat. Und die sind hier alle so offen, oh und..." Sie redete unaufhörlich weiter, wie sie das immer machte wenn sie glücklich war. Ich lächelte bloß und nickte ab und zu zustimmend. Es würde hier alles gut werden, sie würden glücklich sein und das war das Einzige, was für mich zählte.

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Das oben im Bild ist übrigens Lou, die Hauptperson.

Phie

EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt