24. Kapitel

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Kalt.
Eiskalt.
Wie Schnee.
Ich würde eiskalt sein.
Keine Gefühle mehr zulassen.
Meine Menschlichkeit abstellen.
So konnte mich niemand verletzen.
Es war der einzige Weg mich selbst zu schützen.

Es waren nur noch wenige Minuten bis zur Krönung.
Es blieb kaum Zeit uns richtig vorzubereiten.
Kyle bestand felsenfest auf seinem Plan, dass wir den Thron übernehmen würden, wenn Stefan es nicht tat.
Das bedeutete allerdings das wir bei der Krönung vor Ort sein müssten und entsprechend gekleidet.

Wenige Minuten nachdem Kyle aus meinem Zimmer verschwunden war, klopfte es erneut und ein junges Mädchen trat ein.
Ich erkannte sie an ihren geflochtenen braunen Haaren.
Ihr Name war Sophia und sie war erst vor ein paar Wochen 14 geworden.
Sie trug eine große Tasche ins Zimmer und stellte diese auf mein Bett.
"Ich darf dich für die bevorstehende Krönung fertig machen", erklärte sie lächelnd.
Ich nickte und setzte mich an den kleinen Schminktisch neben meinem Bett.

Sie band meine Haare zusammen und begann mich zu schminken.
Vorsichtig trug sie Make-up auf, zog mir einen Lidstrich und tuschte meine Wimpern.
Als sie fertig war, trat sie zur Seite, so dass ich mich im Spiegel betrachten konnte.
Als sich ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht ausbreitete, machte sie sich an meine Haare.
Sie machte mir eine komplizierte Hochsteckfrisur und half mir in mein Kleid.

Als ich mich im Spiegel betrachtete war ich sprachlos. Sie hatte sich wirklich Mühe gegeben.
"Danke", sagte ich.
Meine Haare waren kunstvoll hochgesteckt und mein Gesicht wirkte seit Tagen mal wieder frisch.

Das Kleid war bodenlang und cremefarben.
Das Oberteil war ein sehr eng geschnürtes Mieder, welches mit filigranen Ranken verziert wurde. Unter dem engen Oberteil, ging das Kleid in einen wallenden Rock über. Dieser bestand aus zwei Stoffschichten. Die Obere wurde auf der Höhe meiner Knie mit einer Rose festgesteckt, so dass die untere Stoffschicht zu sehen war, welche wie das Oberteil mit leichten Ranken verziert wurde.

Sophia führte mich in die Empfangshalle, wo bereits alle warteten.
Alle Blicke waren auf mich gerichtet als ich den Raum betrat.
Ich verzog keine Miene und lief ohne mich umzusehen, direkt auf Kyle zu.

Er trug einen schwarzen Anzug mit weißem Hemd und schwarzer Fliege. Als ich vor ihm stehen blieb, lächelte er glücklich und wollte mir einen Kuss auf die Stirn drücken, doch ich wehrte ihn ab.
Kurz sah ich in seinen Augen aufflammen wie ihn das verletzte, doch er fing sich sehr schnell wieder und setzte ein strahlendes Lächeln auf.

Die auserwählten Mitglieder der Organisation die uns begleiten würden, begaben sich nach draußen um die Kutsche vorzubereiten. Nun standen Kyle und ich allein in der Halle.

"Was ist los Alissa?", fragte er besorgt. "Ich bewahre dich vor einem großen Fehler. Du empfindest nichts für mich Kyle. Dein Verstand versucht sich das einzureden, damit du den Schmerz über Lenas Verlust besser ertragen kannst. Tief in dir drin weißt du, dass ich Recht habe", erklärte ich und ging nach draußen.

Sophia half mir in die Kutsche und richtete mein Kleid als ich bereits saß. Wenige Minuten später kam Kyle nach draußen und setzte sich zu mir.
Die gesamte Kutschfahrt lang, saßen wir schweigend nebeneinander.

Als die Kutsche vor dem Palast hielt stieg Kyle aus und hielt mir seine Hand hin um mir raus zu helfen.
Ich ignorierte seine Hand und wollte an ihm vorbei gehen, doch er hielt mich am Arm fest und drehte mich zu sich um.

"Wenn wir den Thron übernehmen wollen, müssen wir zusammenhalten", flüsterte er mir ins Ohr und ich nickte. Er wusste dass er sich auf mich verlassen konnte.
Um eine Einheit zu bilden, hakte ich mich widerwillig bei ihm unter und ließ mich führen. Wir schritten die Treppen zum Palast empor und gingen durch die Empfangshalle raus in den Königshof.

Ein langer Weg führte zu einer erhöhten Terrasse, auf der bereits die Königspaarthrone standen.
Alles war prächtig geschmückt und es waren bereits viele Gäste anwesend.

Als besondere Gäste des zukünftigen Königs hatten wir die besten Plätze direkt vor der Terrasse, auf der die Krönung stattfinden würde.
Die Leute bildeten eine Gasse um Kyle und mich durchzulassen.
Wir gingen zu unseren Plätzen und warteten ab.

Wenige Minuten später ertönte Musik und der König und seine Frau traten auf die königliche Terrasse.
Heftiger Applaus ertönte und der König verneigte sich. Dann trat er nach vorn und begann zu sprechen:

"Wehrte Gäste. Ich begrüße sie recht herzlich zu dieser seltenen Angelegenheit. Ihnen wird die Ehre zuteil, an der Krönung meines Sohnes Stefan und seiner Frau Lena teilzuhaben."
Dann trat er mit seiner Frau nach hinten und verließ die Terrasse.

Mein Herz setzte einen Schlag aus als Stefan die Terrasse betrat. Er trug einen schwarzen Anzug mit Goldverzierungen und ein weißes Hemd mit Schlips. Neben ihm tauchte Lena in einem aufwändigen Kleid auf. Ich versuchte mir den Schmerz den ich beim Anblick der beiden empfand zu unterdrücken.

Da traf Stefans Blick den meinen und mir wurde eiskalt. So viel Trauer hatte ich noch nie in seinem Blick gesehen. Er wandte seine Augen von mir ab und blickte in die Menge.

"Ich danke meinen Landsleuten für Ihr zahlreiches Erscheinen. Ich weiß Ihre Anteilnahme wirklich zu schätzen. Deshalb fällt es mir noch schwerer an dieser Stelle die passenden Worte zu finden.

Ich muss sie leider enttäuschen. Ich werde den Thron meines Vaters nicht annehmen. Ich bekenne mich als rechtmäßiger Thronerbe ab und vermache den Thron Ky..", mitten im Satz brach Stefan seine Rede ab.
Seine Augen waren schreckensweit und ein Röcheln drang aus seiner Kehle. Dann sah ich den Grund für seine Schmerzen.

Ein Pfeil steckte in seiner Brust. Dunkles Blut tränkte sein Hemd und er brach zusammen.

GezeichnetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt