8. Kapitel

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Die Tränen verschleierten mir die Sicht, ich blieb stehen und setzte mich auf die Treppe. Da öffnete sich Robins Wohnungstür und Serina kam heraus. Sie trat zu mir und wischte mir die Tränen mit einem Taschentuch von den Wangen. "Ich kann dir helfen zu Stefan zu gelangen", erklärte sie und sah mich an. Ich hob den Blick, sah ihr in die Augen und erkannte dass sie es ernst meinte.
Meine Gedanken überschlugen sich. Sie könnte mich zu Stefan bringen. Als Gestaltwandlerin musste sie den richtigen Weg kennen. Ich würde endlich zu ihm gelangen. Ihn wieder in meinen Armen halten.
Doch Robin würde mir das nie verzeihen.
"Du kommst jetzt erstmal zurück in die Wohnung und beruhigst dich", beschloss sie und zog mich auf die Beine.
Wir gingen zusammen zurück in die Wohnung. Da sah ich Robin auf der Couch sitzen. Sein Blick fiel ins Leere und er schaute nicht auf als wir reinkamen.
Langsam ging ich zu ihm und setzte mich neben ihn. Er sah mich nicht an und bewegte sich kein Stück. Ich legte meine Arme um ihn und drückte mich an seine Brust. "Ich liebe dich", hauchte ich an seinem Ohr.
Bei diesen Worten umschloss er mich mit seinen Armen und zog mich auf seinen Schoß. Ich drückte mich noch enger an ihn und atmete seinen Duft ein. Ich hob mein Gesicht von seiner Schulter und sah ihn an. Er strich mir durchs Haar. "Ich liebe dich auch", entgegnete er und küsste mich. Mein Herz raste und ich fühlte mich wieder lebendig.
"Ich werde sie zu Stefan bringen. Wer weiß was sie dort mit ihm anstellen dafür dass er sich gegen sein Volk gestellt hat", unterbrach Serina unseren Kuss.
Robin sah mir in die Augen. "Ist es das was du willst? Zurück zu ihm?", fragte er leise. Ich senkte den Blick und spürte wie neue Tränen in mir hochstiegen. "Liebst du ihn?" "Ich liebe dich", sagte ich mit fester Stimme. "Und ihn liebst du auch", vollendete er meinen Satz.
"Ich will dich nicht verlieren Robin", sagte ich mit zitternder Stimme.
"Das wirst du auch nicht. Mach dich auf die Suche nach Stefan, ich werde hier auf dich warten. Aber wenn du zurück bist musst du dich für einen von uns entscheiden.", erklärte er und strich mir über die Wange.
Ich war ihm so unendlich dankbar für sein Verständnis. Ich hatte ihn nicht verdient.
Meine Hand wanderte zu seinem Gesicht und ich strich ihm über die Wange. "Danke", hauchte ich und küsste ihn.
Gleich am nächsten Tag wollten Serina und ich aufbrechen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen wegen Robin, obwohl er mir versichert hatte dass es in Ordnung für ihn war.
Ich musste Stefan einfach finden.
Als es Morgens an der Tür klingelte reagierte Robin nicht. Er wusste dass es Serina war die mich abholen kam. Ich ging zur Tür und öffnete. "Bereit?", fragte Serina lächelnd und umarmte mich. "Ja mehr oder weniger", murmelte ich leise und ließ sie herein.

"Du hast noch etwas Zeit, ich bereite alles vor und dann rufe ich dich", erklärte sie, ging in Robins Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich.

Ich ging zu Robin auf die Couch und kuschelte mich an ihn. Er zog mich noch enger in seine Arme und ich verbarg mein Gesicht an seiner Schulter. Ich wollte ihn nicht verlassen, aber ich musste Stefan finden.
Er streichelte mir über den Rücken und ich atmete seinen Duft ein. Ich versuchte jede Sekunde in mein Gedächtnis einzubrennen, weil ich nicht wusste wann ich ihn das nächste Mal sehen würde.
Ich zuckte zusammen als ich Serina meinen Namen rufen hörte.
Mein Körper sträubte sich dagegen aufzustehen, doch ich hatte keine Wahl wenn ich Stefan finden wollte.

Robin gab mich frei und ich stand langsam auf. "Gibst du bitte meinen Eltern diesen Brief? Ich möchte nicht dass sie sich schon wieder solche Sorgen machen", sagte ich und legte den Brief auf den Tisch. "Ja ich fahr auf dem Weg zum Krankenhaus sowieso bei ihnen vorbei", entgegnete er und steckte den Brief ein. Dann stand auch er auf und zog mich in seine Arme. Ich drückte mich an ihn und spürte wie mir eine Träne die Wange herunter lief. Dann löste ich mich von ihm und sah ihn an. Er wischte mir die Träne von der Wange und küsste mich sanft. "Wir werden uns bald wiedersehen", versprach ich und küsste ihn ein letztes Mal, bevor ich zu Serina ins Schlafzimmer ging.

Überall standen Kerzen und erleuchteten das Zimmer. Es roch nach Kräutern und Serina schien schon ungeduldig auf mich zu warten.
Sie stand vor einem großen Spiegel und bedeutete mir sich neben sie zu stellen. "Leg deine Hand auf den Spiegel" Ich legte meine Handfläche auf den kalten Spiegel und sah Serina fragend an. "Spiegel sind die Tore zu den Welten", erklärte sie ruhig. Dann drehte sie ihren Arm um und mein Blick fiel sofort auf ihr Handgelenk, wo sich der Mond abzeichnete. "Jetzt leg deinen Zeigefinger und deinen Mittelfinger so auf den Mond dass er vollkommen bedeckt ist"
Als ich getan hatte was sie mir sagte, legte sie ihre andere Hand auf den Spiegel und murmelte Worte aus einer anderen Sprache die ich nicht verstand. Da leuchtete der Mond unter meinen Fingern hell auf und ich spürte wie ich von etwas weggezogen wurde. Der Spiegel zeigte nicht mehr unsere Spiegelbilder sondern wurde hell und wir wurden in ihn hineingezogen. Kurz war es dunkel um uns herum doch dann standen wir an einem anderen Ort.

Über uns waren Sterne doch ohne Nachthimmel, sie waren so nah, dass ich glaubte sie fassen zu können. Uns umgab ein gedämpftes Licht und als ich einen Schritt nach vorn machte bemerkte ich den Untergrund. Wir standen auf einem weichen, weißen Boden in den man leicht einsank. Es fühlte sich an als würde man über Watte laufen.
Im Boden waren leichte Wege zu erkennen. Wir befanden uns in einem runden Punkt von dem drei Linien wegführten. "Wir müssen hier entlang", erklärte Serina und deutete auf einen Weg.
Ich wollte gerade losgehen da hielt sie mich am Arm fest. "So werden sie dir keinen Eintritt in meine Welt gewähren, Alissa du bist ein Mensch", erklärte sie und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Und jetzt?", fragte ich verwirrt.
"Hat Stefan dir nie erzählt, dass wir auch die Fähigkeit besitzen in andere Körper einzutreten und sie unter unsere Kontrolle zu bringen?", fragte sie. "Nein das hat er nie erwähnt", gab ich zu. "Sie werden nicht erkennen dass ich mich in einem anderen Körper befinde und werden uns Einlass gewähren. Alles was du tun musst ist still dastehen, aber es wird schmerzhaft werden.", erklärte sie und sah mir in die Augen"Ich werde die Schmerzen schon ertragen", sagte ich ruhig. "Und merk dir, ich tue das weil du es so willst" Ich nickte nur stumm.

Dann trat sie hinter mich und verschwand so aus meinem Blickfeld. Doch plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Nacken. Mein Kopf dröhnte und der Schmerz breitete sich in meinem gesamten Körper aus. Da leuchtete etwas vor meinen Augen hell auf. Ich biss mir auf die Unterlippe und vergrub meine Hand in meinen Haaren. Mein Kopf pulsierter und mein ganzer Körper bebte.
Ich versuchte dagegen anzukämpfen, der Schmerz sollte von mir weichen. "Lass los", hörte ich eine fremde Stimme in meinem Kopf sagen.
Ich krümmte mich vor Schmerz, mein Herz raste und drohte sich zu überschlagen.
Dann ließ ich mich fallen. Etwas drängte mich zurück und es schmerzte schrecklich. Ich fühlte mich fremd in meinem eigenen Körper.
Ich sah wie mein Handgelenk rot wurde und ein stechender Schmerz fuhr meinen Arm entlang als sich langsam der Halbmond auf meinem Handgelenk abzeichnete.
Da spürte ich wie sich meine Beine ohne meine Kontrolle nach vorn bewegten. Serina brachte meinen Körper dazu den richtigen Weg entlang zu gehen. Als wir eine Weile gegangen waren erkannte ich am Ende des Weges eine Glaswand.
Mein Körper blieb vor der Glaswand stehen. Als wir direkt davor standen erkannte ich einen Apparat neben der Glaswand. Es war ein Gebilde aus Metall welches mir bis zur Hüfte ging. Über der kreisrunden Fläche welche oben an der Metallstange war, befand sich eine Glaskuppel.
Meine Hand schob die Glaskugel nach hinten und die zuvor schwarz gewesene Platte leuchtete auf.
Wörter die ich nicht lesen konnte zeichneten sich auf dem Monitor ab und Serina legte mein Handgelenk mit dem Halbmond nach unten auf die Platte.
"Jeder von uns trägt einen Chip im Arm. Dort sind all unsere Daten gespeichert. Wir zahlen mit dem Chip, registrieren uns damit, unser ganzes Leben ist auf diesem Chip", erklärte Serinas Stimme in meinem Kopf.
Während sie mir dies erklärte wurde unser Handgelenk gescannt und die Glaswand fuhr hoch. Wir traten in einen Fahrstuhl und plötzlich wurde es dunkel um uns herum.

GezeichnetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt