Kapitel 3

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Nun waren es nur noch vier Tage bis zu unserer Klassenfahrt. Um ein wenig Proviant für die lange Busfahrt zu besorgen, fuhr meine Mutter mit mir zum Supermarkt. Sie machte sich immerzu Sorgen, ich würde verhungern. Daher sagte sie mir, ich sollte in den Einkaufswagen legen, was immer ich wollte. So spendabel war sie selten, daher langte ich ordentlich zu. Im Wagen lagen Kekse, Schokolade, Chips und als Ausgleich dazu, nahm ich mir eine große Flasche Wasser. Auf dem Weg zur Kasse, seilte sich meine Mutter ab, um noch einmal schnell zur Fleischtheke zu eilen. Sie vergaß immer die Hälfte, genau wie ich. Ich stellte mich mit dem Wagen also schon mal vor die Kasse und wartete. Da vernahm ich eine Stimme, die mir nur zu vertraut war. "Und dann komme ich nach Hause, also bis gleich.", hörte ich meine Lehrerin sprechen. Sie schlich langsam zur Kasse. Mit der einen Hand schob sie ihren Einkaufswagen und mit der anderen hielt sie Telefon. Plötzlich entdeckte sie mich und blieb stehen. Überrascht sah sie mich an, doch dann fing sie schnell an zu lächeln. "Emily, welch Überraschung." Ich lächelte ihr zu und wir beide sahen dann in meinen Einkaufswagen. "Für meine Eltern, die bekommen heute Abend Besuch.", sagte ich schnell und blickte verlegen auf die ganzen Süßigkeiten in meinem Wagen. Frau Hinze nickte nur und grinste über das ganze Gesicht. "Na, dann richte deinen Eltern mal viele Grüße und viel Spaß aus." Nun wurde ich rot und versuchte, mir nicht so viel anmerken zu lassen. Sie sprach weiter. "Ich muss weiter, habe es ein wenig eilig."
Wir verabschiedeten uns flüchtig und ich beobachtete sie, wie sie bezahlte und dann aus dem Laden ging. Sie sah sich nicht einmal um und meine Aufregung legte sich allmählich wieder. Mit wem sie bloß telefonierte? War sie etwa verheiratet, oder hatte einen Freund? In der Schule hörte ich einmal, ihr Mann sei vor einigen Jahren verstorben. Wer also würde wohl bei ihr zuhause auf sie warten?

Nachdem meine Mutter mit ihrem Fleisch zu mir kam und wir bezahlten, fuhren wir nach Hause und ich verbrachte den restlichen Tag damit, über meine Lehrerin nachzudenken. Ich zerbrach mir den Kopf darüber, mit wem sie wohl telefoniert hatte.

Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Und dann war es soweit. Montag, heute ging es auf Klassenfahrt. Eine Woche in Italien. Schönes Wetter, keine Eltern und sieben Tage nur mit Frau Hinze. Wie immer war ich spät dran und zog mich rasch an, nahm meinen Koffer und stieg ins Auto. Ausnahmsweise fuhr mich meine Mutter zur Schule, aber auch nur, weil ich sonst unseren Bus verpasst hätte.
Da stand er auch schon und meine gesamte Klasse war bereits dort versammelt. Ich verabschiedete mich von meiner Mutter und ging langsam zum Bus. Meine Augen suchten nach ihr, doch von ihr war weit und breit keine Spur. "Emily, hey. Komm doch zu uns, wir wollen noch schnell eine rauchen.", schrie mir Frauke zu. Sie war eine der wenigen netten aus meiner Klasse und als Klassenkameradin war sie auch ganz in Ordnung. Mit ihr teilte ich mir in Rom ein Zimmer, dazu noch zwei andere Mädchen. Bea und Linda. Wir hatten kaum etwas miteinander zu tun, aber sie nahmen mich mit in ihr Zimmer, da mich sonst niemand bei sich haben wollte. Ich ging auf die drei zu und zückte meine Zigaretten aus der Tasche. Die Koffer stellten wir ab, sodass sie der Busfahrer einladen konnte und wir versteckten uns hinter dem Bus, neben einem Baum. "Hier, du kannst mein Feuerzeug benutzen. Aber beeilt euch, in fünf Minuten fahren wir los, Leute." Frauke hielt mir ihr Feuerzeug hin und lächelte. Ich zog an meiner Zigarette und bemerkte gar nicht, dass wir Gesellschaft bekamen. "So so, meine Damen. Hier steckt ihr also." Es war Frau Hinze, welche ebenfalls eine Zigarette in ihrer Hand hielt. Als sie einen Zug nahm und den Rauch wieder aus ihrem Mund entließ, raubte es mir fast alle Nerven. Sie sah so verdammt sexy aus, wenn sie rauchte. Sie fing an zu lachen und beobachtete mich immer wieder. "Es ist in Ordnung, wenn ihr raucht. Auch in Italien. Ihr macht ja sowieso was ich wollt", flüsterte sie uns zu.

Nachdem wir fertig waren, stiegen wir in den Bus und suchten uns alle einen Platz. Na toll, alle Plätze waren bereits belegt und Bea, Frauke und Linda setzten sich nach hinten, zu den Jungs. Also setzte ich mich auf den Platz in der zweiten Reihe von vorne. Wenigstens saß hier noch niemand und ich konnte aus dem Fenster sehen. Die Tür zischte laut, als sie sich schloss und Frau Hinze stand vorne. "Guten Morgen, liebe 9a. Jetzt geht es los. Ich wünsche uns allen eine ganz tolle Zeit in Rom und euch allen viel Spaß. Bitte versucht euch während der Fahrt zu benehmen, denn sonst werden wir die restlichen Kilometer wohl laufen müssen.", sie prustete laut los vor lachen und der ganze Bus sah sie entgeistert an. Aber sie ließ sich nicht beirren und lachte noch ein wenig vor sich hin,bevor sie mich ansprach. "Emily, du hast doch nichts dagegen, wenn ich mich neben dich setze? Ich müsste sonst die ganze Fahrt über stehen, doch das würde mein Rücken vermutlich nicht mit machen." Mit einem gespielt theatralischen Gesichtsausdruck sah sie mich an und ich musste etwas schmunzeln. "Nur zu", antwortete ich kurz und knapp. Mir wurde mit einem mal ganz heiß und meine Hände fingen an zu zittern. Sie würde nun die ganze Fahrt über, von Hamburg bis nach Rom, neben mir sitzen. Ich hätte vor Freude schreien können, doch war ich auch ziemlich nervös.

Nach ein paar Stunden öffnete ich langsam meine Augen. War ich eingeschlafen? Draußen regnete es und alles war ziemlich bedeckt und vernebelt. Berge waren jedoch noch keine zusehen, also konnten wir noch nicht weit gefahren sein. Oder es war einfach zu nebelig.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich meinen Kopf angelehnt habe. Und zwar auf der Schulter meiner Lehrerin. Erschrocken schoss ich mit meinem Kopf in die Höhe und sah zu ihr. Sie sah mich grinsend an und räkelte ihren Arm. "Gut geschlafen?", sagte sie, mit einem Ton in der Stimme, den ich kaum deuten konnte. "Ja, ähm. Wo sind wir denn?", fragte ich sie und warf einen blick aus dem Fenster. "In Frankfurt. Wir machen gleich eine kleine Pause. Die hat sich der Busfahrer auch verdient. Es regnet ununterbrochen. Er muss bestimmt müde sein." Sie schaute nun gerade aus und wirkte einen Augenblick sehr nachdenklich. Ich musterte sie von der Seite und bemerkte erst nun, dass sie ihr schulterlanges Haar zusammen gebunden hatte. Das habe ich vorher noch nie an ihr gesehen. So konnte ich ihren Hals sehen und in mir kribbelte alles. Das Bedürfnis sie mit meinen Händen zu berühren war so stark, dass ich mich kaum zurückhalten konnte. Während ich mein Verlangen nach ihr kaum unterdrücken konnte, biss ich mir auf die Unterlippe und beobachtete weiter ihren Hals, hinab bis hin zu ihren Brüsten und wieder zum Hals. Plötzlich drehte sie sich zu mir um und lächelte. "Gefällt es dir?", hauchte sie. Ich musste schlucken. "Ähm...ich. Ja...nein, ich meine...", stammelte ich. Sie fing nun breit an zu grinsen und bewegte ihren Kopf in Richtung Fenster. "Die Lichter. Sieh aus dem Fenster." Mein einem Ruck drehte ich mich zur Seite und bemerkte erst jetzt, dass wir nicht mehr fuhren. Wir standen auf einem Autohof, neben uns ein Gebäude voller Lichter. Sie strahlten und es war schon fast dunkel. Es sah so warm und einladend aus. "Das sind die Lichter vom Frankfurter Flughafen. Sieh nur, wie schön es leuchtet." Erst jetzt erkannte ich, dass wir auf einem Autohof direkt am Flughafen standen. Während ich noch aus dem Fenster sah, stand Frau Hinze auf und verkündete, dass wir nun eine kurze Pause von fünfzehn Minuten machen. Die meisten stiegen aus und gingen zum Restaurant. Wahrscheinlich waren dort die Toiletten. Schnell zog ich mir meine Jacke über und ging ebenfalls nach draußen. Kräftig sog ich die frische Abendluft ein. Für einen Sommerabend war es ganz schön kalt und es fröstelte mich leicht, sodass ich beschloss, nur kurz zur Toilette zu gehen, eine zu rauchen und dann wieder in den Bus zu steigen.

Nachdem alle wieder im Bus platz nahmen, ging es auch schon weiter und wir ließen die Lichter des Flughafens hinter uns zurück. Es war mittlerweile schon ganz dunkel, daher konnte man nichts mehr sehen. Das Licht im Bus wurde gedimmt, sodass wir ein wenig schlafen konnten. Jedoch war ich so aufgeregt, durch ihre Nähe, dass ich durchs Fenster sah und sie betrachtete. Denn sie spiegelte sich durch das Licht in der Scheibe. Irgendwann spürte ich, wie sie mir immer näher kam und ihr Kopf auf meiner Schulter landete. Sie war eingeschlafen. Im Bus herrschte absolute stille. Es musste schon spät sein, denn bis auf zwei oder drei, waren alle bereits am schlafen. Ich betrachtete ihr Gesicht und ihren Körper. Mein Körper war wie beflügelt und meine Gefühle sprudelten nur so über. Vorsichtig hob ich meine Hand und strich ihr leicht und sanft durch ihr Haar. Hoffentlich wecke ich sie nicht auf, dachte ich. Doch ich konnte einfach nicht widerstehen. Ihr Haar war so weich und duftete nach Erdbeere. Dann legte ich meinen Kopf an ihren und schlief nach einer Weile ein.

Gefährlicher Kuss (girlxgirl) #Wattys2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt