Kapitel 18

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Gewidmet an LeasFFWelt
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Das Ende ist manchmal auch der Anfang.

Krystal Kylie
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Ich konnte nichts sehen, nichts spüren. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich schwerelos, bis mein Bewusstsein mit einem harten Fall wieder zu mir zurückkehrte. Mein Körper fühlte sich schwer an, unhandlich. Aber trotzdem zwang ich mich zum Aufstehen.
"Juzo..." hustete ich krächztend hervor. Ob es den anderen gut ging, interessierte mich nicht. Nun ja, nicht wirklich. Aber irgend ein schlechtes Gewissen in mir rührte sich und gab mir keine Ruhe. Es wäre unfair ihnen gegenüber. Schließlich hatten sie mich aufgenommen, ein Mädchen von der Straße. Mich ausgebildet, mich auch irgendwo gemocht. Und ich sie auch etwas. Aber eigentlich wollte ich sie nur retten, weil Juzo sonst von mir enttäuscht sein würde...
"Geh..." erklang eine schmerzerfüllte Stimme, "Wir kommen zurecht. Er ist weg und du solltest auch verschwinden."
"Juzo." Ich erschreckte mich selbst über die Verzweiflung in diesem einen Wort.
"Es ist egal, was du jetzt tust, oder was du für uns gerade getan hast. Du weißt es."
Schweigend drehte ich mich zu einem zerbrochenen Fenster, vor dem ein zerfetzter schwarzer Vorhang flatterte. Er hatte recht. Mein Herz tat weh und wollte diesen Umstand nicht einsehen, doch die kühle Logik behielt die Oberhand. Bereits jetzt schon schloss ich in meinem Kopf alle Guten Erlebnisse mit den Ermittlern weg, versuchte sie nur noch als lebende Objekte ohne mein erforderliches Interesse zu sehen.
"Hiermit erkläre ich Krystal Kylie, zweite Ermittlerin des zwanzigsten Bezirk, zur Flüchtigen. Auf ihren Kopf wird Geld ausgesetzt und ihre Gefangenschaft gefordert. Grund für diese Maßnahmen sind Erstens, Verbergung ihrer wahren Rasse, Zweitens, dadurch Gefährdung von Menschen und höchsten Ermittlern und Drittens Verrat an dem, von ihr, geschworenen Eid zum Schutze aller vor den Ghoulen. Den sie brach, als sie ihre Identität verschwieg. Ich, Juzo Suzuya, erster Ermittler des zwanzigsten Bezirks, schwöre als Zeuge des soeben stattgefundenen Kampfes, den Wahrheitsgehalt des eben gesprochenen Urteils und bin bereit, meine ehemalige Partnerin zu jagen und zu töten. Das Urteil wird ab morgen in Kraft treten."
Juzo trat hinter mich und ich spürte seine Hand in meiner, sein Puls raste, als er mir einen Fetzen Papier in die Faust drückte.
"Dein Bruder."
Ein Nicken von mir und schon war ich aus dem Fenster gesprungen. Wir beide waren nicht gut in Abschied nehmen und unter dem Umständen, unter denen ich gegangen war, ließen keine zusätzliche Zeitverschwendung zu. Ich wusste, dass Suzuya das einzig Richtige getan hatte, als er mich zur Verbrecherin und Verräterin erklärte. Schließlich besagten es die Regeln im CCG und es war auch zu seiner eigenen Sicherheit gewesen. Man wusste nie, wie die Menschen drauf waren. Man konnte auch eines Tages mit dem Messer an der Kehle aufwachen...
Und wieder einmal verschloss ich gute Erinnerungen tief in meinem Herzen, dazu bereit, aus dem Schatten Tokyos heraus meine Liebsten zu beschützen. Ich blieb nicht stehen, rannte durch die warme Nahtlift einfach weiter. Und wieder einmal versuchte ich vor mir selbst, meinem Schicksal und dem, das ich war, davonzulaufen. Denn wer war ich schon? Vor ein paar Jahren wäre die Antwort leicht und eindeutig ausgefallen: Eine Ghoula. Vor ein paar Monaten hätte ich ganz sicher gesagt, ich wäre eine Ermittlerin. Doch was war ich jetzt?!

Bei einem beinahe vollkommen verfallenen, ehemaligem Hochhaus blieb ich atemlos stehen, die Krallen wieder einziehend. Ein bekannter Geruch stieg mir in die Nase, den ich hier, am Rande der Stadt, überhaupt nicht erwartet hätte: Ken.
Also sprang ich an den Löchern hoch, die mal Fenster gewesen waren, um ganz oben auf ihn zu treffen. Doch derjenige, der mich auf dem Dach erwartete, war nicht der Weißhaarige. Dessen Maske baumelt jedoch vom Hals des Fremden.
Knurrend fuhr ich meine Krallen aus, jederzeit zum Kämpfen bereit. Auch wenn ich nach meinem Vater Service erschöpft war, dieser Umstand würde mich nicht davon abhalten, meine eigene Haut zu retten.
"Ken und ich garantieren in diesem Haus und Viertel deinen Schutz. Er konnte nicht selbst hierherkommen. Dein Essen besorgen wir dir. Wenn du selbst auf die Jagd gehst, werden wir dich töten." Mit diesen Worten schmiss der junge Mann am andere Ende eine Tasche in die Mitte. Völlig unbeeindruckt von meinem Fauchen drehte er sich um. Jedoch nicht, ohne mich nochmal kalt zu mustern.
"Wer bist du?" Ohne eine Antwort sprang der Unbekannte ab. Ich machte mir nicht die unnötige Mühe, ihm zu folgen. Solche Leute wussten sich zu verstecken und traten erst ans Licht, wenn es ihrer Meinung nach der richtige Zeitpunkt war.
Die Schuppenkrallen wieder einziehend ging ich langsam zur großen Tasche und umrundete sie skeptisch. Ich verfluchte mal wieder meinen nicht vorhandenen Geruchssinn, hätte ich sonst Fleisch erahnen können. Auch war es noch immer schwierig, nur mit einem Auge zurechtzukommen. Die Entfernungen wurden beinahe durchgehend falsch von mir eingeschätzt und ich verlor oft das Gleichgewicht, da ich meist etwas übersah.
Verwirrt ging ich um das schwarze Ding herum, bis ich direkt davor stand. Wieso halfen die beiden mir? Vor allem kannte ich de zweiten gar nicht. Ken hatte aber auch seinerseits eigentlich keinen Grund, mir zu helfen... Wie auch immer, ich nusste den Reißverschluss aufmachen.
Skeptisch öffnete ich die Tasche und sofort sprang mir eine medizinische Augenklappe ins Auge, daneben eine schwarze Halbmaske. Unter den leichten Gerüchen nach verdammt frischem Fleisch erblickte ich neue Klamotten. Alle in schwarz und ziemlich freizügig geschnitten. Sogar Kleider und Mäntel lagen drin, darunter schwarze Schuhe und ein Paar gleichfarbiger Stiefel. Heutzutage trug man einfach ein fröhliches Schwarz.
Als ich die Hand nach der Augenklappe ausstreckte, fiel mir Juzos letzte Nachricht aus der Hand. Auch wenn ich sehr neugierig war, zuerst musste ich einen Platz finden, wo ich ungestört blieb. Also ließ ich das Papier auf der Kleidung liegen, schloss die Tasche, schmiss sie mir über die Schulter und rannte auf die Dachkante zu. Dort sprang ich ab, drehte mich im Flug um und unter Einsatz meiner Kagune beförderte ich mich durch ein Loch in einem der obersten Geschosse. Nach einiger Suche fand ich ein, zwei Etagen darunter ein großes Zimmer mit einem Bett, einem Tisch mit tragbarer Herdplatte und Bettzeug. Neben dem niedrigen Tischen standen mehrere Kaffeepackungen und viele Filter. Eine Tasse und Löffel fanden sich auch. In einem angrenzenden, ziemlich kleinen Zimmer, befand sich eine Toilette, Dusche und Waschbecken. Diverse Hygieneartikel standen auf einem neu aussehenden Brett, das schlampig an der Wand festgenagelt worden war. Auch wenn die Einrichtung eher spartanisch war, so war dennoch alles sehr sauber.
Seufzend ließ ich mich auf das harte Bett fallen, die Tasche fiel vor meine Füße. Nach einem letzten prüfenden Blick in die Umgebung, Fenster waren zu und zugezogen, die Tür geschlossen, öffnete ich den Reißverschluss wieder und nahm mit klopfenden Herzen die inzwischen sehr zerknüllte Nachricht heraus.
Juzo hatte gemeint, dass dies mein Bruder sei, den ich solange gesucht hatte. Und wenn er sagte, dieser Junge wäre es, dann stimmte es auch. Suzuya machte keine halben Sachen. Zitternd hielt ich den noch zusammengefalteten Zettel vor meine Auge. Bevor ich ihn öffnete, erinnerte ich mich an meinen Schwur: Meinen Bruder finden, beschützen und nie wieder verlassen.
Als ich das Papier auseinanderfaltete und es las, setzte mein Herz kurz aus, um dann dreifach so schnell zu schlagen. Tränen, von denen ich nicht gedacht hatte, sie überhaupt noch produzieren zu können, tropften auf meine zerrissene Kleidung. Fielen schmerzhaft auf die letzte, offene Wunde. Schließlich holte ich tief Luft und öffnete die Vorhänge von einem Fenster direkt neben mir. Die Sonne ging gerade unter und tauchte alles in ein bedrohliches Rot-Orange.
Ein Feuerzeug lag auf dem Fensterbrett, was ich nahm und den Zettel in meiner Hand in Brand setzte. Während ich zusah, wie die Sonne langsam unterging bekannten die schicksalhaften Worte zu Asche. Als diese aus dem Fenster wehte, rief ich nochmal den Namen meines Nii-San ins Gedächtnis:
Ken Kaneki.

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Somit endet das zweite Buch meiner Tokyo-Ghoul-Reihe. Es wird auch ein Drittes geben, und sobald es raus ist, melde ich mich in diesem Buch hier wieder.
Aber eine kleine Anmerkung hier: Es macht für mich rein gar keinen Spaß, wenn es 10 mal so viele Reads gibt, als Votes. Ich sehe, wie viele ein Kapitel lesen aber auch, wie viele voten. Klar, ich hatte eine lange Pause gehabt, aber die Erklärung ist sehr persönlich. Ich konnte einfach nicht schreiben. Natürlich gibt es auch diejenige, die Kommentare und Sternchen geben, aber sehr viele tun es nicht. Und das verletzt und verunsichert einen Autor total. Bestimmt kennen das einige von euch persönlich. Deshalb bitte ich euch einfach darum, einen Vote zu hinterlassen. Und wenn euch das Kapitel nicht gefallen hat, dann wenigstens konstruktive Kritik!
Ich werde jetzt nicht mit dem Schreiben an dieser Reihe aufhören, ist es eine Bestrafung für diejenigen die voten und die Geschichte doch ganz gerne lesen würden.

Wieso ich die letzten Kapitel an carofl747 und LeasFFWelt gewidmet habe? Nun, ganz einfach: Weil sie, in der entsprechenden Reihenfolge der gewidmeten Kapitel, erraten haben, dass Ken der Bruder der Hauptperson ist. Bitte verzeiht mir, dass ich es euch nicht gleich gesagt hatte, aber es wäre ein verdammt großer Spoiler gewesen! ^-^"

Auch gilt ein großer Dank JxstxnBxebxr, der für wirklich jedes Kapitel gestimmt hat. Danke! :D

Last but not least bedanke ich mich trotz der unerfreulichen Umstände an allen restlichen Lesern und Votern. Oder nicht Votern. Einfach dafür, dass ihr die Geschichte lest. ;)

Liebe Grüße,
Lostgirl.

Fight for blood! I'm an investigatorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt