» Der Tod «

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Ein endloser, schwarzer Gang. Meine nackten Füsse tapsten leise über die kalten Fliesen. Am Ende konnte ich schwach eine goldene Türe erkennen. Ich wollte zu ihr rennen, doch dabei stolperte ich über mein langes, weisses Kleid. Ängstlich strich ich mir eine dunkle Locke aus dem Gesicht. Langsam näherte ich mir der goldenen Tür und legte meine Hand an den goldenen Türknauf. »Ego veni in terram. Aperi mihi ianuam caeli, Angelus.« Überrascht hielt ich mir die Hand vor den Mund. Ich wollte diese Worte gar nicht sagen, doch sie sprudelten aus mir heraus. Sofort schwang die goldene Türe auf und ich erblickte einen etwas grösseren, jungen Mann. Er hatte engelsblonde Haare und mandelbraune Augen. Aus seinem Rücken ragten zwei gigantische Engelsflügel heraus. »Felicia Miller. Wir haben schon auf dich gewartet. Bitte folge mir«, er fuhr herum und lief voraus. Zögerlich folgte ich ihm. Was passierte hier? Vor einer alten Holztüre hielt er an und klopfte dagegen: »Mein Herr, ich bringe ihnen Felicia Miller.« »Tretet hinein, mein Engel«, hörte man eine tiefe Stimme im Raum sagen. Er nickte mir zu und öffnete die Türe. »Bitte nach dir.« Widerwillig betrat ich den grossen Raum. Es sah aus wie eine riesige Bibliothek. Tausende von Büchern standen in den Regalen. In der Mitte des Raumes stand ein grosser Mann mit hellen braunen Haaren. Er war etwa zwanzig Jahre alt. Vor ihm, auf dem Tisch, lag ein fettes Buch. Bestimmt mehrere Millionen Seiten besass es. Auf dem Buchrücken stand mit goldenen Buchstaben: »Meine Engel« geschrieben. »Ich habe dich erwartet, Felicia. Komm zu mir«, der Mann winkte sich zu sich. Wie in Trance lief ich auf ihn zu. »Was ist passiert?«, fragte ich kleinlaut. »Bin ich tot?« Doch der Mann ging nicht auf meine Fragen ein: »Felicia, sage mir. Welchen Menschen möchtest du sehen, der von dir gegangen ist?« Ich riss die Augen auf und stammelte: »Finnley! Finnley Miller, mein Bruder!« Er nickte und legte seine Hand auf das dicke Buch: »Oh, book Sancti Deus, da mihi angeli Finnley Miller.« Ruckartig zog er die Hand zurück und das Buch schlug sich auf. Konzentriert sah der Mann auf die Seite und nickte. »Finnley Miller befindet sich im Raum 3089. Amaretto, mein Engel, zeige unserem Gast den Weg dahin.« »Selbstverständlich, mein Herr«, hörte ich den blondhaarige hinter mir sagen. »Bitte, Felicia. Folge mir.« Ich ging mit ihm mit. Ich wusste nicht was hier geschah. Doch ich wusste, dass ich meinen Bruder sehen würde. Ich folgte Amaretto viele Gänge hindurch, bis wir am Zimmer 3089 ankamen. »Finnley, du hast Besuch«, rief Amaretto und klopfte gegen die Türe. »Der grosse Herr schickt sie zu dir.« »Sie kann hinein kommen.« Ich erstarre. Das war eindeutig die Stimme von Finnley. Ohne zu zögern riss ich die Türe auf und trat hinein: »Finnley!«

Mein Bruder sass an einem kleinen Tisch und starrte auf eine Glaskugel. Als er meine Stimme hörte, sah er auf. »Felicia«, sagte fast Tonlos. »Du bist tot?!« »Ich weiss nicht...«, stammelte ich und keine Sekunde später fiel ich meinem Bruder um den Hals. »Der grosse Herr sagte mir, das sie auf dem Weg zum Tod sei. Allerdings will er das nicht, du sollst sie zu Vernunft bringen, Engel Finnley«, sagte Amaretto. »Natürlich, vielen Dank.« Dann wurde die Türe geschlossen. »Sieh her, Schwester«, Finnley deutete auf die Glaskugel. »Sieh, was sich die anderen für Sorgen machen.« Er tippte mit dem Zeigefinger leicht gegen die Kugel und sofort erschien ein Bild von der Arena. Ich lag regungslos am Boden, meine Hand und mein Rücken war verbunden. Neben mir sassen Flake und Willow. Crystal hielt Wache. »Sie ist nicht tot«, hörte ich plötzlich Willow schreien. Doch es kam nicht aus der Kugel, es klang so, als wäre es direkt neben mir. Ich sah nach rechts, doch da war nichts, ausser ein grosses Bett. »Willow.. Jeder stirbt einmal«, nun blickte ich nach links, doch auch dort war niemand. »Was ist das?«, fragte ich zitternd und hielt mir die Ohren zu. »Es soll aufhören.« Finnleys Augen fingen an zu leuchten: »Es klappt. Lass es zu Felicia.« Zögerlich nahm ich die Hände von den Ohren. Wieder hörte ich Willow und Flake streiten. Plötzlich gaben meine Füsse nach und ich fiel. Ich fiel immer tiefer...

Ich riss meine Augen auf, sprang auf die Beine und hielt mein Messer in Wurfposition. Ich zitterte am ganzen Körper und mein Atem ging stossweise. »W-was ist.. ist passiert?«, stammelte ich und blickte zu Willow und Flake, welche mich überrascht ansahen. »Du warst... tot«, erklärte Flake, doch in seiner Stimme schwang Unsicherheit mit.

Revenge ~ Das Spiel der Rache [#1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt