„Bis morgen, Großer! Und stell klar, dass auch deine Mom und dein Dad zur letzten Aufführung morgen kommen, okay?"
Nick klatschte ab.
Außer Roy und Lynn waren alle Gäste schon weg und so hatten wir, zusammen mit Mom und Dad, mit ihnen angestoßen.
„Tausend Dank euch beiden" Mom hatte das jetzt wahrscheinlich zum zehntausendsten Mal gesagt und zum zehntausendsten Mal lächelten Roy und Lynn und sagten, es wäre ihnen eine Freude gewesen.
Und dann lächelten sie mich beide an.
Und ich lächelte zurück.
„Also dann. Dir noch einen schönen Geburtstag und euch einen schönen Abend", wünschte uns Lynn, wobei sie eine halbe Verbeugung machte.
Ich bezweifelte, dass Mom und Dad glaubten, dass das mit Roy nur eingefädelt war- doch so oder so schienen sie glücklich darüber zu sein, dass ihre beiden Kinder wieder glücklich waren.
Ich sah, wie Roy Anstalten machte, sich von mir zu verabschieden, doch genau in dem Moment, als er mich umarmen wollte, legte Dad mir seinen Arm um die Schulter.
„Dad", stöhnte ich lachend, doch er sah auf Roy.
„Mein Mädchen kommt mir nicht aus dem Haus bevor-"
„Sie zweiunddreißig ist. Ich weiß, Sir", lachte Roy, woraufhin Dad ihn perplex ansah.
„Na wenn das so ist" Dad nahm beruhigt seinen Arm von mir und ließ zu, dass Roy mich umarmte.
Als er mich jedoch sanft auf die Stirn küsste, räusperte er sich warnend. In sich hinein lachend drückte Roy mich noch einmal an sich und spazierte dann, zusammen mit Lynn, zurück zum Zirkus.
„Ich vermute mal, dass ich jetzt fragen darf, ob alles okay ist?" Dad zwinkerte mir zu, während wir all die Plastikbecher und herumliegenden Popcorns einsammelten.
Ich lächelte und nickte. „Ja, es ist alles okay"
Nach getaner Arbeit zog ich mich dann selig in meinem Zimmer zurück. Wie erhofft, blinkte mein Handy auf.
Wollte dir nur noch einmal sagen, dass du ein grottenschlechter Clown bist. Und dich darauf hinweisen, dass du dich mir nun schon zum zweiten Mal mit nassen Haaren präsentiert hast. Und dass ich dich wirklich, wirklich gerne habe, mit oder ohne rote Nase.
PS. Lachst du gerade?Ich lächelte tatsächlich. Und zwar so breit wie noch nie.
Die Bucht war noch immer einsam und allein. Herrlich und traumhaft zugleich. Roy hatte mich heute Morgen abgeholt und seit dem meine Hand nicht losgelassen.
Da sich allerdings mein Surftalent kein Stück verbessert hatte, waren wir nun dazu gezwungen. Leider.
Wieder am Strand ließen wir uns von der Sonne trocknen. Sandkörner wurden von einer Brise gegen unsere Körper gepeitscht, aber daran störten wir uns nicht.
„Roy? Erzähl mir was von dir. Erzähl mir so viel, dass es für die ganze Zeit reicht, die du weg sein wirst"
Er lächelte. „Soll ich von meiner Familie erzählen?"
„Ja. Beschreib sie mir alle"
„Okay", er lachte. „Nun, meinen Großvater hast du ja schon kennen gelernt"
„Anthony"
Er nickte. „Er ist der, der uns alle zusammenhält. Nichts geht ihm über die Familie. Oder den Zirkus. Wobei der Zirkus ja eigentlich die Familie ist. Tja jedenfalls ist er immer da, wenn er gebraucht wird. Als Madison, Nathans Mutter, plötzlich unverheiratet mit Kind dastand, hat er nicht eine Sekunde lang gezögert, bevor er ihr versicherte, dass die Familie sie unterstützen würde. Und er liebt meinen Dad wie einen Sohn.
Emily ist die Einfühlsame. Du hast sie ja kennen gelernt. Je älter sie wird, desto chaotischer wird ihr Wohnwagen. Stell dir vor, sie hat jetzt einen Minikühlschrank in ihrem Wohnwagen. Allerdings nicht, um Lebensmittel zu kühlen, sondern als Bücherregal"
Ich musste Lachen. „Und Abigail?"
„Sie lebt einzig und allein für den Zirkus. Sie ist es auch, die Lynn so anspornt, immer wieder neue Grenzen zu durchbrechen und Risikos einzugehen."
Er zwinkerte mir zu. „Von Nathan brauche ich dir wohl nicht zu erzählen oder?"
Ich lachte und genoss es, seine Armmuskeln im Nacken zu fühlen.
„Sum?"
„Hm?"
„Ich wollte dir noch sagen, dass ich da bin, wenn du Hilfe brauchst. Wenn die Angst mal die Oberhand über dich hat, ruf mich an und ich komme zu dir, okay?"
Ich schaute gerührt in seine aufrichtigen Augen. „Okay"
Die Sonne brannte immer stärker auf uns herab, aber auch dieses Mal hatten wir den Sonnenschirm vergessen.
„Ich hoffe, dieser Morgen steht nicht mehr zwischen uns?", flüsterte ich.
„Nein. Solange du noch lachst?"
Wie zur Bestätigung lächelte ich. Und ich meinte es ernst.
![](https://img.wattpad.com/cover/85526456-288-k1591.jpg)
DU LIEST GERADE
Die Kunst des Clowns
Teen FictionKinder lachen 500 Mal am Tag. Erwachsene nur knapp 15 Mal. Summer nie. Die siebzehnjährige Tochter eines Orangenplantagenbesitzers und einer ehemaligen Geschichtslehrerin fürchtet, ihr Lachen verloren zu haben. Seit Jahren leidet sie unter einer An...