34| Kompromisse über Eis

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-Claires Sicht-

„Dean, du kannst mir nicht sagen, dass dir das alles nicht aufgefallen ist. Ich meine, das ist ja wohl offensichtlich, dass er sich auf einmal absolut anders verhält!", beschwerte ich mich über sein Misstrauen gegenüber meinem Misstrauen, den ich Nate in letzter Zeit entgegenbrachte.

Es war Freitagnachmittag nach der Schule. Die vergangenen Tage hatte ich hauptsächlich damit verbracht, Zuhause zu verwesen, wenn ich mal nicht mit Nate oder Dean das Stück geprobt hatte. Dementsprechend konnten wir die Texte nun schon gut.

Tadelnd und leicht genervt blickte er mich an, während er mir den Kopf tätschelte: „Hör mal, ich weiß, dass du ihn nicht so magst. Oder vielleicht weiß ich es auch nicht, ihr seid komisch. Aber das ist keine Entschuldigung über dein tagelanges Meckern. Ich meine, am Anfang hast du Ash und mich vollgeheult, dass er ein Arschloch sei. Erinnerst du dich? Was war noch einmal deine Begründung? Selbstwertkomplexe? Und jetzt, wo er zur Besinnung kommt und einen Neustart mit dir möchte, wirfst zu ihm vor, eine gute Masche aufgesetzt zu haben. Findest du nicht auch, dass das schwachsinnig ist?"

Schmollend verschränkte ich die Arme und nickte leicht. Unrecht hatte er ja nicht, denn schließlich tat er das, was ich eigentlich von Anfang an wollte. Aber es wird doch wohl einen Grund haben, warum er auf Arschloch-provokant zu In-Ordnung-provokant gewechselt war.

Des Öfteren hatte ich auch schon mit dem Gedanken gespielt, dass er lediglich mein Vertrauen gewinnen wollte. Dies konnte ich aber weder Dean, noch Ashley erzählen und Aidan schon gar nicht. Denn wenn ich anfangen würde mit meiner Vergangenheit, so würden sie alles wissen wollen. Und ich durfte keinem etwas davon erzählen. Ich hatte es versprochen.

Ich mochte mir gar nicht erst vorstellen, was passieren würde, wenn ich es jemanden gesagt hätte oder sagen würde.

Ich setzte an, noch etwas zu erwidern, doch er hielt mir den Mund zu und kam mir näher, um mir drohend in die Augen zu schauen. Dazu fügte er ein „Pssht!" hinzu. Darum hatte er es selbst zu verantworten, dass ich ihm trotzig in die Hand biss. Er wusste nahezu am besten, dass er mich damit provozierte.

„Würde ich es nicht besser wissen, würde ich dich deinem Schrei zufolge als ein Mädchen einschätzen", grinste ich ihn frech an. Daraufhin strafte er mich damit, meine Haare mit seiner nicht angebissenen Hand dermaßen zu verunstalten, dass sie elektrisiert und voller Knoten waren. „Das hast du dir jetzt selbst zu verantworten", grinste er ebenfalls provokant.

Ein weiteres Mal war ich erstaunt über unsere gleiche Art, etwas auszudrücken. Es war nicht das erste Mal, dass wir beide an das Gleiche dachten und doch faszinierte es mich jedes Mal aufs Neue. Wenn ich ihm das aber sagen würde, so würde er mir ohnehin nicht glauben, sondern mir vorwerfen, ihm nachgemacht zu haben.

Darum beließ ich es bei einem Seufzen und einem Schlag gegen die Schulter. Wobei ich erwähnen musste, dass mein Schlag ungefähr so effektiv war wie eine Fliege, die gegen eine Fensterscheibe flog.

„Hey, da kommt ja auch schon Ash", lenkte Dean meine Aufmerksamkeit auf das Mädchen, welches überglücklich strahlend auf uns zu gerannt kam – mit einem Logan im Schlepptau. „Tut mir leid für die Verspätung, wir mussten noch Jack überreden, auch zu kommen", rief sie laut, obwohl sie noch um die 30 Meter entfernt war.

Aufs Wort erkannte ich dann auch Jack, welcher lustlos hinterhertrottete und dabei durch die Gegend blickte. Er sah nicht so aus, als würde er gerade gut gelaunt sein. Ich beschloss kurzerhand, Logan auf Jacks Gesichtsausdruck und negative Präsenz anzusprechen, aber das musste wohl warten. Soeben hatte mich ein Blondschopf nämlich belustigt gefragt, warum meine Haare aussahen wie ein Vogelnest. Mit einem bedeutungsvollen Blick schaute ich Dean böse an – der natürlich unschuldig reinblickte – und versuchte daraufhin das zu retten, was noch zu retten war.

Ich brauchte aber nicht lange, um zu erkennen, dass ich wenig retten konnte. Darum machte ich mir einen Zopf, während ich Jack dabei beobachtete, wie er auch langsam bei uns eintrudelte. „Bereits für Bowlen?", rief Logan enthusiastisch und warf Dean und mir einen Arm um die Schulter. „Bowlen? Dean, du meintest, dass wir Eis essen gehen? Ich will nur mein Eis, dann nach Hause."

Es war nicht so, dass ich nichts mit meinen Freunden unternehmen wollte, aber ich war müde von der Woche und wollte nichts anderes tun, als zu schlafen. Und den würde ich nicht beim Bowlingspielen bekommen. „Eis? Logan und Ash meinten zu mir, wir gehen in eine Bar. Auf Eis essen habe ich gar keine Lust. Ich will viel lieber etwas zum Vergessen haben", beschwerte sich kurz darauf auf Jack.

„Leute", rief Ash uns dazwischen, ehe jemand weiteres etwas hinzufügen konnte, „wir können doch zuerst bowlen gehen, ein Spiel, okay? Danach kaufen die sich ein Eis, die ein Eis wollen. Außer natürlich sie wollen doch kein Eis mehr, weil es ja auch immer möglich ist, dass jemand keine Lust mehr auf etwas hat, wenn er der einzige ist, der sich eben dieses Eis kaufen will. Naja, oder es handelt sich um Claire, die will immer Eis." Ich spürte nach diesem Satz die ganzen Blicke auf mir, doch ignorierte sie schmollend. „Und nach dem Eis können wir dann ja noch in die Bar gehen. Es ist doch erst siebzehn Uhr, das passt. Was will man vor acht in einer Bar?", beendete Ash ihre Rede.

Ich zeigte mich heute aber kompromissbereit, weil ich ihnen mitteilte, dass wir nicht extra in ein Eiscafé müssen, wenn nur ich ein Eis haben wollte. Ha, Ashley!

„In welche Bar gehen wir?" – „Starlight. Die wurde in den Ferien neu eröffnet, soll echt nice da sein. Zwar war die Gegend die Monate, wenn nicht sogar Jahre, recht gemieden worden, aber sie haben die Gebäude renoviert. Recht hübsch anzusehen jetzt", antwortete Dean.

Fassungslos blickte ich ihn an. „Du wusstest also, dass wir auch bowlen und in die Bar gehen?" Ich erhielt als Antwort nur ein unschuldiges Grinsen, doch das war mir Antwort genug, ihn als Käseschnittlauch zu bezeichnen. Da brachte mir seine Umarmung auch nichts, die mir für diesen kurzen Moment eine angenehme beschützende Wärme hinterließ.

„Phillip kommt auch mit seinem Freund", fügte Ash hinzu und grinste anzüglich, während sie ihre Augenbraugen wackelte. Entsetzt blickten wir sie an. Dean war der erste, der reagierte. „Er hat einen Freund?"

Im Gegensatz zu unseren Gedanken fügte er aber ein patziges „Als ob, erzähl keinen Scheiß, Ashley!" hinzu. Ich verstand ihn aber, er sah es bestimmt als Vertrauensbruch, wenn einer seiner besten Kumpel ihm verschwieg, einen Freund gefunden zu haben. Ich hatte weniger mit ihm zu tun, wahrscheinlich traf es mich deswegen weniger.

Abwehrend hob Angesprochene die Arme hoch und verteidigte sich: „Kein Grund, meinen vollen Namen auszusprechen, Tiger."

Darauf kam keine Antwort. Stattdessen lief Dean los Richtung Bowlingbahn, woraufhin wir ihm nur folgten. Verwirrt blickte ich Ashley an, die die Schultern unwissend zuckte, und dann Deans Rücken.

Ein weiteres Kapitel für meine treuen Leser :)
Ich weiß, wieder nichts Spannendes, aber macht euch nichts daraus. Was nicht ist, kann noch werden ;D

Und nein, das war keine Andeutung darauf, dass im nächsten Kapitel etwas passiert.

Nein, das war auch keine Ironie :D.

Ich freue mich jederzeit über Votes und Kommentare~xxT

Please, not again ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt