Kapitel 20
Alina - Point of View
Ich versuchte, ihn sorglos anzulächeln. Aber bei seinem verwirrten Gesichtsausdruck wollte das nicht so richtig gelingen.
„Ich werde nach Hause gehen.“ antwortete ich ruhig und versuchte, mich an ihm vorbei zu drängen, denn er blockierte mit seiner kräftigen, breiten Statur den Weg. Als ich es endlich geschafft hatte, packte er mich am Arm und drehte mich behutsam zu sich um.
„Warum?“ fragte er ernst aber es war eine angenehme Wärme in seinem Ton zu hören.
„Nun ja, ich habe noch einmal nachgedacht. Und das, was vorher geschehen ist..es war zwar wunderschön. Dennoch hat es sich falsch angefühlt, Jake. Ich habe dieses beklemmende Gefühl, dass wir uns nicht deswegen begegnet sind. Es hat einen anderen Grund, ich fühle es. Wie du das siehst, weiß ich nicht. Aber ich hoffe, dass du so ähnlich denkst, denn ich glaube, wir brauchen einander noch auf eine andere Art, die ich nicht genau erklären kann. Außerdem muss ich nach Dad sehen.“ erklärte ich ihm selbstsicher und war ehrlicherweise ein wenig stolz auf mich, dass es genauso klang, wie ich es im Kopf hatte.
„Okay.“ Er machte eine kleine Denkpause. „Ja, du hast..hast absolut Recht. In allem, was du gerade gesagt hast.“ fügte er an und ich nickte lächelnd, da ich froh war, dass er meine Meinung erwiderte.
„Trotzdem..“ begann er nachdenklich, seinen Blick mit zusammengezogenen Brauen auf den Boden gerichtet. „..muss ich dich heute im Wald noch einmal sehen. Ich...ich muss dir noch so einiges erzählen, wovon ich nachts angefangen habe.“ Nun sah er mich wieder an. Aber sein Blick war verändert. Nicht mehr so erweichend. Er war hart, kühl und dennoch vertraut. Ich nickte unmerklich, diesmal kein Lächeln von mir. Es kam auch von ihm keines mehr. Ich wusste nicht warum, aber in diesem Moment, wo er nach meiner Begründung ‚Okay‘ gesagt hatte, hatte sich einiges, für mich Unerklärliches, geändert.
Ich ging. Ohne mich zu verabschieden schlurfte ich die Treppen hinunter. Nebenbei hörte ich, wie er die Wohnungstür schloss, doch der Klang meiner Ballerinas, die ich nachts noch schnell angezogen hatte, übertönte alle anderen, wenigen Geräusche. Ich verfiel meinen Gedanken und dachte den ganzen Weg nach draußen, wo mich die morgendliche Sommerluft in Gefangenschaft nahm, über die letzte Nacht nach. Was war eigentlich genau geschehen? Es war einfach viel zu viel passiert. Er hatte mich geküsst. Er. Und ich musste zugeben, dass es unglaublich war. Unglaublich schön. Aber mir war aufgefallen, dass er was getrunken hatte. Ich wollte es nur nicht andeuten, da sonst die Stimmung zerstört gewesen wäre. Er hatte einfach diese Gabe, mich in seinen Bann zu ziehen. Und so krank und pervers sich das auch anhören mag, er konnte mich sozusagen kontrollieren. In seiner Nähe fühlte ich mich sicher und ich wusste, dass er mich nicht wehtun würde, egal was er mit mir machte.
Doch schon fiel mir ein anderes, noch bedrückenderes Thema ein.
Mom.
Ich hatte keine Ahnung, was überhaupt passiert war. Ich wusste nur, dass...dass sie tot war. Genaueres wollten sie mir am Telefon nicht sagen im Krankenhaus. Aber Dad müsste es wissen. Er war zu diesem Zeitpunkt dort. Hoffentlich hatte er sich wieder beruhigt und seinen Rausch ausgeschlafen. Der Weg auf die Anhöhe, wo ich mit Mom und Dad in den Ferien bei McDonalds war, war äußerst angenehm zu laufen, da die Sommerhitze noch nicht so ausgeprägt war. Es war höchstens neun Uhr morgens und die Erinnerung an das gemeinsame Fast Food-Essen schmerzte, als ich an dem auffällig rot gelben Gebäude vorbeiging und es gedankenverloren musterte. Ich bekam nur nebelhaft mit, dass sich mein ohnehin schon gemütliches Tempo um Einiges verlangsamte. Es ist ein unglaublich warmer Tag gewesen, Dad ist mit meinem Auto gefahren und im Geschäft hatte ich kaum Luft bekommen, da McDonalds' generell immer stickig waren. Also bin ich hinunter im die Stadt gelaufen, wo ich das erste Mal auf Jake getroffen hatte. Er hatte mich umgerempelt, als er um die Ecke gelaufen kam und ist dann selbst in ein Straßenschild gelaufen. Eine der wenigen Erinnerungen, an die ich mich am besten erinnern konnte. Das Hupen eines Autos riss mich aus meinen Gedanken und erschrocken sprang ich auf die Seite, da der Wagen gefährlich nah an mir vorbeifuhr. Ich konnte einen jungen Mann erkennen. Vermutlich um die neunzehn. So wie Jake, aber er war es nicht. Das hätte mich auch gewundert. Jake würde mich mit keinem Verkehrsmittel auf der Welt so haarscharf verfehlen. Und wenn, dann war es ein schreckliches Versehen und er würde sich sein Leben lang Vorwürfe deswegen machen. Ich kannte ihn zwar kaum, aber die Reaktion auf die kleinen Wunden und das blaue Auge ließ so Einiges für sich sprechen. Einer der Gründe, weswegen ich gegangen war. Er war wie ein Bruder für mich. Ein Beschützer. Darum fühlte sich der Kuss so falsch an. Ich hab mich danach echt so gefühlt, als hätte ich meinen Bruder geküsst, was sich echt widerlich anfühlte.
Ich drehte mich zu dem vorbeigefahrenen Auto, ein Porsche, wovon ich nur noch die Rückseite sehen konnte und brüllte lautstark: „Arschloch!“, in der Hoffnung, dass er das Fenster geöffnet hatte, während ich dem Wagen noch schön den Mittelfinger zeigte. Ein weiteres Hupen ertönte noch und es hörte sich amüsiert und provozierend an. Ich schaute dem SchickiMicki-Auto noch hinterher, bis es nicht mehr zu sehen war. Ein Quietschen, welches ich von dieser Entfernung noch hören konnte, ertönte, als er angeberisch um die nächste Kurve driftete.
„Penner.“ murmelte ich und setzte meinen Weg fort.
So ein Arschloch. Über solche Typen könnte ich mich ununterbrochen aufregen. Aber ich hatte wichtigere Probleme. Und eins davon war, endlich herauszufinden, was mit meiner Mutter passiert ist. Und wenn ich es von Dad nicht erfahren würde, dann musste ich wohl oder übel ins Krankenhaus fahren, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wo das war. New Jersey war groß. Aber es gab ja auch noch Google und zehntausend andere Möglichkeiten, öffentliche Gebäude ausfindig zu machen.
Auf zu meiner nächsten Mission.
Bald haben wir auf dieser Geschichte die 1000(!) Leser! Woop Woop :D Ich danke euch soooo sehr für alles und ich kann euch nicht mal was ordentliches zurückgeben ._. Aber ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und ihr freut euch darüber. <3 ~selfwriter14
DU LIEST GERADE
Das Tier in mir
FantasyAlina ist anders. Sie weiß jedoch nicht, was genau an ihr anders ist. Doch in ihrer Klasse wird sie deswegen gemobbt, was ihr und auch ihren Eltern sehr zu schaffen macht. Deshalb wählen sie den Entschluss umzuziehen. Neue Menschen, neues Glück. Sie...