» Tödliche Rettung «

810 76 5
                                    

Mit einem schnellen Griff zog ich eines meiner Messer aus meiner Jacke. Dabei schnitt ich mich selber, was mir aber erst auffiel, als der Griff meines Messer mit Blut bekleckert war. Das Einhorn liess sich aber nicht von meiner Waffe abschrecken, sondern richtete sein spitzes Horn auf meine Kehle und schnaubte triumphierend. Ohne zu zögern, warf ich mein Messer nach dem Einhorn. Aber dies wehrte die tödliche Waffe geschickt mit dem Horn ab. Schnell ging ich rückwärts, aber behielt den Augenkontakt mit dem Einhorn. Ich wollte ein weiteres Messer aus der Jacke hinausziehen, doch da stolperte ich gegen einen Baum. Das Einhorn wieherte, so als wollte es mich auslachen. Sein gefährliches Horn war immer noch auf meine Kehle gerichtet. Doch bevor sein Horn mir auch nur ein Haar krümmen konnte, duckte ich mich und das Horn steckte bis zur Mitte im Baum hinter mir. Flink krabbelte ich zwischen seinen Hufen hindurch und kam hinter ihm auf die Beine. Verwirrt schnaubte das Viech und versuchte sein geliebtes Horn wieder aus dem Baum zu befreien. Ich zog mein Messer aus der Jacke und rammte es dem Tier in die Flanke. Empört wieherte es auf und scharrte mit den Hufen. Mit zusammen gekniffenen Augen riss ich das Messer wieder aus dem Fleisch des Tieres und wollte es gerade ihm in den Hals rammen, als ich sah, die die Wunde wieder zu ging. Das einzige wo man noch von der Wunde sah, war das Blut, welches das einst so weisse Fell des Einhorns rot gefärbt hatte. »Unzerstörbar«, bemerkte ich leise. Das Einhorn legte die Ohren an und begann, mit den Hinterhufen nach mir zu treten. Geschickt wich ich aus. Nun probierte das Einhorn mit aller Kraft, sein Horn aus dem Baum zu lösen, was ihm aber nur langsam gelang. »Felicia!« Ich fuhr herum und erblickte Drake. Seine dunklen Haaren standen nach allen Seiten ab und sein Gesicht war übersät mit Schürfungen, blauen Flecken und Dreck. »Da oben!«, er deutete auf einen Baum hinter mir. »Nein, ich gebe jetzt nicht einfach auf«, rief ich zurück und blickte auf meine Hand, wo die Schnittwunde nun ziemlich fest blutete. »Nein, Fallschirm!« Nun riss ich die Augen auf und blickte zum Baum. Tatsächlich hatte sich dort ein silbernen Fallschirm in den Ästen verhangen. »Geh du rauf, ich werde das Einhorn ablenken.« Ich sah zu Drake der nun ein ziemlich grosses Messer aus der Jacke zog und nickte. Zögerlich stimmte ich zu und spurtete los zum Baum. Ich wunderte mich, das ich im Trainingscenter kaum klettern konnte, aber hier kam ich ziemlich leicht auf die Bäume hoch. Ich hievte mich auf einen dicken Ast und griff nach der silbernen Kugel. Keuchend und zitternd öffnete ich den Fallschirm. Darin befand sich eine kleine Sprühflasche mit seltsamen, glitzernden Inhalt. Daneben lag ein Zettel auf dem mit sorgfältiger Schrift stand: Einhorngift. Nutze es gut. Tödlich! - Kellie Sorgfältig strich ich über das Etikett, welches sauber auf der Sprühflasche geklebt wurde. Mein Blick schweifte auf den Boden, wo ich Drake entdeckte, wie er das Horn des Tieres gekonnt mit dem Messer abwehrte. »Drake, hierher unter den Baum! Ich habe etwas!«, rief ich ihm zu und machte eine winkende Handbewegung. Er nickte leicht und spurtete unter dem Baum, dicht gefolgt vom Einhorn. Ohne zu zögern sprühte ich das Gift hinunter. Sofort riss das Einhorn die Augen auf, stieg auf die Hinterbeine und wieherte angsterfüllt. Einen Augenblick später, zerfiel es zu schwarzer Asche. Erleichtert atmete ich auf und steckte die Flasche in meine Jackentasche. Boom.Erschrocken sah ich auf.

Benommen sprang ich vom Baum hinunter und landete direkt vor Drakes verätzte Leiche. Nun erkannte man ihn gar nicht mehr. An den Stellen, wo das Gift seine Haut verätzt hatte, sah man nur zerfetztes Fleisch und Blut. An schlimmen Stellen, konnte man sogar ein bisschen von den Knochen sehen. Ich fing an, zu zittern und fiel auf die Knie. Seine leblosen Augen starrten zum Baum hinauf. »Es tut mir leid«, flüsterte ich und vergrub meine Finger in den rot gefärbten Schnee. »Es tut mir so leid«, wiederholte ich. Ich konnte ein schluchzten nicht unterdrücken. Unkontrolliert rannen mir die Tränen der Wange hinab. Ich wusste nicht, das dieses Gift auch bei Menschen zum Tod führte. Kellie hatte mich gewarnt. Ich war ein rücksichtsloser Mensch. Schluchzend kam ich auf die Beine, doch mein Blick konnte ich nicht von Drake wenden. Ich hätte besser aufpassen müssen. »Tut mir leid...«, sagte ich nochmals mit erstickten Stimme. Dann trat ich von ihm weg und sammelte meine Messer vom Boden auf, welche das Einhorn verfehlt hatten. Ohne Drake noch einmal anzusehen, ging ich Richtung Füllhorn und putzte den Dreck an der Klinge an meiner Jacke ab.

»Felicia! Wo warst du? Wir haben die Kanone gehört und... Moment mal, hast du geweint?« Flake blieb wenige Zentimeter vor mir stehen. »Ich habe nicht geweint, das ist Schnee«, log ich und fuhr mit dem Jackenärmel über meine feuchten Wangen. »Natürlich, und weshalb sind deine Augen so rot und aufgequollen?« Beschämt sah ich weg und musste mich an dem Morgen der Ernte erinnern. Wie ich vor dem Spiegel stand und meine roten, aufgequollenen Augen gesehen hatte. »Er ist gestorben - weil ich so rücksichtslos war, Flake. Alles meine Schuld!«, stammelte ich und zwang mich, nicht wieder zu weinen. Doch es gelang mir nicht. Ein Schluchzer entfuhr meiner Kehle. Überraschenderweise nahm mich Flake in den Arm und streichelte mir tröstend über den Rücken. Ich hätte erwartet, das er mich auslachen würde. Ich schloss die Augen und atmete seinen Duft ein. Er roch allerdings nicht mehr nach dem Parfum, welches er im Kapitol getragen hatte. Er roch nach Dreck, Schweiss und Schnee. Trotzdem war mir dieser Duft zu vertraut. »Ich will euch nur ungern stören, aber Willow ist gerade wach geworden.« Sofort fuhren wir auseinander und blickten Crystal an. Sie stand mit feuerrotem Gesicht und angespannten Unterkiefer vor uns. Ihr arroganter Blick, verschwieg ich lieber. »Ihr geht es gut?«, stiess ich erwartungsvoll aus und joggte neben Crystal vorbei. Ich hörte nur, wie Crystal Flake etwas zu murmelte.

»Willow!« Lächelnd stürzte ich mich auf die Brünette, welche mit halb geschlossenen Augen in einem Schlafsack eingekuschelt war. »Felicia«, sie lächelte schwach und legte ihre Hand an meine Wange. »Ich danke dir. Wegen dir lebe ich noch.« Ich schüttelte leicht den Kopf: »Nichts zu danken. Schliesslich sind wir doch sowas wie Killer-Freunde, hm?« Willow lachte leise und nickte. Ich nahm ihren verbundenen Arm und sah ihn prüfend an: »Tut es fest weh?« "Na ja, eine Salbe hat die Schmerzen gelindert«, erklärte sie. »Du, sag mal. Wem gehörte vorhin die Kanone?« Vorsichtig liess ich ihren Arm los und blickte zu Boden. »Drake.« »Der Junge aus deinem Distrikt?« Ich blickte zu Flake und Crystal, die nun auch bei uns waren. Ich nickte leicht. »Hat ihn ein Einhorn aufgespiesst?«, fragte Crystal und zog eine Augenbraue in die Höhe. »Nein«, flüsterte ich fast tonlos. »Ich habe ihn umgebracht.« »Was?« »Unabsichtlich«, zischte ich Crystal an und griff nach der Sprühflasche in meiner Jackentasche. Schuldbewusst drehte ich die tödliche Flüssigkeit in meinen Händen. »Was soll das sein?«, Flake nahm mir die Flasche vorsichtig aus der Hand. »Einhorngift. Für uns Menschen ist es so was wie Säure. Höchst tödlich«, schnaubte ich. »Du konntest das ja nicht wissen«, tröstete mich Willow. Traurig zuckte ich mit den Schultern.

Revenge ~ Das Spiel der Rache [#1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt