Arschloch hoch zehn!

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Kapitel 16

Grinsend schaute ich in die perplexen Gesichter der anderen. Plötzlich verdüsterten sich ihre Blicke, weshalb mein Grinsen langsam verschwand. Was war denn jetzt los? Gegenseitig schauten sie sich nun an und schritten auf mich zu. Angespannt stand ich in der Mitte des Kreises und zog eine Augenbraue hoch.
Auf einmal schrie Kay laut „ANGRIFF“ und stürmte auf mich zu. Überrascht schrie ich auf, als alle auf mich drauf fielen. Schützend hielt ich meine Arme vor das Gesicht. Viele Hände suchten eine Stelle, an der ich kitzelig war. Nur leider war ich nirgends kitzelig, da ich schon des öfteren von David durch gekitzelt wurde, als ich unerlaubt in sein Zimmer gestürmt kam und er gerade eine seiner Tussen abgeschleckt hatte. Ja ja ich weiß, nicht gerade die bravste Schwester, aber was soll man machen, wenn man wegen seinem *räuspern nicht räuspern* lieben Bruder immer, WIRKLICH IMMER zu spät in den Unterricht kommt und deswegen immer Strafarbeiten aufgedrückt bekommt.

Still lag ich da und schaute den anderen beim verzweifelten Versuch, mich zu ärgern, zu. Nach einer Zeit, ließen sie von mir ab und standen ächzend auf. Sam half mir hoch.
„Die Aktion hat wohl nicht viel gebracht“, sagte ich und wackelte mit den Augenbrauen. Verärgert schauten sie mich an und gingen an mir vorbei, aus meinem Zimmer hinaus. Schuldbewusst lief ich ihnen hinter her und rief „Jetzt wartet doch mal. So war das doch gar nicht gemeint!“ Prompt stieß ich gegen Kays muskulösen Rücken, als er abrupt stehen blieb. Verwirrt rieb ich mir die schmerzende Nase und beugte mich zur Seite, an seinem Oberkörper vorbei, um zu sehen, warum er einfach stehen geblieben war. Angespannt und grimmig sah er gerade aus in den Flur.

Vor ihm stand ein großer Mann, mit einem langen blau-schwarzen Schwert an der Hüfte. Kalt musterte er Kay, bevor sein Blick zu mir huschte. Herablassend blickte er mich aus seinen leuchtend blauen Augen an. Automatisch starrte ich ausdrucklos und intensiv zurück. Früher hatte meine Mutter mir immer gesagt: „Wenn dich ein Mensch, der eine kalte Aura hat, anstarrt, dann geh mit erhobenen Hauptes an ihm vorbei und schaue ihn mit dem selben Blick an, wie er dich.“ Kalt musterte ich ihn also, wie es mir meine Mutter beigebracht hatte.

Bemerkenswert, wie er so lange eiskalt schauen konnte, dachte ich. Aber wenn er ein Blickduell starten wollte, gerne! Ich gewann sowieso immer! Abfällig lächelte ich und sah ihm in die blauen Augen. Sie waren wirklich sehr grell und strahlten einen regelrecht an. Ich konnte zwar nicht sagen, dass das bei den Elfen außergewöhnlich war, weil ich ja noch nicht so viele kannte, aber das hier war ja schon übertrieben leuchtend. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass alle Bediensteten stehen geblieben waren und den Mann ängstlich, mit einer Mischung Nervosität entgegen blickten.
Plötzlich streckte er seine Hand aus, ohne den Kontakt von unseren Augen zu unterbrechen und sagte mit tiefer Stimme „Tinahel.“ Langsam streckte ich meine ebenfalls aus und ergriff seine.
„Layla“, sprach ich mit fester Stimme. Stark drückte er meine Hand zusammen. Ich hatte zwar Schmerzen, verzog dennoch nicht mein Gesicht. Er ließ los und erlöste mich somit.
„Du bist also das Mädchen, von den alle Sprechen und wegen ihren Flügeln bewundern, mit einbezogen der König“, spie er spöttisch und mit viel Ironie in der Stimme aus.
„Und du bist wohl ein Mann von dem ich noch nichts gehört habe, geschweige denn gesehen habe“, sagte ich im selben Ton wie er. Verärgerung blitzte in seinen Augen auf.
„Bedauerlich bedauerlich, dabei bin ich doch des Königs Berater und oberster Leibwächter in seiner Armee“, prahlte er stolz.
Ich gab ein spöttisches 'Pff' von mir und konterte „Und ich bin eine Halbgöttin und halb Mensch.“
Skeptisch zog er eine Augenbraue hoch und erwiderte „So siehst du mir aber nicht aus. Mit deinen Hörnern auf dem Kopf gehörst du wohl eher in die Wildnis. Oder noch besser. In ein Streichelgehege.“ Siegessicher lächelte er mich an. Woher wusste er von meiner Krone? Ich hatte sie doch gar nicht auf! Verwirrt zog ich kurz die Augenbrauen zusammen, setzte aber schnell wieder meine neutrale Maske auf.
„Oh tut mir leid. Aber weißt du. Die 'Hörner', wie du sie nennst, können ganz schön weh tun, wenn man die in den Arsch bekommt. Und außerdem hab ich wohl in letzter Zeit mehr Aufmerksamkeit und Respekt bekommen, als du es in deinem ganzen Leben jemals gehabt hast!“, konterte ich, auch wenn ich die Aufmerksamkeit und den Respekt der anderen gar nicht wollte, und setzte ein süßes Lächeln auf.
Wütend verzog er das Gesicht und zischte „Da bin ich mir aber nicht so sicher.“ Triumphierend grinste ich ihn an und dachte 'Jackpot, voll den wunden Punkt getroffen.'
„Uhhh, ist da etwa das Ego eines arroganten Arschlochs verletzt worden?“, fragte ich gespielt mitleidig und beugte mich ein wenig zu ihm vor.
„Wie hast du mich gerade genannt?“, zischte er und baute sie vor mir auf.
Lieb lächelte ich und sagte „Arrogantes A.R.S.C.H.L.O.C.H!“ Beim Buchstabieren tippte ich ihm provozierend mit meinem Zeigefinger auf die feste Brust. Zornig wollte er gerade mit der Hand ausholen um mich zu schlagen, als Kandor neben mir auftauchte, ihm in den Arm biss und laut anfing zu knurren. Geschockt sah ich auf den kleinen Welpen. Tinahel schüttelte fluchend seinen Arm und schleuderte ihn mit Schwung gegen die Wand. Jaulend ging der schwarze Welpe daraufhin zu Boden.
„KANDOR“, rief ich geschockt und wollte zu ihm eilen, doch der Mann versperrte mir den Weg und packte mich grob am Arm. Nun konnte ich seine blutende Wunde am Arm sehen. Kandor hatte ganz schöne Arbeit geleistet.
„Du bleibst schön hier“, zischte er und grinste gehässig.
„Das werden wir noch sehen“, rief ich zornig und trat mit meinem Fuß kraftvoll gegen seine Kniekehlen. Er knickte weg und ließ vor Überraschung meinen Arm los. Hastig rannte ich zu Kandor hin und nahm ihn behutsam auf den Arm. Langsam rappelte er sich auf. „Hast du Schmerzen?“, flüsterte ich den Tränen nahe. Er schüttelte langsam den Kopf. Erleichtert atmete ich aus und wischte mir die kleinen Wasserperlen aus den Augenwinkeln weg. Plötzlich hörte ich einen ohrenbetäubenden Lärm, so als ob jemand eine Tür ein rennen würde, diese aus den Angeln riss und zu Boden fiel. Es folgte getrampel, aufgeregte Schreie und Mona, die wütend auf Tinahel zu gerannt kam. Blitzschnell zuckte er sein Schwert und hielt es Kampf bereit vor sich. Sanft setzte ich den kleinen Wolf auf dem Teppichboden ab, sagte leise zu ihm „Du bleibst hier“, und lief hinüber zu den anderen.
Mona knurrte laut und fletschte ihre Zähne. Tinahel holte zu einem Schlag aus. Instinktiv rannte ich auf ihn zu und schrie „Nein!“ Mit Wucht warf ich ihn um, sodass mein Kopf hart auf dem Boden aufkam. Ächzend rollte ich mich von dem Mann hinunter und blieb auf meinem Rücken liegen. Stark fing mein Kopf an zu brummen, während schwarze Punkte vor meinen Augen tanzten, die aber langsam wieder verschwanden. Orientierungslos sah ich auf. Metall blitzte mir poliert entgegen. Erschrocken hielt ich den Atem an, als ich realisierte in welcher Situation ich mich befand. Tinahels Schwertspitze lag gefährlich nahe an meiner Kehle. Ängstlich schaute ich auf diese und wieder hoch zu dem schnaufenden Mann.
„Layla“, schrie Sam und wollte auf mich zu laufen. Doch Kay, der die ganze Zeit nur hinter den anderen gestanden hatte, trat nun vor und versperrte Sam den Weg mit seinem Arm. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Kandor leise hinter Tinahel trat und unschlüssig auf dem Teppich stehen blieb. Monas Knurren wurde lauter, während ihr Schwanz immer wieder hin und her zuckte.
„So, und jetzt gehen alle einen Schritt zurück oder die kleine Layla ist Tod“, befahl er laut. Sofort machten alle ein Schritt, wenn auch widerwillig, zurück und gingen in Angriffsstellung. Tot? Mein Blick huschte hektisch zu den anderen hinüber. Ängstlich krallte sich Ally an Alex fest, der sie hinter ihren Rücken schob und ernst Tinahel betrachtete, während Sam ein wenig mit Kay rangelte und versuchte aus seinem Griff zu kommen. Warum machte denn niemand was? Ruckartig versteifte ich mich, als die Klingenspitze kalt auf meiner Haut aufkam. Mit großen Augen starrte ich auf das glitzernde Metall. Was ist, wenn er mich jetzt tötete? Ich hatte doch noch mein ganzes Leben vor mir! Tränen schossen mir in meine Augen. Schnell blinzelte ich sie weg. Jetzt reiß dich mal zusammen! Verärgert, über meine Sentimentalität, zog ich meine Augenbrauen zusammen. Als meine Sicht wieder klarer wurde, sah ich verwundert auf die Klinge. Sie sah stumpf aus. Mit zitternden Händen fasste ich vorsichtig an diese und fühlte abgerundetes Metall. Wütend schaute ich zu Tinahel hoch. Verarschen konnte ich mich auch selber! Seine Augen spiegelten Fassungslosigkeit und Unglaube wieder, als ich mit Ruck seine Klinge umfasste und sie neben meinen Kopf zog. Scharf zog ich die Luft ein, als mich der Schmerz durchzuckte. Die Klinge war doch schärfer als gedacht. Schnell ließ ich das Schwert los und stand hastig auf. Blut lief an meinem Arm hinunter, während ich nun von dem Mann wegstolperte. Hilft mir doch einer, dachte ich verzweifelt. Meine Atmung wurde vor Panik schneller, als Tinahel nun auf mich zugestürmt kam. Auf halbem Weg jedoch fiel er nach vorne und direkt auf sein Gesicht. Durcheinander suchte ich nach der Ursache und entdeckte einen Augenblick später Kandor, der auf seinem Rücken stand. Alex kam schnell auf ihn zu gerannt und entwaffnete ihn. Kay nahm in der Zeit seine Hände und drückte ihn mit einem Polizeigriff auf den Boden. Erleichtert ließ ich mich auf den Boden sinken. Es war vorbei. Und ich war noch am Leben! Sam hingegen stürzte sich vor mir auf die Knie und betrachtete besorgt meine blutende Handinnenseite.

Kriegerin der Elemente [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt