Oh. Mein. Gott! Wie kam ich denn jetzt aus dieser Nummer wieder raus? Panik überkam mich.
Frau Hinze sah mich entsetzt an. "In mich?", fragte sie leise. Es war schon eher ein flüstern. Nein, nein, nein! "Nein.", schrie ich sie schon fast an. "Nicht?" Jetzt war sie verwirrt. Was zum Teufel machte ich hier eigentlich? "Nein.", wiederholte ich mich noch einmal. "Ich meinte, sie. Nicht er. Ich...ähm. Ich meine, es ist ein Mädchen. Ähm...naja. Weil sie ständig er sagen.
Nun war sie sichtlich irritiert. Oh man, Emily. Was redest du denn hier für einen Unsinn? Das glaubt sie dir doch kein Stück.
"Aha.", sagte sie nur. Ich wagte es nicht sie anzusehen. Du musst sie ansehen! Sagte mir meine innere Stimme. Sonst wird es wirklich auffällig. "Verstehe. Du meintest mit, ich habe mich in sie verliebt, dass du ein Mädchen gern hast.", wiederholte sie mich. Ich nickte panisch. Nun fing sie nervös an zu grinsen. "Und ich dachte zuerst, du meintest mich." Plötzlich wurde sie wieder ganz ernst. "Ich bin sehr erleichtert darüber, Emily. Denn wenn du Gefühle für mich hättest, wäre es zwischen uns sehr kompliziert geworden." Natürlich wäre es das. Wieso konnte ich nur meinen Mund nicht halten? Sie ist meine Lehrerin und ich ihre Schülerin. Was hast du denn bitte von ihr erwartet?, fragte ich mich. Ich fühlte mich plötzlich so schrecklich. Meine Hände schwitzten und jede Faser meines Körpers zitterte so sehr, dass sie es eigentlich bemerken müsste. "Ich kann deine Angst nun viel besser verstehen. Du bist verunsichert, nicht wahr? Aber lass dir eins sagen. Es spielt überhaupt keine Rolle, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Gefühle fragen nicht, sie sind einfach da. Mach dir also keine allzu viele Gedanken darüber. Ok?" Ich sah sie einfach nur noch an. Was zur Hölle war hier bitte gerade passiert?Auf dem Weg nach Hause dachte ich nochmal über alles nach, was vorhin passierte. Wir verabschiedeten uns kurz darauf und sie verfolgte mich mit ihrem Blick, bis ich aus dem Klassenzimmer verschwunden war. An der Tür drehte ich mich noch einmal zu ihr um und versuchte mir ein kleines Lächeln abzuringen. Doch sie saß einfach nur da, den Blick auf mich gerichtet. Sie glaubte mir nicht. Sie wusst es jetzt. Sie wusste, dass ich Emily, sie Silke Hinze, meine Lehrerin liebte. Ich hatte Angst. Angst vor dem, was nun passieren würde.
Am nächsten Tag nahm ich mit Absicht einen Bus später, um sie vor der Schule nicht zu treffen. Als ich um kurz vor 8 Uhr auf den Schulhof lief, stand ihr Auto wie immer auf dem Lehrerparkplatz. Heute hatten wir Frau Hinze in den letzten beiden Stunden in Mathe. Bis dahin war also noch genug Zeit, mich darauf vorzubereiten. Ich nahm mir vor, mich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Das hieß: keinen Blickkontakt, kein starren. Nichts was darauf schließen lassen konnte, dass ich in sie verliebt war. Klingt doch eigentlich ganz einfach.
In den ersten beiden Stunden hatten wir Biologie. Ich mochte dieses Fach noch nie und war froh, als mir Frauke mitteilte, dass unser Lehrer krank war. "Super. Dann haben wir wohl jetzt zwei Freistunden.", freute ich mich. "Glaube ich nicht. Bea hat etwas von einer Vertretung erzählt.", sagte Frauke enttäuscht. "Na super. Und wer?", fragte ich sie. "Keine Ahnung. Aber wahrscheinlich machen wir dann wenigstens keinen Unterricht." Wir mussten lachen. Als es klingelte, gingen wir in unsere Klasse und setzten uns. Frauke saß vor mir und wir unterhielten uns noch ein wenig. In diesem Raum gab es leider nur Einzeltische. Leider war der Tisch neben mir bereits belegt, daher musste sich Frauke vor mir setzen. Schade.
Als die Tür aufging, bekam ich einen Schock. Mit einem Schwung stellte Frau Hinze ihre Tasche auf ihr Pult und strich sich mit beiden Händen ihre Haare aus dem Gesicht. Jetzt sah auch sie mich, als sie aufschaute. Ihr Blick blieb kurz an mir hängen und verriet mir, dass sie mich hier nicht erwartet hatte. "Guten Morgen. Ich vertrete euch heute in Biologie. Herr Fuchs ist heute nicht da, hat mir aber ein paar Blätter zukommen lassen, die ihr bearbeiten sollt." Die gesamte Klasse stöhnte auf und ein paar rollten mit den Augen. Während ein Junge aus meiner Klasse die Blätter austeilte, starrte ich sie noch immer an. Doch sie würdigte mich keines Blickes und konzentrierte sich auf irgendwas, das auf ihrem Pult lag. "Psst. Was ist los?", fragte mich Frauke leise, während sie sich zu mir umdrehte. "Ruhe dahinten. Ihr sollt arbeiten.", rief Frau Hinze. Frauke drehte sich wieder um und ich sah mit einem roten Gesicht auf mein Blatt. Wieso verhielt sie sich so komisch? Sie weiß es. Sie weiß es genau. Mist!
"Psssst...", hörte ich wieder von vorne. Es waren schon ein paar Minuten vergangen und Frauke hielt mir einen kleinen Zettel hin. Ich nahm ihn und las, was darauf stand.
Was ist los? Alles in Ordnung? , stand darauf. Ich antwortete ihr. Ja, ich hab nur keine Lust auf Bio. Ich gab ihr den Zettel zurück. Keine Minute später, reichte sie ihn mir erneut. Du wirkst eher, als wäre irgendwas passiert. Hat es mit Frau Hinze zun tun? Was? Wie kam sie darauf? Nein, wieso fragst du? Als sie meine Antwort las, drehte sie sich kurz um und musterte mich. Dann wendete sie sich wieder unserem Zettel. Ich frage nur. Du warst schon auf der Klassenfahrt so komisch, wenn sie in der Nähe war. Sie drehte sich wieder zu mir um und lächelte etwas verlegen. Plötzlich stand sie vor mir. "Darf ich fragen, was ihr hier macht?", fragte uns Frau Hinze. Schnell versuchte ich den Zettel verschwinden zu lassen. Zu spät, sie hatte ihn bereits gesehen. "Darf ich?" Sie hielt ihre Hand auf und deutete auf den Zettel in meiner Hand. Zögernd und verunsichert gab ich ihn ihr. Nun würde sie ihn lesen. Spätestens dann war doch für sie alles klar. "Darüber sprechen wir noch.", sagte sie und ging zurück zu ihrem Pult. Doch wieder erwarten las sie ihn nicht, sondern riss ihn einmal durch und warf ihn in den Papierkorb. Frauke warf mir einen unschuldigen Blick zu. Ich lächelte ihr leicht zu, um ihr zu zeigen, dass es nicht ihre Schuld war. Den Rest der Stunde starrte ich einfach nur auf mein Arbeitsblatt und dachte über sie nach. Ich wagte es nicht, auch nur einmal zu ihr nach vorne zusehen. Zu groß war die Angst, etwas in ihren Augen lesen zu können.Als es klingelte, verließen alle ziemlich zügig den Raum, um pünktlich in die Pause zu kommen. Auch ich versuchte mich zu beeilen, damit ich nicht die letzte im Raum war. Doch bevor ich durch die Tür verschwinden konnte, hörte ich sie rufen. "Emily, Frauke! Ich möchte mit euch reden." Frauke, die genau vor mir war, blieb stehen. Wir drehten uns um und nachdem wir schließlich alleine waren, winkte sie uns zu sich heran. "Ich dachte wirklich, der Vorfall in Italien wäre eine einmalige Sache gewesen. Stattdessen schreibt ihr euch während des Unterrichts Briefe. Eure Noten sind mit die schlechtesten dieser Klasse. Ihr könnt es euch wirklich nicht leisten, im Unterricht zu schludern.", schimpfte sie. Wir sahen beide auf den Boden und Frau Hinze fuhr fort. "Ich weiß, Biologie ist nicht das schönste Fach. Aber warum bemüht ihr zwei euch nicht wenigstens und schaut euch die Arbeitsblätter mal an? Es sind eure Noten und es ist eure Zukunft. Daher ist es auch eure Entscheidung. Aber bedenkt auch, dass ihr in diesem Fach bald eine Klassenarbeit schreiben werdet. Ihr braucht diese gute Note für einen Ausgleich. Und zwar beide." Sie atmete laut durch und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. "Das war es erstmal. Emily, dich würde ich gerne noch allein sprechen." Oh oh. Jetzt würde es kommen. Jetzt würde sie mich darauf ansprechen. Frauke sah mich mitleidig an und verließ dann den Raum. Als wir allein waren, sah ich starr auf den Boden. Ich konnte sie auf keinen Fall ansehen. Mein Herz raste so laut, dass sie es kaum überhören konnte. "Unser Gespräch gestern. Ich habe noch mal darüber nachgedacht." "Ja?", fragte ich so leise, das ich nicht sicher war, ob sie es überhaupt hörte. "Gibt es noch etwas, was du mir erzählen möchtest? Liegt dir noch etwas auf dem Herzen?" Ja. Ich habe gelogen. Ich liebe sie. Ich liebe sie von ganzem Herzen. Doch ich hatte einfach panische Angst vor ihrer Reaktion und ihrer Ablehnung. "Nein. Da...da gibt es nichts mehr.", stotterte ich. Einen Augenblick ruhte ihr Blick auf mir, dann wendete sie sich ab. "In Ordnung. Geh jetzt in die Pause, Emily. Wir sehen uns im Matheunterricht." Ach ja, Mathe. Nochmal zwei Stunden bei Frau Hinze? Wie sollte ich das bloß überstehen?
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Gefährlicher Kuss (girlxgirl) #Wattys2017
RomanceEmily sah direkt in ihre Augen. Ein Stromstoß ließ ihren Körper durchzucken. Sie hatte das Gefühl, innerlich zu explodieren, als sie ihre Lehrerin sah. Nur ein Blick, eine Berührung hätten gereicht, um sie vollends dahin schmelzen zu lassen. Die Tat...