5. Kapitel

640 38 0
                                    

Wir verabredeten uns mit Robin gleich für den nächsten Tag. Mit dem Gedanken ihn morgen schon wiederzusehen, ging ich schlafen.
Doch als ich in meinem Bett lag, flammte Stefans Gesicht vor meinen Augen auf und der Schmerz war wieder da. Tränen liefen mir über mein Gesicht und ich fühlte mich so allein.

Leise tappte ich zu meinem Bruder ins Zimmer. Als ich die Tür hinter mir schloss wurde er wach. Verschlafen sah er mich an. Dann bemerkte er meine Tränen. Sofort zog er mich zu sich ins Bett und drückte mich an sich. Ich weinte in seinen Armen und er küsste mich aufs Haar, streichelte mir über den Rücken und versuchte mich zu beruhigen.
Ich wusste nicht wie ich Stefan finden konnte. Er hatte mir nie sehr viel über seine Welt erzählt, um mich zu schützen. Ich kannte keinen Weg der mich zu ihm führen würde. Diese Gedanken quälten mich die ganze Nacht.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte war ich froh meinen Bruder neben mir zu haben. Er konnte mich schon immer zum Lachen bringen.
Ich erzählte ihm von dem Unfall und Robin. Als unsere Mutter hörte dass wir wach waren, brachte sie uns Frühstück ans Bett. So verbrachten wir den gesamten Vormittag im Bett.
Ich freute mich schon Robin wieder zu sehen und begann am Abend, mich fertig zu machen. Ich zog mir einen dünnen Lidstrich und nahm etwas Mascara. Meine Haare ließ ich glatt über meine Schultern fallen. Als ich gerade damit fertig war mich umzuziehen, klingelte es auch schon an der Tür. Ich lief die Treppe herunter und zog schnell meine Jacke an. Dann öffnete ich die Tür. Robin sah umwerfend aus. Seine blauen Augen blitzten im Sonnenlicht und ein Lächeln lag ihm auf den Lippen. "Hey", sagte er und umarmte mich. "Hallo", entgegnete ich lächelnd und erwiderte seine Umarmung. "Wie geht's deinen Arm?" Für einen Moment hatte ich meinen Gips komplett vergessen und sah auf meinen Arm. "Ja eigentlich ganz gut"
Wir gingen gemeinsam zu seinem Auto und stiegen ein. "Wo fahren wir überhaupt hin?", fragte ich neugierig und sah ihn an. "Das sage ich dir nicht", sagte er grinsend und startete den Motor. Ich liebte Überraschungen und war wirklich gespannt wo er mich hinbringen würde.
Als wir eine Weile gefahren waren, bog er auf einen Parkplatz ab und wir stiegen aus. Ich sah mich um, in dieser Gegend der Stadt war ich noch nie. Es war schon dunkel draußen und Robin führte mich zu einem sehr hohen Gebäude. Wir stiegen in einen Fahrstuhl und fuhren nach oben.
Als die Türen des Fahrstuhls sich öffneten stiegen wir aus und befanden uns draußen auf der obersten Plattform des Gebäudes. Die Plattform war relativ klein und wir waren die einzigen hier oben.
Ich trat an den Rand der Plattform und lehnte mich gegen die Abgrenzung. Man hatte einen wunderschönen Blick über die Stadt. Alle Gebäude im Umfeld waren beleuchtet. Robin trat hinter mich und deutete auf eine Stelle in der Ferne. "Dort wohnst du", erklärte er. Ich folgte seinem Arm, doch ich konnte unser Wohngebiet nicht sehen. Er schob meinen Kopf sanft in dir richtige Richtung. Da sah ich es und nickte. "Es ist wirklich schön hier oben", sagte ich lächelnd. Ich lehnte mich leicht gegen ihn und schloss die Augen. Er legte von hinten die Arme um mich und für einen Moment konnte ich so alles um mich herum vergessen. So betrachteten wir noch eine Weile die strahlenden Lichter der Stadt. Dann nahm er meine Hand und zog mich mit sich. Er führte mich eine Seitentreppe herunter. Dort traten wir in ein Restaurant. Es war klein und die Außenwände waren aus Glas, so dass man auch von hier einen schönen Blick auf die Stadt hatte. Wir setzten uns an einen Tisch an der Außenwand. Außer uns waren nur noch zwei weitere Pärchen im Restaurant. Als wir bestellt hatten, schaute ich aus dem Fenster. Ich war wirklich noch nie hier, obwohl ich in dieser Stadt aufgewachsen war.

Nach dem Essen brachte Robin mich wieder nach Hause. Als er vor meinem Haus anhielt stieg er aus und begleitete mich noch zur Tür. "Danke für den schönen Abend", sagte ich lächelnd. "Es freut mich wirklich dass es dir so gefallen hat", entgegnete er und sah mir in die Augen. "Darf ich dich etwas fragen?" "Ja natürlich", entgegnete ich. "Wieso warst du so sehr in Gedanken dass du mir vors Auto gelaufen bist?", fragte er und sah mich an. Die Frage traf mich wie ein Schlag. Darauf gab es nur eine Antwort. Stefan. Tränen schossen mir in die Augen und ich schluckte. Ich wollte nicht vor ihm weinen und versuchte mich zusammenzureißen. "Entschuldige, du musst es mir nicht erzählen wenn du nicht möchtest. Ich wollte dich nicht zum weinen bringen", sagte er entschuldigend und strich mir über die Wange. Ich nickte nur und schaffte es die Tränen zurückzuhalten. "Ich würde dich aber trotzdem gern wiedersehen", sagte er und lächelte leicht. Damit schaffte er es mir auch ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. "Ich dich auch" Er umarmte mich zum Abschied und ich trat ins Haus.

Ich ging hoch in mein Zimmer und packte meine Sachen. Morgen würde ich das erste Mal nach einem halben Jahr wieder in die Schule gehen. Dieser Gedanke gefiel mir nicht. Ich würde in eine völlig neue Klasse kommen, da ich das Jahr wiederholen musste, ich hatte einfach zu viel Stoff verpasst. Ich versuchte nicht allzu viel darüber nachzudenken.

GezeichnetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt