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Wie in einer Art Traum fliegen meine Finger über die Tasten und lassen diese sanfte Melodie erklingen. Liam, der immer noch neben mir auf der Bank sitzt, schaut mir einfach nur zu. Seit ungefähr zehn Minuten spiele ich schon und es fühlt sich besser denn je an. Vielleicht liegt es daran, dass ich seit etwa einer viertel Stunde Liams feste Freundin bin. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich meine Leidenschaft ausüben kann.

"Was wollen wir morgen machen?" fragt Liam als ich den letzten Ton gespielt habe, der immer noch durch den Raum schwingt. Diesmal steht der Flügel nämlich nicht in der Ecke, sondern nahe des großen Fensters.

"Weiß ich nicht. Da ich aber wieder Schule habe, denke ich muss ich wieder Hausaufgaben machen." sage ich etwas traurig, da ich es genossen habe so viel Zeit mit Liam zu verbringen. Und wenn wieder Schule ist geht das nicht mehr so oft.

"Dann hole ich dich nach der Schule ab und wir gehen zusammen in dieses Café mit den leckeren Waffeln. Nebenbei kannst du deine Hausaufgaben machen und ich kann dich in ruhe anschauen." schlägt Liam grinsend vor.

"Klingt super! Aber warum willst du mir beim Hausaufgaben machen zusehen?" frage ich verwirrt.

"Ganz einfach, weil ich dich gerne anschaue." antwortet er und streift mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Es könnte ein Traum sein. So wie er mich anschaut. So wie er meinen Namen ausspricht. So wie er sich bewegt. Alles fühlt sich wie in einem Traum an. Nur ist es diesmal keiner meiner schrecklichen Albträume. Nein, es ist vielmehr solch ein Traum, den man nicht mehr von der Realität unterscheiden kann. Schreckliches müsste passieren, dass ich aus diesem wunderschönen Traum aufwache.

Ob es sich hierbei um Liebe handelt? Mit Sicherheit kann ich diese Frage nicht beantworten. Doch ist es möglich, dass es mehr als Liebe ist? Denn ich weiß wie sich Liebe anfühlt. Meinen Dad, Sophia und sogar John liebe ich. Allerdings fühlt sich das ganz anders an. Bei Liam ist es so, dass es schon weh tut, wenn ich nicht weiß wie es ihm geht. Es ist, als wären meine Gefühle für ihn tausend mal stärker, als die gegenüber einer anderen Person oder besser gesagt jeder anderen Person.

"An was denkst du?" fragt Liam und streicht mit seinem Daumen leicht über meine Unterlippe.

"An dich." antworte ich mit leiser Stimme und schaue dabei hoch in seine tiefen grünen Augen. Jedes mal, wenn ich das tue, ist es als wüsste er was ich denke. Lächerlich, ich weiß. Dann bräuchte er mich auch nicht fragen.

"Und was denkst du über mich?" fragt er diesmal mit einer tieferen Stimme, die fast schon einem sanften Knurren gleicht.

Kann ich ihm denn sagen, dass es mir gefällt solch intensive Gefühle für ihn zu haben? Kann ich ihm erzählen, dass ich rund um die Uhr bei ihm sein möchte? Kann ich es ihm sagen? Sagen, dass er mit seiner Frage vor einigen Minuten etwas in mir geweckt hat?

"Ich habe schon lange auf dich gewartet. Ich habe wirklich lange auf dich gewartet, aber mir wird alles erst jetzt bewusst. Nämlich, dass da diese Leere in mir war und erst als du so plötzlich in meinem Leben aufgetaucht bist, ist diese Leere verschwunden." antworte ich schließlich ohne auch nur eines dieser Wörter nicht so gemeint zu haben und zwar entsprechen alle der vollkommenen Wahrheit.

Luna - menschliche Gefährtin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt