Die Halbgöttin

431 32 4
                                    

Kapitel 14

Laylas Sicht:

„Wissen wir nicht genau“, murmelte Sam und half mir langsam auf. Zur Sicherheit, damit ich nicht umfiel, hielt er mich an meinen Schultern fest.
„Wie? Ihr wisst es nicht?“, fragte ich irritiert und krallte mich mit meinen Fingernägeln an seinen Armen fest. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an. Nicht gerade eine gute Voraussetzung, um standhaft zu stehen.
Sam nickte und meinte: „Du hast meinen Vater weggeschleudert und bist dann vom Boden abgehoben. Dann umkreisten dich die vier Elemente: Erde, Feuer, Wasser und Luft.“ Er zuckte mit den Schultern. Ungläubig schaute ich zu ihm auf.
„Du willst mich doch verarschen“, sagte ich skeptisch zu ihm. Schnell schüttelte er den Kopf.
„Das stimmt! Ehrlich! Frag die anderen“, deutete er mit einer Kopfbewegung hinter sich. Ich lehnte mich ein wenig nach rechts, um die anderen besser sehen zu können. Doch ich sah nur Mona, die uns neugierig musterte.
„Geht es dir gut?“, fragte sie mich.
Ich nickte und brummte gedanklich ein „Ja.“
„Wollen wir zu ihnen gehen?", riss mich Sam aus meinem Betrachten, sodass ich wieder zu ihm schaute. Erst jetzt bemerkte ich, wie nah aneinander wir standen, wodurch das Kribbeln in meinem Bauch wieder da war. Ich nickte auf Sams Frage hin, da ich Angst hatte vor Nervosität zu stottern, und ging mit seiner Unterstützung langsam auf die Hündin zu. Auch wenn ich mit ihm einen Streit hatte und er mich auf dem Schulhof mies behandelte, konnte ich dennoch nicht meine Gefühle zu ihm unterdrücken. Ich war dabei mich völlig in ihn zu verlieben. Ob ich nun wollte oder nicht, war meinem Körper egal!

Elegant stand Mona nun auf, weshalb ich nun auch die anderen sehen konnte. Schwach lächelnd beobachtete ich, wie Ally Kandor sanft auf dem Boden absetzte und er direkt über die vielen Erdlöcher auf mich zu sprintete. Laut bellend lief er um uns herum.
„Wie geht es dir?“, fragte Thieranon, als wir bei ihnen ankamen.
„Gut soweit... glaube ich“, lächelte ich verunsichert. Meine Augenbrauen zogen sich zusammen, als alle außer Sam meinen Kopf musterten. Hatte ich dort irgendetwas? Zögerlich tastete ich mich an meinen Haaren hoch, bis ich mit meinen kurzen Nägeln an etwas hartes stieß. Erschrocken schnappte ich nach Luft. Meine Augen weiteten sich vor Panik.
„Was ist das?“, fragte ich hysterisch. Energisch umgriff ich das Etwas und fuhr die Konturen nach. Ich ertastete kühle Pflanzen, die das raue Material umschlungen. Meine Gesichtszüge entglitten mir nun vollständig. Was zum Teufel war das auf meinem Kopf?
„Sie sehen aus, wie Widder Hörner, nur nicht so geringelt. Ich glaube die sind aus Holz", beschrieb Ally sie grübelnd.
„Hat jemand vielleicht einen Spiegel?“ Hoffnungsvoll schaute ich sie an. Kay kramte in seiner Hosentasche herum, zog etwas viereckiges heraus und warf es auf mich zu. Überrascht, dass er einen Spiegel hatte, sah ich ihn an und fing geschickt das Utensil mit einer Hand auf. Mir wurde angst und bange, als ich den Spiegel vor mich hielt und die Hörner auf meinem Kopf sah.

Kalsmarik mora sinstora lossske.

Überrascht ließ ich den Spiegel fallen. Was war denn das? Es hörte sich wie meine Stimme an, aber gedacht hatte ich es nicht. Verwirrt schüttelte ich den Kopf und hob schnell das viereckige Teil wieder auf.
„Ist wirklich alles in Ordnung?“, fragte Sam neben mir besorgt.
„Ja- Ja. Ich glaube schon“, fasste ich mir an meine Stirn. Was war nur los mit mir? Hörte ich jetzt etwa schon Stimmen?
„Nein tust du nicht. Ich habe es auch gehört“, meinte Mona und sah mich aus ihren blau, roten Augen wachsam an.
„Was gehört?“, fragte Sam verwirrt in die Runde. Verwundert sah ich ihn an. Hatte Mona etwa in allen Köpfen gesprochen?
„Sie hat ein Flüstern in ihrem Kopf gehört. Welche Sprache das war, weiß ich aber nicht“, erklärte Mona.
„Wiederhole es mal bitte“, forderte der König.
„Ähm... Kalsmarik mora sinstora lossske?“, wiederholte ich verunsichert. Erschrocken zuckte ich zusammen, als die Hörner von meinem Kopf fielen und dabei gegen meinen Rücken knallten. Sam fing sie zum Glück gerade noch rechtzeitig auf und übergab sie mir vorsichtig. Dankend lächelte ich ihn mit rot anlaufenden Wangen an und nahm die Hörner behutsam in meine Hände. Warum wurde ich denn jetzt schon wieder so nervös? Das war doch scheiße!
Neugierig traten die anderen näher an mich heran und beobachteten, wie sich die bunten Blüten, welche an Ranken hingen, langsam schlossen.
„Sieht aus wie ein Haarreif“, murmelte Sam neben mir. Ich nickte nachdenklich. Warum in Gottesnamen hatte ich Hörner auf dem Kopf? Okay. Ich war Widder als Sternzeichen, aber das hatte doch nichts hiermit zu tun! Oder?
Langsam fuhr ich die Konturen der Wurzeln nach, welche den Haarreif bildeten und betrachtete das etwas gerillte, dunkelbraune Holz.
„Das erinnert mich an irgendetwas“, nuschelte Thieranon, weshalb ich erwartungsvoll zu ihm auf sah. Eine tiefe Denkfalte hatte sich auf seiner Stirn gebildet. „Zeig mir mal bitte nochmal dein Tattoo“, bat er nach Sekunden plötzlich und hielt auffordernd seine Hand hin. Zögerlich zeigte ich ihm mein Handgelenk. „Das ist doch-“, hauchte er. Schlagartig sah er auf, weshalb ich vor Schreck leicht zusammenzuckte, und betrachtete die Anhänger von Mona und Kandor. „Das ist das Werk von Yuna der Mondgöttin“, rief er fassungslos aus. „Das glaube ich ja jetzt nicht! Jahrelang hat sie sich nicht blicken lassen und jetzt - jetzt hat sie ein Zeichen gesetzt. Aber was bedeutete das!" Wie ein Verrückter lief er aufgeregt umher und murmelte wirres Zeug vor sich hin. Irritiert blinzelte ich. Was war denn jetzt los?
„Vater. Klärst du uns mal bitte auf“, forderte Kay genervt. Der Mann blieb ruckartig stehen und hob den Finger. „Die Anhänger!“ Mit gerunzelter Stirn sah ich auf Monas und Kandor Brust. Die Ying- Yang Anhänger hingen nicht mehr an den Ketten.
„Sie sind der Schlüssel“, fuhr er fort und kam auf mich zu. „Layla hatte anscheinend eine Sperre in ihrem Körper, die Yuna mit diesen Ketten gelöst hat.“  Er blieb vor mir stehen und tippte auf mein Tattoo. „Sie dringen in dein Manakreislauf ein, der an dem Tattoo am stärksten ist, und reinigen dein Mana von der Sperre. Dein Körper hat es nicht geschafft die riesenmenge von Energie so plötzlich zu verarbeiten, die durch die Endsperrung frei gelassen wurde, und ist zu deinem Schutz in Ohnmacht gefallen. Dadurch konntest du aber nicht deine Kräfte kontrollieren, weshalb sie verrückt gespielt haben. Verstehst du was ich meine?“ Abwartend sah er mich an. Erstaunt nickte ich.
„Aber das klärt nicht die Frage, warum sie Hörner auf dem Kopf hat“, verschränkte Sam die Arme vor der Brust. Thieranon nickte zustimmend.
„Und was jetzt?“, stellte ich überfordert mit den ganzen Informationen die Frage in die Runde. Alle zuckten mit den Schultern und sahen sich gegenseitig ratlos an.
„Ich würde sagen, wir gehen mal zu Amaya. Sie weiß bestimmt was zu tun ist“, schlug Thieranon vor. Ich nickte zustimmend.
Mit den Hörnern in meinen Händen und Kandor bei Mona, machten wir uns auf den Weg zum Schloss.

Kriegerin der Elemente [1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt