Nicht alles ist einfach ...

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Kapitel 1

17 Jahre später. Ich gab meiner Mutter einen gute Nachtkuss und ging in mein Zimmer. Wenig später betrat Aletto, einer unser „Diener" das Zimmer. Wie jeden Abend brachte er mir eine warme Milch, die mit Honig versüßt war. Der süße Honig wirkte wie ein Schlafmittel auf mich. Ich sank in einen unruhigen Schlaf.

Ich träumte, ich würde auf einer Klippe stehen. Kleine gelbbraune Moosflecken waren über die gesamte Oberfläche des vom Regen glatt gewaschenen Felsens verteilt. Langsam hob ich meine Hand. Erst wurde alles warm. In mir erwachte das Gefühl einer großen Freude, als jetzt hellodernde Flammen aus meiner Handinnenfläche schossen. Funken stoben als ich die Flammen zu einer Kugel bündelte. Mit den Fingerspitzen drückte ich sanft die blau-orangen Flammen wie Knete zusammen. Ein Lächeln überzog mein Gesicht während die Moospolster auf dem Felsen lichterloh entflammten. Überall um mich herum flimmerte die Luft vor lauter pyromanischer Energie. Dann auf einmal wechselte meine Ansicht. Ich sah mich selbst durch die Augen einer anderen Person. Als ob ich diese andere Person wäre, empfand ich deren Gefühle der Liebe und einen Hauch von Ehrfurcht mir gegenüber. Derweilen sah ich meine feuerroten Haare, die zu einer komplizierten Krone auf meinem Kopf geflochten waren. Auch die Funken in meinem Haar und ebenso in meinen Augen, blieben mir nicht verborgen. Jetzt hob die Person, die so aussah wie ich, die Hände und der Himmel erhellte sich taghell.

Wie von einer Tarantel gestochen schreckte ich auf. Meine Hände glühten als ob ich sie gerade in einem Ofen hätte. Ich merkte das meine ganzen Kleider an mir klebten, so schweißgebadet war ich. Eine vertraute Gestalt erhob sich von dem Stuhl vor meinem Bett. Aletto eilte zu mir und legte mir eine seiner kalten Hände auf meine Stirn. Sanft strich er über meine Stirn und massierte meine Schläfen. Niemand anderes außer ihm hätte mir jetzt gerade so gut helfen können. Ich kannte ihn schon seit meiner Geburt und setzte mein ganzes Vertrauen in ihn. Schon immer war er für mich etwas anderes, jemand anderes gewesen. Denn nur er behandelte mich wie einen ganz normalen Menschen, wohingegen keiner der anderen Menschen mich wie einen der ihren behandelte. Zu viele sahen in mir nur ein Monster aufgrund meiner roten Haare und der damit verbundenen Prophezeiung; die anderen waren in meiner Anwesenheit immer ungemein höflich, da ich ja eines Tages die Leitung dieses Landes in der Hand haben würde. Aletto hingegen war mein älterer Kumpel, mein Freund und Helfer. Wie ein Bruder war er immer da, wenn es mir nicht so gut ging. So auch jetzt „ Diana geht es dir gut?, fragte er besorgt. Vor lauter Müdigkeit antwortete ich patzig:„ Ja, mir geht es bestens!" Doch meine Augen sprachen eine ganz andere Sprache. Er musterte mich, deckte mich wieder richtig zu, öffnete das Fenster und gab mir einen kleinen Stups auf die Nase. Ohne nochmal zurück zu schauen verließ Aletto das Zimmer. Eine plötzliche Erschöpfung erfasste mich wie eine riesige Welle und zog mich zurück in einen jetzt tiefen Schlaf.

Der Versuch aufzustehen gelang mir an diesem Tag nicht so gut wie sonst immer. Also blieb ich noch ein bisschen liegen und wurde dann von meiner Mutter geweckt, die mit lauter Stimme meinen Namen durch das ganze Haus rief. Schnell sprang ich aus dem Bett. Nach dem waschen meines Gesicht war ich mal wieder vor die schwierige Wahl gestellt welche Klamotten ich heute wieder anziehen sollte. Schließlich entschied ich mich für eine enge schwarze Jeans und ein kupferfarbenes Baumwollshirt.

Mit langen Schritten eilte ich in die große Essenshalle.

Wie immer raubte mir der Anblick des riesigen Atriums fast den Atem. Mitten im Atrium befand sich eine kleine „Insel" in der Form einer verschnörkelten Sonne die ein Becken mit kristallklarem Wasser umgab. Diese Ruheinsel war der ganze Stolz meiner Mutter. Eigentlich bestand diese „Insel" aus Sandsteinen, welche kunstvoll über einander gemauert worden waren. Auf die verschlungenen Mosaike, welche sich auf der Oberfläche der Sandsteine befanden, wurde man sofort aufmerksam, sobald man diese Ruheinsel betrat. Die winzigen Steinchen schillerten in den unterschiedlichsten Gelb-, Blau-, Orange- und Türkistönen. Riesige Papageien flogen in schwungvollen Pirouetten im Atrium herum, überall in dem leicht südländischen gestalteten Atrium standen Sitzplätze mit Futterschalen für sie bereit. Palmen und große Farne waren mit ihren Blumentöpfen in den Boden eingelassen und über das große warme Atrium verteilt. Die hellen Steinplatten, die den übrigen Boden bedeckten führten mich an zahlreichen gemütlichen Sesseln und vielen stark beladenen Bücherregalen vorbei, zu meiner Mutter. Die leise dahin rieselnde Musik, vergrößerte meine Freude auf den heutigen Nachmittag.

Mit federnden Schritten kam meine Mutter mir entgegen. Ihre braunen Locken fielen in seidigen Wogen ihre Schultern hinab. Sie trug ein bezauberndes rosafarbenes Kleid. Zusammen gingen wir zu der schon herrlich gedeckten Tafel auf der Sonneninsel, wie ich sie nannte. Es gab Früchte aller Arten. Ich rief wie immer einen der Diener zu mir heran. „ Bringen sie mir bitte einen Bananenmilchshake und ein paar Kiwis," gab ich meine tägliche Bestellung an, von nicht auf dem Tisch bereitstehenden Nahrungsmitteln auf. „ Diana, war deine Nacht gut und erfrischend?", fragte meine Mutter. „ Ja, so gut habe ich seit langer Zeit schon nicht mehr geschlafen," sagte ich und guckte Aletto warnend an. Meine Mutter musste nicht unbedingt wissen, das ich nachts seltsame Träume hatte in denen ich Feuer entstehen lies, ohne irgendwelche Hilfsmittel, einfach nur mittels Gedanken. Mein Vater war leider mal wieder nicht da, also konnte ich mich nur mit meiner Mutter unterhalten, ich wollte jetzt aber lieber alleine sein. Also schlang ich mein Essen herunter und machte mich gerade daran vom Tisch aufzustehen als meine Mutter mich am Handgelenk festhielt: „ Diana können wir uns nicht einmal, wenigstens einmal, unterhalten. Kaum ist das Essen zu Ende springst du immer auf und haust ab. Bitte!" sagte sie. Ich hatte nicht mit sowas gerechnet. „ Mama, wieso sagst du mir das nicht einfach?"

„ Diana, so einfach ist das nun wirklich nicht. Dir einfach zwischendurch mal etwas zu sagen." Ich wusste genau was sie meinte ...

„ Ich weiß, komm lass uns einfach einen Spaziergang machen!" rief ich, der Einfall war mir gerade erst gekommen.

Mir machte es mehr Spaß als ich gedacht hatte, wir schlenderten einfach den Hügel hinunter auf dem unser „Schloss" stand, wie ich es heimlich nannte. So gelangten wir schnell in die Stadt. Geschäftig liefen die Leute in den Straßen umher. Immer wieder blieben Menschen stehen und schauten mir und meiner Mutter nach. Es kam schließlich nicht so oft vor das man mich draußen erblickte. Ich war nicht so der Mensch fürs spazieren gehen. Endlich hatten wir die Stadt hinter uns gelassen und gingen jetzt in Richtung des mächtigen Mammutbaumwaldes. Obwohl wir die ganze Zeit schwiegen, fühlte ich mich mit meiner Mutter verbunden. So etwas hatte ich noch nie gefühlt, wir vertrugen uns sonst nie so gut.

Nach etlichen Minuten kamen wir wieder an unserem „Schloss" an.

„ Könnten wir das vielleicht mal wiederholen?" fragte mich meine Mutter mit einem strahlendem Lächeln.

„ Aber gerne doch!" auch ich wollte es gerne wiederholen.

„ Bis später Diana, ich fliege kurz zur Mine um nach deinem Vater zu sehen, er ist heute dort um sich den Abbau erklären zu lassen", erklärte mir meine Mutter.

„ Ok, wir sehn uns beim Abendbrot", erwiderte ich.

Mit langen Schritten ging ich zum Treffpunkt. Mein bester Freund Raphael und ich hatten vorgehabt uns auf dem kleinen Vorsprung hinter meinem Haus zu treffen. Ja Raphael, vielleicht mochte ich ihn mehr als ich mir zu gestand. Alle sagten wir würden ein perfektes Paar abgeben, weil er mich auch sehr zu mögen schien, doch niemand traute sich den ersten Schritt zu machen.

„ Da bist du ja endlich, ich habe schon auf dich gewartet", begrüßte er mich.

Unbeholfen setzte ich mich neben ihn, bemüht ihm nicht zu nahe zukommen.

„ Diana, hör auf damit", er schien meine Gedanken erraten zu haben.

Aber wie soll man neben so einem wunderschönen Menschen ruhig sitzen können? Er hatte sehr dunkle, braune Augen mit langen verträumt gebogenen Wimpern; braune, ganz leicht gelockte Haare und sanft geschwungene Lippen.

Außerdem war er athletisch gebaut und total schlank. Raphael war genau der Typ Junge den ich mochte, lustig, charmant, nicht machohaft

Und ich bezweifle nicht das er das nicht auch wusste.

„ Ja, ok ich versuchs", war meine eher nicht ausreichende Antwort.

„ Ich kann dich jetzt aber auch nicht einfach küssen, oder? Das wäre Quatsch, lass mir Zeit, bitte Diana!" bedeutete er.

„ Ok ..." ich fand einfach keine Worte.

„ Manno Diana", seufzte er und legte seinen Arm kumpelhaft um meine Schulter.

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