Kapitel 11: Großes Kennenlernen

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Niall POV.

Zitternd vor Kälte stehe ich am Eingang des Hotels und warte auf die Limousine, die Zayn von seiner Arbeit abholen sollte. Alle Taxifahrer haben abgelehnt, in dieses Gebiet zu fahren, warum auch immer, also musste ich eine Limousine samt Fahrer mieten, der aber ordentlich Aufpreis verlangte. Aber was tut man nicht für Freunde? 

Ich hätte ihn ja gerne selbst abgeholt, aber Harry hat mich aufgehalten. Er hat mir stundenlang Geschichten erzählt und so kommt es, dass ich jetzt, noch nicht fertig angezogen, in der Kälte rumstehe und auf Zayn warte. 

Mit quietschenden Reifen hält  der Wagen mit den verdunkelten Scheiben vor mir. Mit einem Abwertenden Blick geht der Fahrer um das Auto herum und öffnet die Tür. Nachdem Zayn den Wagen verlasen hat, rast der Chauffeur auch schon davon. Was haben die hier alle nur? Ist er nicht ein Mensch wie wir alle auch? Er kann doch nichts dafür, dass er ein Sklave ist! 

"Hey Niall!", grinst er mich an und entblößt dabei seine perfekten, weißen Zähne. Wow, dieser junge schafft es immer wieder, mich zu überraschen. 

Ich nehme ihn vorsichtig bei der Hand und ziehe ihn mit mir in die Suite. "Ich muss mich noch umziehen, und du solltest das auch!", meine ich auf dem Weg dahin und werde einen Blick auf seine löchrige Jeans  und das schwarze T-Shirt, das er trägt. 

Eine Minute später stehe ich grübelnd vor meinem Schrank und nehme für Zayn ein weißes Hemd, eine schwarze Hose und ein schwarzes Jacket heraus. Da wir ungefähr die selbe Größe haben, müsste es passen. Zayn sieht mich verwirrt an, als ich ihm die Sachen hinhalte. 

"Guck nicht so und zieh das an. Oder willst du das wieder si etwas wie in der Bar passiert?", frage ich ihn und hoffe einfach, dass niemand ihn anpöbelt, wenn er einen Anzug trägt. 

Hastig schüttelt er den Kopf und reißt mir schon fast die Sachen aus der Hand. Als er dann etwa eine Viertel Stunde später aus dem Badezimmer kommt, traue ich meinen Augen nicht. Er sieht einfach beser aus, als jemals zuvor. Besser, als irgendwer auf dieser Welt hätte aussehen können. Seine schwarzen Haare hat er ein bisschen mit Gel verwuschelt und seinen Bart gestuzt.

Wir beide starren uns einfach nur still an, aber es ist eine angenehme Stille. Doch der Moment wird zerstört, indem Sara in die Suite hineinplatzt. 

"Wenn ihr fertig seid, könnt ihr dann endlich mal... Woah, wer zur Hölle ist das?", ruft sie überrascht und zeigt auf Zayn.

"Ich bin Zayn. Der der heute Morgen so dringend gehen musste. Schön, dich kennen zu lernen.", grinst er. Sara's Blick wechselt zwischen ihm und mir. Dass sie nicht auch noch sabbert, ist alles. 

Zehn Minuten später sitzen wir im Restaurant und begrüßen Liam, der gerade durch die Tür kommt. Sara hat sich mittlerweile wieder beruhigt und konzentriert sich voll und ganz auf Liam. 

Mir ist aufgefallen, dass niemand, wirklich niemand Zayn schräg anguckt oder irgendeinen rassistischen Kommentar abgibt. Ich würde wetten, wenn er sich jetzt die Kleider vom Leib reißt, würden ihn alle mit hasserfüllten Blicken strafen und ihn aus dem Restaurant hinausekeln. Und sowas nennt man gehobene Gesellschaft. Gott sei Dank bin ich nicht so wie mein Vater. Reichtum kann viel bewirken, nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine Mitmenschen, wenn man nicht völlig zurückgeblieben ist. 

"Du bist wohl Niall Horan oder? Zayn hat mir viel von dir erzählt! Und außerdem kenne ich deinen Vater!", meint Liam lächelnd und ich schiebe meine ernsten Gedanken von mir. 

"Ach, wirklich? Woher denn? Sara hat mir erzählt, du kommst aus London und arbeitest als Anwalt?", frage ich interessiert. 

"Hat sie das? Nun ja, ich will damit nicht angeben, aber ich bin sogar Richter. Ein Freund von mir arbeitet als Assitent von deinem Vater. Ich bin sicher, dass du ihn kennst. Louis Tomlinson heißt er."

Ich schüttle den Kopf. Diesen Namen habe ich noch nie gehört, geschweige denn von meinem ach so tollen Vater, der nur anruft, wenn er mich für einen Frensehtermin braucht. 

Zayn sieht in diesem Gespräch ziemlich verloren aus und hat anscheinend keine Ahnung, von was wir reden, aber er verfolgt es mit höchstem Interesse. 

"Wer ist eigentlich dein Freund hier?", strahlt Liam. Kann der Typ eigentlich auch mal was anderes außer lächeln? Das ist ja richtig gruselig! Aber sympatisch ist er mir trotzdem irgendwie. Sara war schon mit deutlich schlimmereren Typen zusammen. Sind die Beiden überhaupt zusammen?

"Ich bin Zayn.", antwortet Zayn kurz.

"Und was arbeitest du so? Kommst du hier aus der Gegend?"

"Ich wohne im Slum der Stadt und arbeite im Steinbruch", nuschelt er schnell, doch Liam hat es wohl verstanden, da sämtliche Farbe aus seinem Gesicht entwichen ist und er aufgehört hat zu lächeln. Wenn das so einfach geht, muss ich ihn öfter  schocken. 

"Meinst du das gerade ernst?", fragt Liam ungläubig und sieht mich dabei an. Ich nicke nur und warte auf Liams Reaktion. 

Wird er ihn jetzt verurteilen? Wird er ihn anschreien? Wird er gehen? Wird er Sara lebewohl sagen? Oder wird er verstehen, dass Zayn Hilfe braucht? Aber woher sollte Liam auch etwas über ihn wissen? Mir hat Zayn erzählt, wie er daheim behandelt wird. Mir hat er anvertraut, dass niemand ihn mag, dass jeder ihn hasst und er nirgendwo willkommen ist. Niemandem sonst. Nur mir. 

Und genau deswegen ist es jetzt an mir, ihn zu verteidigen. Schließlich kann er nichts dafür. Genausowenig wie ich etwas dafür kann, aus reichem Hause zu stammen. Liam hat kein Recht der Welt, meinen Zayn zu verurteilen. 

Sein Blick ist noch immer undefinierbar und Sara schaut schon nervös zwischen ihm und Zayn her. Sie weiß wohl genauso wenig, wie ich, was gleich passieren wird. 

A New Hope? *PAUSED*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt