Gestorbene Hoffnungen

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Ich erschrak als plötzlich mein Handy klingelte . Als ich es in die Hand nahm und den Namen sah , rutschte mir das Herz in die Hose . Was wollte der denn von mir ? Mein Herz begann sofort schneller zu schlagen und ich rang nach Atem . Warum hatte er , der mich vor einigen Monaten sitzen gelassen hatte immer noch einen solchen Einfluss auf mich ? Einen Moment überlegte ich ob ich überhaupt rangehen sollte doch mein Unterbewusstsein wusste , dass ich es niemals einfach klingeln lassen würde und warf mir einen tadelnden Blick zu . Okay , dachte ich und atmete einmal tief durch .

,,Hallo?", meldete ich mich als ob nichts wäre und ich gerade einfach nur einen Anruf entgegengenommen hätte , der mich nicht interessierte , doch in der Realität hatte ich zu zittern begonnen . Was ist nur los mit mir , dass ich diesem Volldeppen immer noch hinterher trauere ?

,,Hi", sagte er und alleine dieses einzelne Wort brachte mein Gehirn zum aussetzen. Warum konnte ich nicht einfach Taub sein um diese unfassbar schöne Stimme nicht mehr hören zu können ? Ich hörte sein Lächeln durch den Hörer hindurch . Warum lächelte er ?

,, Du lächelst . Wieso ?" , gab ich zum besten und ich biss mir auf die Unterlippe . Hatte ich das gerade wirklich gesagt ? Nicht gefragt warum er angerufen hatte um das Gespräch schnell zuende zu bringen ? Ich war auch wirklich komplett übergeschnappt . Seit Monaten versuchte ich diesen Idioten zu vergessen und zu verdrängen und jetzt schmiss ich meine kompletten Fortschritte aus dem Fenster .

,,Weil du auf der anderen Seite dieser Leitung bist ", hörte ich diese unglaublich hinreißende Stimme sagen und ich biss nur noch fester auf meine Unterlippe . Was sollte ich sagen ? Vermutlich etwas das ihn schnell abwimmelte .

,,Hat dich die letzten Monate doch auch nicht interessiert. Selbst wenn ich neben dir saß." Es stimmte . Er hatte mich komplett ignoriert und jetzt tat er als hätte es diese Monate gar nicht gegeben .

Ich höre ein dunkles Lachen , das eine Gänsehaut auf meiner Haut hinterließ . Wie ich diesen Jungen liebte . ,,Ich war ein Idiot . Wie konnte ich dich gehen lassen ?", sagte er und es war tiefe , ehrliche Trauer in seiner Stimme zu hören . Entweder war er wahrhaftig ein sehr guter Schauspieler oder es wurde so eben mein Todesurteil ausgesprochen. Ich würde erneut auf ihn eingehen und erneut von ihm verletzt werden .

,, Ja , das bist du . Ein ziemlicher Idiot ", mehr brachte ich nicht über die Lippen , denn in meinem Magen zog sich alles zusammen . Wie gern würde ich ihm sagen , dass ich ihn liebte und ich es wieder mit ihm versuchen würde , doch mir war schrecklich übel dabei. Es war falsch . Ich musste dies beenden . Vereinzelte Tränen liefen mir die Wange herunter , da ich eine Entscheidung gegen meinen Willen getroffen hatte , aber es war das richtige .

,,Ich liebe dich , verdammt ! Es war ein Fehler . Ich hätte dich niemals verlassen dürfen und niemals so mit dir umgehen dürfen ", klang seine Stimme durch den Hörer und es stockte mir der Atem , während die Tränen immer mehr wurden und heiß über meine Wange liefen . ,, Es wäre falsch . Du hast mich wie Dreck behandelt ", sagte ich überraschend gefasst und konnte meine Verzweiflung unterdrücken . Ich wollte nicht , dass er meine Tränen bemerkte oder meine Verzweiflung , die mich erfüllte .

Er seufzte und atmete einmal tief ein . Dann war die Leitung tot . Was ? Nein ? Wo war seine Stimme ? Diese unglaubliche Stimme , die ich liebte , die zu dem Jungen gehörte , den ich liebte .

Er hatte aufgelegt . Auf mein Handy starrend , dass reglos in meiner zitternden Hand lag begannen die Tränen noch mehr zu werden , anzuschwellen, als wollen sie einen ganzen Teich füllen .

Jedes mal wenn ich begann ihn zu vergessen stieß irgendetwas dazwischen und jetzt war es er selbst gewesen .

Als ich das erneute klingeln meines Handys hörte zögerte ich nicht und meldete mich sofort . ,, Es tut mir leid , dass ich alles zerstört habe . Ich verstehe dich und du hast Recht . Es ist nicht gut für dich ."

Natürlich hatte ich Recht , aber ihn das sagen zu hören . Ihn zu hören , wie er unsere gemeinsame Zukunft in das von mir geschaufelte Grab stieß gab mir den Rest . Mein schluchzen war nun nicht mehr zu verstecken . Er konnte es hören . Sollte er es doch hören , dass ich zwar die starke mimte , aber sie ganz und gar nicht war .

,, Bitte weine nicht . Bitte ", hörte ich ihn und er klang als wolle er es tatsächlich nicht. Das sollte er mal meinem Körper sagen , der mir verweigerte aufzuhören , da ich ebenfalls nicht weinen wollte , doch tat ich es . Es war nicht zu stoppen . Ein Prozess den ich verlor .

,,Die Hoffnung stirbt zuletzt , doch trotzdem stirbt sie ", schluchzte ich und nun war ich diejenige , die die Leitung kappte . Es war besser so . Ich musste die Verbindung zu ihm abbrechen , doch nicht nur diese Telefonverbindung , sondern alles was mich mit ihm verband .

Ich hatte meine eingenen Hoffnungen in den Wind geschlagen , sie getötet und es gab keinen Ausweg mehr . Trotz all der Tränen und der tiefen Trauer , die mich einhüllte wie ein Mantel , der zu eng geschnürt wurde und mich nun erdrückte , hatte ich die richtige Entscheidung getroffen . Die Entscheidung meine Hoffnungen zu töten um mich so vor ihnen zu schützen .

Schluchzend fiel mein Kopf auf den Tisch und eine Nebelwand umschleierte mich , die nichts mehr zu mir durchdringen ließ . Bloß Erinnerungen . Erinnerungen und gestorbene Hoffnungen .

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