33| Mission Undercover

4K 243 43
                                    

-Nathans Sicht-

„Kranke Zusammenbrüche? So nennst du das also?", presste sie verletzt heraus.

‚Verdammt. Ich hätte mich anders ausdrücken sollen', dachte ich mir nur. Seufzend lehnte ich mich auf meine Oberschenkel ab und beugte mich zu ihr herüber. „So meinte ich das nicht und das weißt du. Ich wollte dich damit nicht angreifen. Aber ich habe dich jetzt schon drei Mal aus der Scheiße retten müssen, dich viermal dabei erlebt, wie du zusammengebrochen bist und irgendwas in mir sagt mir, dass ich dich auch demnächst an meiner Backe kleben haben werde. Du bist mir eine Erklärung schuldig, Prinzessin."

Entsetzt blickte sie mich an und erwiderte scharf: „Erstmal, nenn mich nicht Prinzessin. Außerdem bin ich dir nichts schuldig, weil mein Leben dich nichts angeht und niemand hat dich darum gebeten, mir zu helfen."

Ihr auffordernder Blick ließ mich auflachen, weil er eher danach aussah, als hätte ich ihr den Krieg erklärt. Ich merkte ihr an, dass sie versuchte, von der Panik, die sie der Konfrontation gegenüber empfand, ablenken wollte.

Also hob ich meine Arme symbolisch für eine Unterwerfung und grinste sie unschuldig an. Ich würde auch so noch herausfinden, weshalb sie so oft schreiend zusammengebrochen war und die Paranoia in ihren Augen jederzeit zu sehen war. Streng genommen wusste ich es zur Hälfte schon.

Alles fein und gut, aber Claire hatte damals bei ihrem Zusammenbruch gemeint, sie hatte sie nicht umbringen wollen. Niemals könnte ich Claire einen Mord zutrauen. Irgendwas war schief an dieser Sache.

Ihre seltsamen Zusammenbrüche hatten in mir etwas geweckt, was ich nicht beschreiben konnte. Es war das Feuer, welches für die Gefahr loderte. Das Verlangen, etwas zu tun, wofür meine Mutter mich umbringen würde.

„Warum starrst du mich so an, als wäre ich ein wasseressendes Alien?", unterbrach ihre misstrauische Stimme mich. „Tue ich nicht. Wie auch immer. Ich weiß, du kannst mich nicht leiden, aber da meine besten Freunde deine Nachbarn sind und ich davon ausgehe, dass ihr euch dementsprechend anfreunden werdet, ist es nicht vermeidbar, dass auch ich öfter in deiner Nähe sein werde. Lass uns Freunde sein", versuchte ich, sie zu überzeugen.

Doch ihr Blick sprach Bände. „Hör mal, Nate. Mag sein, dass du weniger schlimm bist, als ich dachte – auch, wenn es wirklich nur ein bisschen weniger ist – so sind wir hier weder in einem Film, noch in irgendeinem Roman. Einen auf Freund zu tun ist nämlich ein echt schlechter Versuch, mein Vertrauen zu gewinnen."

Unzufrieden blickte ich sie an. In Filmen hatte das immer funktioniert. Und es passte mir nicht, dass sie mich durchschaut hatte.
Nichtsdestotrotz musste ich die Masche jetzt fallen lassen und sie so behandeln, wie ich meine Freunde auch behandelte.

Aber es war nur Claire. Sie war in Ordnung. Solange sie aufhörte, eine heile Welt vorzuspielen. Seit dem ersten Schultag bis heute, und das waren nicht sehr viele Wochen, hatte sie eine Veränderung hinter sich, die man nicht ignorieren konnte. Sie hatte sich zurückgezogen.

„Uh, mir ist gerade eingefallen, dass ich ganz schnell nach Hause muss, mein Hund hat bestimmt Hunger", rief ich in die plötzliche Stille hinein und stand auf. Beim Gehen schnappte ich mir noch schnell mein Skript, doch sie hielt mich auf. „Ihr habt einen Hund?", fragte sie interessiert. Ich sah ihre Augen aufblitzen. Och ne, bitte, lass sie keine Hundeliebhaberin sein.

Für diesen Moment hätte ich mich am liebsten selber geschlagen. „Hund? Deine Mutter hat eine Hundeallergie, du Genie", tadelte ich mich selbst.

„Ehm... Nein", murmelte ich und verschwand dann eilig aus der Haustür, sodass sie mich nicht zur Rede stellen konnte. Im Nachhinein hätte ich einfach ja sagen können. Sie wusste ja im Grunde genommen nichts über mich.

Natürlich hatte ich nicht wirklich geplant, nach Hause zu gehen. Eher war ich darauf aus, in das Nachbarhaus hineinzuspazieren und mit meinem besten Freund über Claire zu reden. Ich musste irgendwie mehr herausfinden, ohne sie direkt zu involvieren.

Sobald ich also aufgeschlossen hatte, rief ich Jasons Namen. „Moment", erhielt ich prompt als Antwort, was ich als Zeichen sah, mich in das Wohnzimmer zu begeben.

Ich wusste, dass Liz und Nick heute unterwegs waren, ebenso wie Mike und Andrew bei deren Eltern waren, also hatten wir unsere Ruhe und Freiheit.

„Hey Mann", grinste mir kurz darauf ein Jason mit nassen Haaren und einem Handtuch in der Hand entgegen. Ich schlug kurz mit ihm ein, ehe wir uns beide auf die Sofas schmissen. Ich wusste nicht genau, wie ich das Thema Claire einleiten sollte, ohne, dass es zu dumm käme. Und ich musste mich beeilen mit dem Nachdenken, wenn man seine kritischen Blicke beachtete.

„Nichts gegen dich, ja, aber was suchst du hier?", fragte er mich, nachdem wir uns angeschwiegen hatten. Theatralisch seufzte ich auf. „Ich brauch deinen Rat. Und denk jetzt nichts Dummes! Es geht um kein Mädel. Ja, okay, doch. Es geht um Claire", versuchte ich, einen Anfang zu finden. Klappte zwar nicht so gut, aber er verstand jetzt zumindest worum es ging. Das war doch ein Fortschritt.

Mit seinem Blick forderte er mich auf, weiter zu erzählen. „Die Zusammenbrüche. Ich will wissen, was dahintersteckt. Und beiden ist ja wohl klar, dass irgendwas aus ihrer Vergangenheit sie nahezu terrorisiert. Aidan weiß den Grund nicht, keiner weiß diesen.

Aber ich finde es alles seltsam. Die erste Zeit über, als wir hier neu waren, war sie normal. Sofern man sie je als normal definieren kann. Sie war halt ständig am Lachen, hat mehr gestrahlt. Irgendwas stimmt hier nicht. Ich mein, du hast ja schon zwei ihrer Zusammenbrüche erlebt. Der krasseste war aber, als wir letztes Mal bei ihr waren. Beziehungsweise, ihr seid feiern gewesen und wir haben bei Claire Filme geschaut.

Ohne Kack, als sie eingeschlafen ist, ist sie nach einigen Minuten so ausgerastet. Sie hat geschrien, um sich geschlagen, getreten. Nick hatte in dem Moment so Angst, dass er aus dem Zimmer gerannt ist und ich konnte sie nicht aufwecken. Sie hat die ganze Zeit „Nein" geschrien, und dass man sie in Ruhe lassen solle, sie nicht anders konnte. Egal, was ich gemacht habe, sie ist nicht aufgewacht. Irgendwann hab ich sie einfach in den Arm genommen, damit sie ihre Arme nicht mehr um sich schlagen konnte, und zu meinem Glück hatte sie sich beruhigt. Aber das ist nicht normal, Jason, und ich will wissen, was mit ihr los ist", beendete ich meine Gedanken und schaute ihm dabei in die Augen.

Ich konnte in seinem Blick Erstaunen, Anerkennung und auch einen Hauch von Unterhaltung sehen. „Mal wirklich, man merkt, dass du Psychologe werden willst. Wenn du schon ihre Entwicklung analysieren kannst, ohne richtig mit ihr zu tun zu haben, Respekt", antwortete er als einziges, wofür er natürlich einen Schlag von mir erhielt. Doch er grinste nur unbeschwert, ehe er endlich ernst wurde: „Du weißt, dass wir beide Möglichkeiten haben, da zu recherchieren? Beziehungsweise, du kannst uns welche verschaffen."

Unzufriedenheit machte sich in mir breit. Ich hatte gehofft, die Mittel, welche ich durch den Reichtum meiner Eltern bekam, heraushalten zu können. Aber Jason hatte Recht. Ohne das benötigte Equipment mit den passenden Programmen konnten wir nichts herausfinden.

Gedankenverloren nickte ich also nur, bis meine Gedanken zu meinen Plänen des heutigen Abends schweiften: „Wie dem auch sei. Ich habe nichts mehr zu sagen und meine Arbeitsschicht fängt in einer halben Stunde an, also sollte ich los. Kommt ihr später vorbei?" – „Nein, kein guter Tag. Freitag vielleicht, okay?" – „Gut, man sieht sich morgen."

Mit dem Verlassen dieser Tür wurde mir eines klar: Ich würde herausfinden, was es mit Claire auf sich hatte. Auch, wenn sie mich nicht in ihrer Gegenwart mochte. Viel zu sehr war mein Interesse jetzt geweckt worden und nichts konnte diese stillen, außer der Wahrheit selbst.

Wenn euch das Kapitel gefallen hat, welches Mal aus Nates Sicht geschrieben ist, hinterlasst mir doch ein Kommentar oder ein Vote. Auch bei Fragen stehe ich euch offen,

xxT~

Please, not again ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt