Kapitel 12: Tränen

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Sara POV. 

"Warum sitzt du überhaupt mit uns an einem Tisch? Niall, warum bringst du so jemanden in eine Gesellschaft wie uns?", sagt Liam wütend. 

Ich sehe ihn fassungslos an. Das hat er gerade nicht gesagt oder? Niall denkt wohl das gleiche und Zayn laufen still die Tränen über das Gesicht. 

"Liam? Du bist wirklich nett und ich mag dich, aber wenn du so intolerant bist und Zayn nicht akzeptieren kannst, wie er ist, fürchte ich, dass du hier falsch bist.", meine ich enttäuscht. Niemals hätte ich das von ihm gedacht. 

"Sara...", fängt er an, doch ich lasse ihn nicht ausreden. 

"Geh! Jetzt!"

Schnaubend steht er auf, knallt seine Serviette auf den Tisch und stürmt aus dem Restaurant.  Niall nimmt Zayn tröstend in den Arm und ich flüstere: "Hör nicht auf ihn. Wenn er jemanden wie dich nicht akzeptieren kann, ist er definitv nicht der Richtige für mich."

Plötzlich steht er auf und sieht mich mit seinen verheulten Augen an. "Jemanden wie mich?", meint er aufgebrachtt und folgt Liam aus dem Restaurant. 

Was habe ich jetzt schon wieder falsch gemacht? So habe ich das doch gar nicht gemeint! Hilfe suchend sehe ich Niall an, doch der sitzt nur wie versteinert auf seinem Platz. Sein Gesicht zeigt keine einzige Emotion. Wahrscheinlich ist ihm das alles zu schnell gegangen.

Ich meine, was ist Liam nur für ein Arsch? Ich dachte wirklich niemals dass er so intolerant und arrogant sein könnte, aber dieser Abend hat mir wirklich das Gegenteil bewiesen. Und das alles nur, weil Zayn im Steinbruch arbeiten muss und... Moment mal.

"Niall? Ich hätte da eine Idee, wie wir Zayn helfen können!", rufe ich erfreut und Niall hebt schwerfällig seinen Kopf und sieht mich mich mit seinem leeren Blick an. "Wenn er Sklave ist, und sein Vater ihn nicht möchte, kannst du ihn dann nicht einfach abkaufen? Wenn jemand nach dem Grund fragt, kannst du sagen, dass er für dein persönliches Wohl zu sorgen hat! zumindest wäre das eine Lösung. So gesehen wäre er dann frei. Würdest du so weit für Zayn gehen?

Sofort sehe ich, wie sich seine Miene erhellt und er mich nickend angrinst. "Glaubst du, dass das funktioniert?", fragt er mich und ich nicke vorsichtig. Sicher bin ich mir natürlich nicht, aber ich kann es nicht ertragen, meinen kleinen Horan traurig zu sehen. 

Zayn POV.

 Ich renne. Ich renne einfach ziellos durch die Straßen von Lahore. Es ist mir egal, wie viele Leute mich anstarren. Es ist mir egal, dass sie mir absichtlich Beine stellen. Es ist mir egal, dass die teure Kleidung von Niall auf dem Asphalt aufgerissen wird. Es ist mir einfach alles egal. 

Verdammt, ich wusste, dass es eine schlechte Idee war, zu dem Essen zu gehen. Wie komme ich nur darauf, dass Menschen aus der Oberschicht mich akzeptieren könnten? Als gleichwertig? Sicherlich hat Niall es nur nett gemeint und auch Sara wollte mich bestimmt nur verteidigen, aber sie müssen sich nicht gegenseitig wehtun. Meinetwegen. 

Zwischen uns sind einfach zwei völlig verschiedene Welten, die niemals zusammenpassen werden. Wie soll denn das funktionieren?

Die heißen Tränen hinterlassen eine brennende Spur auf meinen Wangen und ich laufe einfach weg. Weg vor allem, Niall, Sara, meiner Familie, meinem Leben. 

Warum ich das tue? Das weiß ich selbst nicht so genau. Eigentlich hätte ich vor dem Restaurant stehen bleiben können aber stattdessen rannte ich quer durch die Stadt. 

Völlig außer Atem bleibe ich stehen und sehe mich zum ersten Mal hier um. Hier bin ich noch nie gewesen. Vielleicht kommt mir der Ort auch nur so fremd vor, weil es stockdunkel ist und ich die Hand vor Augen nicht sehen kann. 

Das Mondlicht wird von einem See gespiegelt und unter den Lackschuhen von Niall spüre ich weiches Gras. Ohne zu zögern ziehe ich Schuhe und Socken aus und fühle die Grashalme zwischen meinen Zehen. 

Erschöpft lasse ich mich auf den Boden fallen. Ich verschränke meine Hände hinter dem Kopf und starre in die Sterne. 

Noch niemals in meinem Leben war ich so allein. Weit weg von allem, was mich runterzieht. Das alles hier, die Stille, den Mond, die Sterne, das Wasser, wollte ich immer haben. Nicht mehr habe ich mir gewünscht. 

Sonst hatte ich nie ein Problem damit, allein zu sein, es war bisher immer wie eine Entspannung, fast wie Urlaub. Aber jetzt fühlt sich die Einsamkeit erdrükend an. So ganz ohne Niall fühle ich mich leer, nur wie ein Teil des ganzen. Denn er war der Einzige, der mir wirklich helfen wollte. Mit ihm Zeit zu verbringen ist einfach wunderschön, weil ich mit ihm einfach über alles reden kann. Weil ich für einen kleinen Augenblick vergessen kann, wer ich wirklich bin. 

Er gibt mir das Gefühl, jemand zu sein. Und dieses Gefühl ist es, was ich jetzt vermisse. Immer habe ich es mir so unendlich schön vorgestellt, allein zu sein. Aber jetzt brauche ich ihn. Ich will nur mit ihm allein sein. 

Doch es ist wohl besser so, wie es jetzt ist. Denn andernfalls, wenn wir mehr Zeit miteinander verbringen würden, würde ich nur noch mehr an ihm hängen. Aber die knallharte Wahrheit ist eben, dass er irgendwann auch in seine Heimat zurückkehren muss. 

Also fange ich besser jetzt schon mit dem Vergessen an. Auch wenn er wirklich außergewöhnlich ist. Jedes Mädchen sollte sich glücklich schätzen, einen Freund wie ihn zu haben. Würde er zu mir gehören, würde ich ihn niemals, niemals, niemals gehen lassen. Ich würde ihn halten, bis zum Ende.

A New Hope? *PAUSED*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt