Kapitel 11

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Kapitel 11 

Alina - Point of View

Es herrschte gedrückte Stille. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Das einzige, was ich wissen wollte, war, ob es ihm gut geht.

"Hast du...Lust mit mir in den Wald zu gehen?" fragte er vorsichtig, während er sich verlegen durch sein braunes Haar fuhr. Er sah toll aus. Das musste ich zugeben. Unschlüssig, wie diese Frage gemeint war, nickte ich einfach und lächelte kurz. "Dann komm." forderte er mich auf und ging in die Richtung los, wo mein Auto stand. Er sah ein bisschen angespannt aus. Ein wenig zweifelnd blickte ich ihm hinterher, bis er sich umdrehte, als er merkte, dass ich ihm nicht folgte. Schnell kam er zu mir zurück und trat nah an mich heran. "Hör zu! Ich bitte eigentlich ungern jemanden zweimal dasselbe hintereinander. Aber für dich mache ich eine Ausnahme, weil es hier um mehr geht, als um einen Pfadfinderinnenausflug. Also würde ich dich freundlicherweise darum bitten, mir zu folgen, denn das ist dein Auto und ohne Autoschlüssel hilft mir das ganze relativ wenig." Erschrocken starrte ich in seine Augen, die mich wutentbrannt anfunkelten. Was war denn los mit ihm?

"Dass das kein Pfadfinderinnenausflug wird, war mir klar. Denn Pfadfinderinnen haben nicht solche Stimmungsschwankungen wie du!" fuhr ich ihn an und marschierte, nachdem ich ihn grob an der Schulter streifte, an ihm vorbei zu meinem Auto. So etwas lasse ich mir nicht bieten. Wenn er mich schon ohne Grund so dumm anmacht, dann muss er auch mit so etwas rechnen. Ohne mich umzudrehen, oder ihn noch eines Blickes zu würdigen, stieg ich in meinen Wagen und fuhr eiskalt an ihm vorbei, um ihm den Mittelfinger zu zeigen. Seine Augen weiteten sich und ich konnte mir ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. "Das hast du davon..Collans!" sagte ich zu mir selbst und trat kräftig aufs Gas. In den Wald werde ich heute nicht mehr gehen, da konnte er sich sicher sein. Aber was seinen plötzlichen Wutausbruch ausgelöst hatte, wollte ich dennoch gerne wissen. 

Jake - Point of View

Genervt stand ich da und schaute dem strahlend weißen Audi hinterher. Ich musste zugeben, dass ich mich wie ein Arsch verhalten hatte. Aber ich hatte noch kaum etwas mit Mädchen zu tun und als Gestaltwandler ist man eben abgehärtet und kann seine Gefühle nicht immer kontrollieren. Vor allem in meiner jetzigen Phase. Meine letzte Entwicklung war noch nicht ganz vollendet und das letzte Verwandlungsstadion ist das Schwierigste. Außerdem musste ich einem ziemlich temperamentvollen Mädchen beibringen, dass es sich in Tiere verwandeln kann. Und wenn sie bei dieser, nun gut, nicht ganz so sanft formulierten Aufforderung schon so austickt und mich einfach stehen lässt, dann kann ich mich ja bereits auf was gefasst machen. Ein enttäuscht klingender Seufzer befreite sich aus meiner Kehle und ich kickte einen Stein mit dem Fuß herum, ehe ich mich auf den Weg in den Wald machte. Um ehrlich zu sein, ich wäre gerne mit diesem tollen Wagen mitgefahren. Doch nun musste ich mich mit einem Fußmarsch zufrieden geben.

Die ganze Zeit über dachte ich nach. Wieso mussten mir solche Dinge immer rausrutschen? Ich denke, entschuldigen musste ich mich. Seufzend bewegte ich mich weiter in Richtung Wald, dem ich mich inzwischen schon genähert hatte. Hoffentlich fand ich ihr Haus noch. Es dauerte kaum zehn Sekunden, ehe ich die Gestalt des Fuchses angenommen hatte und zur Villa schlich. Meine kleinen Pfötchen ließen das wenige, jetzt schon gefallene Laub rascheln und der Duft des anstehenden Herbstes kroch mir in die Nase, obwohl es noch ziemlich heiß war und in der Stadt nicht mal der Anschein da war, dass bald Herbstbeginn war. 

Ich war an der Stelle angelangt, an der ich sie erst vor kurzem beobachtet hatte. Natürlich konnte ich Tollpatsch nicht aufpassen und der Strauch, der ein hervorragendes Versteck gebildet hatte, hatte zu rascheln begonnen. Nur wegen dieser dämlichen Spinne, die mich erschreckt hat. Und bin ich von meiner „Zielperson“ enttarnt worden. Die tragische Geschichte von Jake Collans dem Fuchs, der Angst vor  Spinnen hatte. Toll. 

Neugierig schaute ich mich um, nur um zu sehen, ob ich auch in niemandes Blickfeld war, damit ich mich zurückverwandeln konnte. Gleichmäßig bäumte sich mein Körper auf, während meine menschliche Gestalt die Oberhand gewann und die Gestalt des Fuchses zurückdrängte. Und schon stand ich wieder auf zwei Beinen. Gestaltwandler zu sein hat auch seine Vorteile. So konnte ich mich fast überall der Umgebung anpassen, „geheime Missionen“ erfüllen, ohne dabei Aufmerksamkeit zu erregen. Außerdem war dieser Teil des Waldes nicht öffentlich zugänglich. Ein weiterer Grund, weshalb ich mich immer genau umsah. Wenn ich jemanden hier entdeckte, meldete ich das anonym bei der örtlichen Polizei. Die Angezeigten, die dann auf die Wache mussten, fragten sich immer wer sie „verpetzt“ haben könnte und kommen nie darauf. Ihre Gesichter sind einfach zu amüsant und somit konnte ich den Wald frei von missbilligen und egoistischen Abschaum halten, da diese sich sowieso nur in den Wald schlichen, um der Legende nachzugehen. Wegen der Gestaltwandler. Tja. Ich war also ein „Undercover-Naturschutz-Gestaltwanderschutz-Gebiet-Schützer“. 

Ich folgte dem verwilderten Weg und kam gleich darauf auf eine Art Lichtung, auf der sich die Livingbear-Villa empor hob. Die hatten bestimmt reichlich Kohle. Ich musste zugeben, als ich um das Haus herumging, packte mich ein mulmiges Gefühl. Aber ich musste mich entschuldigen, sonst würde sie nie wieder ein Wort mit mir reden. Langsam bewegte ich mich auf die schlichte, aber zugegeben sehr schöne Haustür zu. Mein Magen krampfte sich zusammen, als ich meinen Finger auf den Knopf für die Klingel legte. Was war denn los mit mir? Sonst war ich doch auch nicht so aufgeregt, wenn ich mit jemandem reden musste. Vielleicht lag es an ihr, weil mir etwas an ihr liegt? Wir waren von nun an verbunden. Daran konnte keiner etwas ändern. Wir waren von nun an wie Bruder und Schwester. Und als Vater mich aufforderte, sie zu beschützen wie meinen eigenen Augapfel, war es keine Aufforderung. Es war eine Feststellung. Er wusste, dass ich diesen unglaublichen Beschützerinstinkt in mir aufbauen werde, sobald ich das erste Mal mit ihr redete. Und umgekehrt. Das wurde mir unter der Dusche heute Morgen klar.  Ich klingelte.

So hier ist das nächste Kapitel..leider wieder mit Verzögerung, aber ich konnte mich gestern kaum noch konzentrieren, da ein anstrengender Tag war. Aber egal. Hier habt ihr das Kapitel und ich hoffe, dass es euch SEHR gefällt :3 Ich hab auch schon eine Idee fürs nächste Kapitel, weiß aber noch nicht, ob ich sie verwende :D ~selfwriter14

Das Tier in mirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt