Kapitel 9

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Er schloss hinter sich die Tür und ich sah mich um. Das Zimmer war ziemlich groß, in der Mitte stand ein großes Bett. An der gegenüberliegenden Wand war noch ein Fernseher befestigt, darunter stand ein Regal mit allen möglichen Sachen. Auf der rechten Seite war ein riesiger Schrank mit Spiegeln, er war leider geschlossen, denn ich hätte gerne mal einen Blick reingeworfen. Auf der linken Seite war noch eine weitere Tür, die etwas offen stand. Dahinter befand sich anscheinend ein Badezimmer. Ich war wirklich beeindruckt, schon allein durch das eigene Badezimmer, was Henry besaß.

Inzwischen hatte er sich auf das große Bett gesetzt und starrte mich an. Ich starrte mit einem frangenden Blick zurück. Es war ihm wohl unangenehm, dass ich seinen Blick bemerkt hatte, denn er senkte den Kopf und räusperte sich. Ich konnte erkennen, dass er sogar etwas rot wurde. Süß.

"Weißt du was zwischen den beiden vorgefallen ist?"

Er sah mich an und es war ja klar das er jetzt von sich ablenken wollte, doch mich interessierte es auch.

"Nein, ich war doch die ganze Zeit mit dir in der Küche"

"Ja stimmt. Wollen wir mal nachfragen?"

Ich dachte kurze Zeit nach. Jetzt wo ich gerade antworten wollte, bemerkte ich schon wieder seinen starrenden Blick und ich musste mir ein Lachen verkneifen.

"Hab ich irgendwas im Gesicht, oder warum starrst du mich die ganze Zeit so an?"

Als ich das sagte, musste ich dann doch anfangen zu lachen, er starrte mich erst verwirrt an, lachte aber dann doch mit. Wir lachten so lange bis wir schon fast Bauchschmerzen bekamen. Doch vorher ergriff er dann wieder das Wort.

"Nein, ich hab nur schon lange nicht mehr so ein... hübsches Mädchen gesehen"

Er zögerte ein bisschen als er mich aufklärte, aber ich erkannte das Kompliment trotzdem und bedankte mich dafür. Dabei wurde ich auch rot und fand den Boden dann ziemlich interessant. Ich betrachtete also weiter den Boden, als ich bemerkte wie Henry aufgestanden war und jetzt direkt vor mir stand. Er hob mit seinen Fingerspitzen mein Kinn, sodass wir uns in die Augen sahen. Er kam meinem Gesicht jetzt immer näher und ich wusste wohin das führte, aber ich wollte ihn nicht küssen. Ich war noch nicht bereit. Ich wurde von vielen Typen nur benutzt und tat mich schwer, anderen Leuten zu vertrauen und vor allem irgendwelchen Jungs.

Also räusperte ich mich, ging ein Stück zurück und redete einfach wieder weiter.

"Ich bin dafür, das wir langsam mal nachschauen, was die beiden da solange zu bereden haben"

Mit diesen Worten schaute ich ihm noch einmal in seine Augen und sah seinen enttäuschten Blick. Ich schaute schnell wieder weg, ich wollte diesen Blick nicht sehen, das weckt nur wieder mein schlechtes Gewissen. Ich ging also noch einen Schritt zurück auf die Tür zu, drehte mich um und öffnete diese langsam. Henry kam hinter mir her und wir gingen zusammen wieder in das Wohnzimmer. Marvin und Rebecka saßen gemütlich auf der Couch und guckten Fernsehen. Warum hatten sie uns denn nicht Bescheid gesagt, das sie alles geklärt hatten? Bevor ich meine Frage aussprechen konnte, kam mir Henry zuvor.

"Ist alles wieder in Ordnung? Warum habt ihr uns nicht Bescheid gesagt?"

Er klang nicht so wütend, wie ich es wahrscheinlich rübergebracht hätte. Er hatte eine ruhige Stimme bewahrt und stand auch ganz gechillt neben mir. Die beiden auf dem Sofa nickten nur synchron und würdigten uns nicht eines Blickes, sie starrten einfach nur auf den Fernseher. Ich schnaubte verächtlich und auch jetzt hebten sie ihren Blick nicht. Ich wollte jetzt einfach nur noch Hause, was sollte ich hier überhaupt? Dario ist mit seiner Freundin beschäftigt, Marvin und Rebecka ignorierten mich und Henry kommt nicht zu seiner Überraschung und wollte mich küssen. Bei dieser Überlegung war ich schon einige Schritte auf die Tür zugegangen und setzte diese jetzt auch fort. Meine Jacke brauchte ich nicht zu suchen, die hatte ich anbehalten, genauso wie meine Schuhe. Ich beschleunigte meine Schritte und öffnete schon die Wohnugstür. Ich stürmte die Treppen herunter und mir kamen die Tränen hoch. Warum? Ich weiß es absolut nicht. Vielleicht hatte ich mir das alles anders vorgestellt, vielleicht lag es auch daran, dass ich es über alles hasste, wenn mich jemand ignorierte, vor allem wenn es meine beste freundin tat. Vielleicht war es auch wegen dem Beinahe-Kuss mit Henry. Dachte er wirklich ich würde ihn küssen wenn ich ihn gerade mal einen Tag kannte? Ich hatte keine Ahnung wieso meine Tränen flossen. Ich wurde immer schneller und ich hörte Schritte hinter mir. Jemand rief meinen Namen. Henry. Ich hörte nicht hin. Ich wurde immer schneller, falls das überhaupt noch möglich war. Die nächsten Treppen kamen und ich stürmte sie herunter. Noch ziemlich weit oben an den Treppen stolperte ich ein bisschen, aber weil ich so schnell war konnte ich mein Gleichgewicht nicht mehr halten und fiel.

Ich schloss meine Augen und wartete auf den Aufprall. Es schien ewig zu dauern, doch ich spürte auch keinen harten Aufprall. Etwas weiches war unter mir.Ich öffnete langsam meine Augen und starrte in braune Augen, Teddyaugen, die Teddyaugen, die mir schon so oft in meine geblickt hatten. Ich kam wieder richtig zu mir und konnte Henry nur noch anstarren. Mein ganzer Körper kribbelte unter seiner Berührung. Er lächelte.

"Hab ich irgendetwas im Gesicht, oder warum starrst du mich so an?"

Auch ich musste jetzt lächeln. Henry half mir wieder ganz hoch und ich stand wieder direkt vor ihm. Er war etwas größer als ich, sodass ich ein wenig, nicht viel, zu ihm aufsehen musste. Er schaute auf die paar Träneb, die noch auf meinen Wangen waren und nahm mich in den Arm. Das tat unglaublich gut, dennoch fühlte ich mich etwas unwohl. Ich räusperte mich wieder und ging einen Schritt zurück. Somit hatte ich mich aus der Umarmung gelöst und hatte Abstand zwischen uns gebaut. Jetzt konnte ich wieder reden.

"Danke"

"Wofür?"

"Das du mich schon wieder gerettet hast"

Er sah kurz nachdenklich in die Luft, doch dann schien es ihm einzufallen und er lächelte wieder.

"Dich würde ich jeder Zeit retten"

Ich wurde wieder leicht rot und ich wusste nicht wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Ich wusste nicht wie ich mit der allgemeinen Situation umgehen sollte. Einerseits fühle ich mich zu ihm hingezogen, aber andererseits will ich nichts wirkliches mit ihm haben. Auch jetzt kam er wieder näher und ich wusste, dass das ein neuer Versuch war. Ich würde ihn gerne küssen, sehr gerne sogar, aber es ging einfach nicht. Er wird mich sowieso wieder verletzen, so wie alle anderen auch. Warum sollte er auch etwas Ernstes mit mir wollen. Er kann so viele hübsche Mädchen haben. Da ist es doch logisch, das ich misstrauisch bin, oder nicht? Inzwischen waren seine Lippen nur noch wenige Zentimeter von meinen entfernt. Dann knallte plötzlich eine Tür und jemand kam die Treppe heruntergeeilt. Henry und ich gingen auseinander. Danke Gott!

Jetzt war die Person, die mich vor einem großen Fehler bewahrt hatte bei uns angekommen und ich hätte nie gedacht, dass ich ausgerechnet dieser Person so dankbar war.

Zwei braune Augen blickten mich gespannt an.

Chaos, Liebe, eine Band und ichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt