Kapitel 20

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Phil's Sicht

Schweigend sitze ich im Zug. Kopfhörer in den Ohren. Ans Fenster gelehnt. Augen geschlossen. Auf dem Sitz neben mir befindet sich meine Reisetasche.

In meinen Gedanken sehe ich immerwieder Lia, die krank und klein, irgendwie zerbrechlich in ihrem Bett liegt. Und Lucy, die mich mit ihrer fröhlichen Art fesselt, ihr Lachen, dass auch mich lächeln lässt, ihre Augen, die leuchten wie Sterne. Und diese zwei Bilder liefern sich einen regelrechten Kampf. Ich habe lange nicht mehr an Lia gedacht. Habe sie so gut es ging aus meinem Kopf verdrängt. Doch jetzt ist sie wieder da, und das mehr als zuvor. Immer wenn ich an sie denke, werde ich traurig, ich mache mir Vorwürfe und würde mich am liebsten zu ihr ins Grab legen. Doch dann ist da Lucy und ich beginne wieder neue Kraft zu schöpfen, mich zu fragen wie ein Leben an ihrer Seite vielleicht aussehen würde, wie es sich anfühlen würde.

Es ist ein Teufelskreis.

Endlich bin ich angekommen. So schnell wie möglich steige ich aus dem Waggon und verlasse den Bahnhof. Dort sehe ich auch schon das Auto stehen. Es ist immer noch das selbe wie vor 10 Jahren. Klein, rot, rostig. Schnell steige ich ein. "Hallo Philipp! Schön das du wieder da bist." begrüßt mich eine warme, weiche Stimme. Mir wird ganz warm. "Hallo Mama."

Wir fahren jetzt schon seit einer Stunde zwischen Felder und Wiesen entlang und endlich sehe ich die Ortstafel meines Heimatsdorfes. Hier hat sich echt nichts verändert. Es ist immer noch so schläfrig, so ruhig wie früher. Ich erinnere mich an jeden Baum, an jedes Haus. Sehe Kinder herumtollen, alte Menschen in ihren Gärten arbeiten und Erwachsene, Zaun an Zaun, stehen und miteinander reden. Ich seufze leise auf. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Und deswegen bin ich hier her gekommen.

Wir sind vor meinem Elternhaus angekommen. Ich schnappe mir meine Tasche und betrete es. Der Geruch von früher, von zuhause, dringt in meine Nase und bewirkt, dass ich mich sofort wohl fühle. "Geh dich erstmal ausruhen und dann gibt es Abendessen. Ich hol dich dann." meint meine Mutter noch und verschwindet in der Küche. Sie ist so ein herzensguter Mensch und ich bin ihr so unendlich dankbar, dass sie keine Fragen gestellt hat, als sie gesehen hat wie schlecht es mir geht.

Schritt für Schritt gehe ich in mein früheres Zimmer, lasse die Tasche auf den Boden fallen, mache die Tür zu und lasse mich aufs Bett fallen. Ich sehe zur Decke und an die Wände, an denen immer noch Bilder hängen. Bilder von mir und TC. Von uns beim Videospielen. Bei Wasserschlachten. Bei Videodrehs. Ich schließe die Augen um nicht zu weinen. Was Lucy jetzt wohl tut? Ob sie mich überhaupt vermisst? Und Matthias und Oguz? Können sie mir jemals verzeihen?

Langsam schlafe ich ein, den Kopf voller Fragen und Vorwürfe. Ich merke nicht mehr wie meine Mutter nocheinmal ins Zimmer kommt, sieht dass ich schon schlafe, mich zudeckt und mir einen Kuss auf die Stirn drückt. Wie früher.

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