Kapitel 24

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Etwas zwischen uns hatte sich verändert. Theo sprach zwar noch mit mir, küsste mich und hielt noch immer meine Hand. Aber die Art wie er mich anblickte, hatte sich verändert. Sein Blick war misstrauisch, enttäuscht. Ich konnte ihn verstehen. Ich hatte ihn verletzt, ihn angelogen. 

Mein Herz schmerzte, als Theo mir zur Begrüßung einen flüchtigen Kuss auf die Lippen drückte. Ich winkte noch kurz meinem Vater zu, der mich mit dem Auto zu Theo gebracht hatte, und trat in die wohlige Wärme des Hauses ein. Ich hörte die anderen schon im Wohnzimmer herumschreien und zog zitternd meine Schuhe aus. Theo hielt währenddessen meine Krücke und betrachtete mich stumm. Ähnlich war es gestern verlaufen, als wir zusammen mit den anderen im Cream & Sugar gewesen waren. Wenn wir alleine waren, redeten wir kaum. 

Schließlich folgte ich Theo in das Wohnzimmer. Jenny, Katie, Scott und Tim saßen schon auf dem Sofa, zwei große Schüsseln Popkorn vor sich. Sie lachten gerade über etwas, als sie mich auch schon bemerkten.

"Lou!" Jenny sprang auf und umarmte mich.

Ich lächelte. "Hey, Jenny." Wenigstens sie verhielt sich normal. Nachdem mich auch die anderen begrüßt hatten, setzte ich mich aufs Sofa neben Jenny. Theo schaltete den Film ein, den die anderen ausgewählt hatten und setzte sich neben mich. Er legte seinen Arm um mich und ich kuschelte mich an seine Schulter. Er roch vertraut nach diesem Aftershave und Waschmittel. Hin und wieder bemerkte ich seinen Blick auf mir. Er wollte mit mir reden. Aber dazu war ich noch nicht bereit, wenn ich es denn jemals sein würde. 

Kaum etwas von dem Film blieb mir im Gedächtnis. Ich dachte fieberhaft über meine missliche Lage nach. Was sollte ich denn tun? Ihm alles erzählen? Dann würde ich ihn verlieren und davor hatte ich panische Angst. Ich mochte ihn so sehr.

Nach dem Film blieben die anderen noch. Wir alberten herum, lachten viel und es war eigentlich ganz schön. Theos Eltern waren nicht Zuhause, deshalb wurden wir auch nicht gestört. Irgendwann fingen wir an Monopoly zu spielen. Ich war schlecht, war allerdings auch kaum bei der Sache. Theo und ich hatten kein Wort über Mittwoch verloren und ich wusste nicht, wie ich es finden sollte, dass er mich gar nicht darauf angesprochen hatte. Obwohl, eigentlich war ich froh darüber. Auch wenn die Stimmung zwischen uns beiden wirklich nicht gut war.

Ich verlor und Jenny, die gewann, machte sich einen riesen Spaß daraus mich aufzuziehen. wir redeten noch etwas über Morgen, es war schließlich Heilig Abend. Auch wenn ich nicht sonderlich religiös war, so waren es meine Eltern. Zumindest taten sie an den hohen Feiertagen so. 

"Wir sollten langsam gehen, ich bin müde." Jenny lehnte ihren Kopf an Scotts Schultern, der ihre Stirn küsste. "Du hast Recht."

Auch Katie und Tim begannen sich zu regen und wollten nach Hause. Ich wollte mich ihnen anschließen, Jenny würde mich bestimmt fahren, aber Theo bestand darauf, dass er mich nach Hause brachte. Ich bemerkte Jennys verwunderten Blick, sie sagte allerdings nichts. 

Ich zog mir meine Jacke und meine Schuhe an und folgte den anderen nach draußen. Theo holte seine Schlüssel und kam hinterher. Als die anderen los fuhren, winkte ich ihnen hinterher. Ich drehte mich um und bemerkte wie Theo mich anstarrte. "Du hättest mich nicht fahren müssen, weißt du?"

Er zuckte mit den Schultern und stieg ein. Ich seufzte und machte dasselbe, dann schnallte ich mich an und verstaute meine Krücke. Stille herrschte die ganze Fahrt über und ich traute mich nicht sie zu brechen. Als wir anhielten, schnallte ich mich ab. "Danke, fürs Fahren."

Theo nickte. "Kann ich noch mit rein?"

Ich lächelte. "Gern."

Also stiegen wir aus, gingen ins Haus und schlüpften aus den Jacken und Schuhen. Meine Eltern waren in der Stadt, noch einige Dinge erledigen. Als Theo immer noch nichts sagte, wurde ich langsam nervös und ich ging einfach vorraus in mein Zimmer. Er folgte mir. 

Dort angekommen, drehte ich mich um. Ich lächelte. "Schön, das du noch mit rein gekommen bist."

Er nickte und starrte mich mit einem unergründlichen Blick an. Als er immer noch nichts sagte, schwand mein Lächeln und wich einem verwirrten Gesichtsausdruck. "Theo? Bist du okay?"

Langsam schüttelte er den Kopf. "Nein.", flüsterte er.

Ich machte einige Schritte auf ihn zu und wollte ihn umarmen, aber er  hielt mich davon ab in dem er die Hände vor sich hielt.

"Theo, was ist los?" Ich machte mir Sorgen um ihn.

Er schloss die Augen und schluckte schwer. "Ich kann das nicht mehr."

"W-was kannst du nicht mehr?" 

"Das mit uns." Er seufzte. "Lou, warum machst du es mir so schwer? Ich komm einfach nicht an dich ran." Er fuhr sich durch das lockige Haar. "Ich will dir nur helfen, ich will, dass du mir vertraust. Ich will, dass du mit mir über alles reden kannst."

Ich schluckte und starrte ihn an.

"Ich kann das so nicht weiter machen. Du vertraust mir nicht, du lügst mich an. Damit verletzt du mich, verstehst du das? Es tut weh, wenn du mich immer wieder wegstößt. Wir sind erst seit so kurzer Zeit zusammen und ich dachte wirklich, dass sich das zwischen uns ändert. Das wir irgendwann über alles reden können. Aber ich halte es nicht mehr aus."

"Willst du etwa mit mir Schluss machen?" Meine Stimme klang heißer und mein Herz pochte so laut, dass ich es hören konnte. 

 "Ja."

Stille. Die Zeit stand still.

Meine Augen begannen sich mit Tränen zu füllen und ich biss mir in meine Unterlippe. "Du willst dich von mir trennen?" Ein Schluchzer entkam mir und heiße Tränen liefen mir über die Wangen.

Ich konnte sehen, wie weh es ihm tat. Er verzog  das Gesicht, als hätte er Schmerzen. "Ja, Lou."

"Aber.." Ich schüttelte den Kopf. "Bitte, tu' das nicht." Ein weiterer herzzerreißender Schluchzer erschütterte mich. 

Traurig sah er mich an. "Ich habe keine andere Wahl." Er drehte sich um und wollte gehen, doch er blieb noch einen Moment stehen. "Wann immer du reden willst... Ich.. Ich bin für dich da."

"Theo, bitte." 

Er schüttelte noch kurz den Kopf, dann ging er. Ich blieb zurück. Die Tränen liefen mir über das Gesicht und meine Brust war eng. Dann brach ich zusammen, lag zusammengerollt auf meinem Bett und konnte nicht aufhören zu weinen. Es tat so weh. 

Alles was ich mit meinen Lügen erreichen wollte, war ihn nicht zu verlieren. Ich hatte solche Angst davor. Und nun war genau das passiert. 

Der Mensch, der mein Leben wieder zu etwas sinnvollem und schönem gemacht hatte, wollte nicht mehr an meinem Leben teilnehmen. Durch meine Lügen hatte ich ihn verjagt. Ich schaffte es noch nicht mal Jenny anzurufen. 

Irgendwann versiegten die Tränen und stumm lag ich auf meinem Bett, starrte die hellblaue Wand an. Ich blieb auch noch liegen, als ich hörte wie sich die Tür unten öffnete und wieder schloss. Meine Eltern waren zurück. 

Als jemand meine Tür öffnete schloss ich die Augen und stellte mich schlafend. Jemand deckte mich zu und küsste mich auf die Stirn. Dann wurde die Tür wieder geöffnet. 

Ich lag im Dunkeln. 

Ich hörte mein Herz schlagen. Poch, poch, poch. 

Ich hörte meinen Atem. Ein und Aus. Ein und Aus.

Ich schmeckte Blut, als ich mir auf die Lippen biss.

Und alles fühlte sich so verloren an. 

Ich war wieder allein.

EisprinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt