Kapitel 24
Alina – Point of View
„Schneller, schneller. Komm schon Alina, du packst das!“ dachte ich bei mir, während ich mit Höchstgeschwindigkeit über den lockeren Waldboden stürmte. Ob ich mich je an das Gefühl, auf vier riesen Pranken zu laufen, gewöhnen kann, wagte ich sehr zu bezweifeln. Aber das musste mir nun egal sein. Ich musste schneller laufen. Mehr Kraft in diese vier muskelbepackten Beine stecken. Ich holte noch mehr aus, kam kurz aus meinem Laufrhythmus raus, fing mich aber schnell wieder und das Adrenalin pumpte nur so durch meine Adern, während sich mein Tempo um einiges erhöhte. Normalerweise würde ich jetzt stolz lächeln. Normalerweise. Aber als Tiger stellte sich das sehr schwierig heraus. „Konzentrier dich, Alina!“ mahnte ich mich gedanklich selbst und es fühlte sich komisch an, mich selbst noch Alina zu nennen. Ich hielt meinen Blick geradeaus gerichtet, um nicht irgendwo dagegen zu laufen. Ein leises Knurren drang aus meiner Kehle, als ich versuchte noch schneller zu laufen. Andere würden es als Schnaufen bezeichnen, aber ich war mir sicher, dass es ein Knurren war. Ich lief weiter, wich Bäumen aus, als wäre ich in einem Riesenslalom und ich fühlte mich frei. Bis ich einige Meter von mir entfernt jemand anderes vernahm. Neben lief noch jemand und ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie die lose Erde nach hinten in die Luft flog. Ein prachtvolles Tier, etwas kleiner als ich, preschte neben mir hier und überholte mich ohne jegliche Anstrengung, während ich hier alles gab. Frechheit. Sofort zwang mich mein Instinkt schneller zu laufen. Diesen Triumph durfte ich Jake nicht lassen. Er war sowieso der Meinung, dass ich aufgrund meines Geschlechts geringere Chancen habe, mit ihm mitzuhalten, auch wenn er es nicht zugab. Ich konnte es ihn seinem Blick sehen. Dem zeig ichs, dieser gefleckten Kletterkatze! Streifen sind sowieso viel cooler! Ich fixierte die übergroße Katze, die mich schon um Längen hinter sich gelegt hatte und konzentrierte mich krampfhaft darauf, sie einzuholen. Was der kann, kann ich schon lange. Ich nahm mich nochmal zusammen und spürte, wie sich mein Tempo langsam aber sicher erhöhte. Ein Glücksgefühl durchfuhr mich schlagartig, als ich merkte, dass ich meinem Gegner alias Lehrer wieder näher kam. Ein Glücksgefühl, das mich noch um einen Hauch schneller werden ließ. Ich wollte seinen Ausdruck sehen, wenn er merkte, dass ich es doch draufhatte. Ich hörte verstärkt, wie ich mit meinen Tatzen den losen Waldboden noch mehr aufwühlte und wie der Wind an mir vorbeirauschte. Okay, daran könnte ich mich möglicherweise doch gewöhnen. Jake wurde immer größer und ich konnte den Sieg fast schon riechen. Meine Augen waren an die laufende Silhouette gefesselt, sodass ich nicht merkte, dass ich vor mir ein Hindernis hatte. Ich konnte gar nicht so schnell schauen, wurde es schon schwarz und ich spürte nur noch dumpf meinen Aufprall. –
„Na, Kätzchen?“ Meine Augenlieder flatterten verwirrt, da das helle Licht einen stechenden Schmerz in meinen Augen auslösen würde. Alles war mir so fremd und zögerlich öffnete ich meine Augen ganz. Ich hatte nicht mal Zeit, mich umzuschauen, da sofort ein Gesicht vor dem meinen erschien, was mich zusammenfahren ließ. „Erschreck mich doch nicht so!“ murmelte ich vorwurfsvoll und schloss meine Augen wieder leicht, um mich noch ein wenig auszuruhen. „Was ist passiert?“ fragte ich dann weiter, meine Augen nach wie vor geschlossen. „Du bist gegen einen Baum gelaufen, in Höchstgeschwindigkeit.“ Erschrocken starrte ich ihn an. „Du findest das wohl lustig.“ zickte ich zurück. Es war unschwer zu erkennen, dass ihn das ziemlich amüsierte. „Du hast zwar keine Beule oder schlimmere Verletzungen, aber dem Arzt zu urteilen, hast du eine leichte Gehirnerschütterung davongetragen.“ erklärte Jake, ohne weiter auf meine Bemerkung einzugehen. Kluge Entscheidung.
„Wie hast du das dem Arzt bitte erklärt? Du konntest ja schlecht mit der Wahrheit rausrücken.“
„Lass das mal meine Sorge sein. Achte eher darauf, dass du schnell wieder fit wirst. Wir dürfen nicht allzu viel Zeit verlieren. Du weißt ja.“ Benommen nickte ich, wobei ich mir etwas mehr Mitgefühl erwartete. Immerhin war ich sein Schützling. Und er war bestimmt auch schon mal gegen einen Baum geknallt. Ach nein! Gegen ein Straßenschild und ich war sogar dafür verantwortlich. Gut gemacht, Alina.
„Wann werden wir weiter trainieren?“ fragte ich, um mich wieder abzulenken.
„So schnell wie nur möglich. Du musst noch richtig viel lernen. Ganz oben auf der Liste steht: Nach vorne schauen und auf Bäume achten.“
Ich boxte ihn gespielt wütend in seinen Bauch oder besser gesagt Waschbrettbauch. „Sehr lustig, wirklich!“ entgegnete ich genervt und wand meinen Blick ab, während ich die Arme vor der Brust verschränkte. Ich schaute mich etwas um und erstarrte kurzzeitig, als ich feststellen musste, wo ich mich eigentlich befand. Eigentlich hatte ich nichts gegen diesen Ort, jedoch kam eine gewisse Erinnerung wieder in mir hoch, die ich eigentlich vergessen wollte. Die mich auf der Stelle unwohl fühlen ließ. Vorallem in Jakes Nähe. Es war sein Schlafzimmer. Der Ort, wo wir uns geküsst hatten. Wo wir uns leidenschaftlich geküsst hatten. Der Ort, von dem ich wie ein feiges Huhn geflüchtet bin. Ein Schauer fuhr mir über den Rücken, als ich daran zurückdachte. Ich fühlte alles bis ins kleinste Detail nach und ich musste mir wohl oder übel eingestehen, dass es ein schöner Kuss war. Auch wenn er falsch war. Sehr falsch sogar.
„Am besten, wir trainieren jetzt gleich weiter, Jake. Mir geht’s immerhin wieder ganz prima.“ antwortete ich schnell und versuchte mich aufzusetzen. Es gelang mir nicht, denn ein fürchterlicher Schmerz zog sich durch meinen gesamten Schädelbereich und ließ mich in der Bewegung inne halten, sodass ich wieder zurück ins Kissen fiel. „Bist du dir da sicher?“ Grrrr. Der Sarkasmus in seiner Stimme war nicht zu überhören und er regte mich gewaltig auf. Klar war ich mir sicher, sonst hätte ich es doch nicht gesagt. Und diese lächerlichen Kopfschmerzen konnten mich nicht davon abhalten, diese Wohnung zu verlassen. Diese Verbindung zu unserem Kuss war einfach unerträglich und nach alldem, was geschehen ist, habe ich andere Sorgen, als über diesen Fehler nachzudenken. Immerhin musste ich schon bald kämpfen, tarnen und flüchten beherrschen. Und zwar nicht so ein Flüchten, wo man mit Glück gerade noch davon kommt, nein! So ein Flüchten, bei dem man sich sicher sein kann, dass man zu hundert Prozent entkommt. Problemlos. Und ohne, dass ein Baum das alles zerstört. Das musste ich noch dringend trainieren. Immerhin konnte ich nun schon bestimmen, in welches Tier ich mich verwandeln will und wie lange die Verwandlung anhalten soll. Ein Teil war ja schon geschafft. Ein paar Tricks beherrschte ich auch schon, wobei ich keine Ahnung habe, ob Jake weiß, dass ich sie kannte. Ich habs mir heimlich von ihm abgeguckt – aber pssscht! Erzählt ihm nichts!
Für diese Woche wieder ein Kapitel. Ich hoffe wirklich sehr, dass es euch gefällt und über Meinungen und Votes würde ich mich so sehr freuen. Habe euch lieb :* <3 ~AnnaFohringer
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Das Tier in mir
FantasyAlina ist anders. Sie weiß jedoch nicht, was genau an ihr anders ist. Doch in ihrer Klasse wird sie deswegen gemobbt, was ihr und auch ihren Eltern sehr zu schaffen macht. Deshalb wählen sie den Entschluss umzuziehen. Neue Menschen, neues Glück. Sie...