Lache das Leben an- vielleicht lächelt es zurück :-)

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Er hob seine Hand, doch dann ließ er sie wieder sinken und trat einen Schritt zurück. Er öffnete die Tür und ließ mich nach draußen. Zerknirscht schaute ich die ganze Zeit auf den Boden. Hätte ich etwas tun sollen? Hatte er auf ein Zeichen von mir gewartet, dass es okay für mich gewesen wäre? Wäre es okay für mich gewesen? Was fühlte ich jetzt? Enttäuschung? Verwirrung? Scham? Was es auch war es wurde schlagartig gelindert, sobald er wieder seinen Arm um meine Schultern legte. Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander, doch dann fiel mir ein, dass ich auch mal ein Gespräch anfangen sollte. Also überlegte ich fieberhaft. „Wirst du heute noch auftreten? Ist noch eine Vorstellung?" „Ja es gibt noch eine Spätaufführung um acht" Ich nickte- und erinnerte mich ungern an den Abend vorgestern, an dem er mich nach einer Spätvorstellung weinend gefunden hatte.
Wir waren inzwischen vor der Ranch angekommen und ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt sagen oder tun sollte. Ich hob unsicher einen Arm und deutete auf das Farmershaus hinter mir. „Willst du...willst du noch kurz rein kommen?" Ich schluckte. „Um dich von den Dreien zu verabschieden?" Er nickte lächelnd und folgte mir ins Wohnzimmer. Mom versteinerte mit einem Putztuch und einem großen Topf in der Hand, Dad schaltete augenblicklich den Fernseher leiser und Nick sprang jubelnd vom Stuhl und rannte zu uns. „Hey! Du bist ja immer noch da!" „Na klar! Ich hab nämlich eine Überraschung für dich!" Seine Augen wurden riesig und blinzelten erwartungsvoll. „Was denn?", hauchte er. „Deine liebe Schwester hat sich dazu bereiterklärt, dich morgen nochmal zum Zirkus zu begleiten" Deine liebe Schwester! Nick hüpfte aufgeregt auf und ab. „Wirklich Sum? Das ist endcool!" Ich nickte großzügig, aber in der Gegenwart von meinen glotzenden Eltern immer noch ein bisschen verkrampft. Dann schien Mom sich wieder einzukriegen. „Roy kann ich dir was anbieten? Ein Stück Kuchen, ein Glas Wasser, einen Saft-" „Ein Bier?", unterbrach Dad sie. „Nein danke, sehr nett, aber ich muss dann auch wieder nach Hause" „Oh schon?" Nicks Blick sah herzzerreißend aus. „Wir sehen uns doch morgen, Buddy" Nicks Hundeblick hellte sich auf. „Versprochen?" „Na aber Hallo! Clowns halten immer ihre Versprechen!" Nick klatschte ab. Seine Welt war wieder vollkommen in Ordnung. „Hey Roy, weißt du, was die Holzwurm-Mutter zu ihren Holzwurm-Kindern sagt, wenn es Zeit zum Schlafen ist?" Roy sah erwartungsvoll auf Nick, der die Aufmerksamkeit sichtlich genoss. „Sie sagt: Hopp hopp Kinder, ab ins Brrrrettchen!" Roy lachte so laut, dass er es entweder wirklich lustig fand, oder dass er einen Preis fürs Lachfälschen bekommen sollte. „Und weißt du, was man erhält, wenn eine Spinne über den Monitor krabbelt?" „Gutes Netz?", riet Roy. „Eine WEBsite", rief Nick und alle beide brachen in Lachen aus. „Gut dann...auf Wiedersehen!" Roy wischte sich die Lachtränen aus den Augen. „Vielen Dank für den Saft vorhin und für die Witze und ähm...auf Wiedersehen" Mom winkte und Dad hob grüßend die Hand. Ich deutete in Richtung Tür. „Ich begleite dich noch raus" „Roy Junge, soll Robert dich fahren?", rief Mom uns dann unerwartet nach. „Nicht nötig, danke. Es ist wirklich schön über die Plantagen zu spazieren", winkte Roy grinsend ab. Ich ließ ihn vorausgehen und suchte fieberhaft nach einer Idee, wie ich mich von ihm verabschieden konnte. Ich fand keine. Ich wollte auch keine finden, weil ich ihn gar nicht gehen lassen wollte. Ihn und dieses wahnsinnige Gefühl, dass er ihn mir auslöste. „Also dann" Roy hatte sich zu mir umgedreht und ich hätte ihn beinahe umgerannt. „Also dann", piepste ich und hätte mich dafür gerne geohrfeigt. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Dann beugte er sich blitzschnell vor und küsste mich auf die Wange. Ich schaute erstarrt auf sein verschmitzt strahlendes Gesicht- unfähig irgendetwas Vernünftiges zu tun oder zu sagen. „Bis morgen!" Er ging. Wahrscheinlich hörte er mein ersticktes Bis Morgen gar nicht. Ich schaute ihm wie in Trance nach und zuckte erschrocken zusammen, als er sich noch einmal umdrehte. Als er mich dabei ertappte, dass ich ihm hinterher sah, lächelte er und zwinkerte mir zu, worauf hin sich meine Mundwinkel widerstandslos nach oben zogen. Ich winkte, wartete bis ihn die Orangenbäume verschluckt hatten und ging dann verträumt ins Haus.
Als hätte drinnen die Zeit stillgestanden, blickten mich Mom und Dad stumm an. Ich blieb stehen und sah sie fragend an. Nick schien von alle dem nichts mitzukriegen. „Er ist...nett", brachte Mom dann endlich hervor. So, als hätte sie es aufgegeben, darauf zu hoffen, ich würde das Eis brechen. Ich nickte. Was sollte ich auch darauf erwidern? „Hattest du ihn eingeladen?" „Nein. Eigentlich nicht" Mom legte ihre Stirn in Falten. „Er kommt dich also einfach so besuchen, obwohl ihr euch erst ein einziges Mal bei dieser einen Vorstellung gesehen habt?" Oh oh. Ich nickte wieder, aber es war offensichtlich, dass sie mir nichts abkaufte. Ich räusperte mich und kratzte mich hilflos am Hinterkopf. Dann verschränkte ich meine Arme. „Kann...kann vielleicht sein, dass wir uns noch ein, zwei Mal über den Weg gelaufen sind" Ich mied Dads bohrenden Blick.  „Kann vielleicht sein?", wiederholte Mom. „Ja...ähm...ich bin müde, ich...geh schlafen. Gute Nacht!" Ohne auf ihre weiteren Fragen zu warten flüchtete ich in mein Zimmer.

Die Kunst des ClownsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt