Auf nach Schottland

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Zwei Tage sind inzwischen vergangen, die ich bei Master Remond verbracht habe. Während er meine Abreise organisiert, gehe ich ihm in der Apotheke zur Hand. Im Kloster habe ich vieles über Kräuter und deren heilende Wirkung gelernt. Was mir hier sehr zu Gute kommt, auch Master Remond ist sehr begeistert von meinem Wissen. „Das hast du von deiner Mutter. Sie ist eine wahre Hexe." Etwas überrascht über eine solch frevelhafte Aussage, frage ich mich, was wirklich an den Behauptungen dieses Grafen dran ist. Doch ihn kann ich leider nicht mehr fragen. Er ist seit einigen Jahren tot und begraben. Ich fülle die letzten Kräuter in ein Glas und stelle es in das Regal. Das ist mein letzter Abend hier in Paris, schon Morgen werde ich mit Master Remond persönlich zur Küste fahren um von dort nach Schottland zu segeln. Ich werde Frankreich vermissen, aber ich freue mich auch sehr darauf meine Eltern kennen zu lernen. Wie sie wohl reagieren werden, wenn ich plötzlich vor ihnen stehe, wie ein Geist?

Ich weiss es nicht und ehrlich gesagt, macht mir das etwas zu schaffen. Immerhin könnten sie mich auch wieder fort schicken, mich für einen Geist halten, der sie nach all den Jahren heimsucht. Dass es soweit kommen wird, glaube ich zwar nicht, aber es wäre möglich. Am nächsten Morgen brechen wir in aller Herrgottsfrühe auf, die Fahrt nach Calais, das wir in etwa 3 Tagen erreichen werden, bringen wir in einer Kutsche hinter uns. Bis dahin vertreiben wir die Zeit damit einander Fragen über Kräuter zu stellen, die wir erraten müssen. So vergehen die Stunden schneller, als wenn wir die ganze Zeit schweigen würden.

Am ersten Abend kehren wir in einem Wirtshaus ein, es sieht sauber aus und auch die Kammer die ich mit dem Dienstmädchen und noch einem weiblichen Gast teile, sieht sehr ansehnlich aus. Die Nacht ist viel zu kurz, denn das Dienstmädchen und ich haben uns lange unterhalten. Claude, wie sie heisst, ist im gleichen Alter wie ich und will sich genug Geld erarbeiten, um nach Paris fahren zu können und dort ein neues Leben anzufangen. Sie ist von Zuhause weggelaufen, weil sie mit einem viel älteren Mann verheiratet werden sollte. Von dem man sich erzählt, dass er seine Ehefrauen sehr schlecht behandelte. Diesem Schicksal wollte sie entfliehen und stiel sich bei Nacht und Nebel davon, genau wie ich. Ich wünschte ihr viel Glück und habe ein kurzes Gebet an den lieben Herrn im Himmel gesprochen, dass er auf sie aufpasst und seine schützenden Hände über sie hält. Die Tage reihen sich aneinander und als hätte Petrus unseren Plan vereiteln wollen, begann es am zweiten Tag fürchterlich zu Schütten, so, dass wir gezwungen waren schon gegen Mittag in einer Gaststätte Rast zu machen.

Durch den sinnflutartigen Regen mussten wir einen Tag einbüssen und kamen beinahe zu spät am Hafen von Calais an. Doch Gott sei Dank kommen wir trotz der Verspätung rechtzeitig an Schon in einer Stunde läuft das Schiff aus und nimmt mich mit nach Schottland. Wo ich endlich meine Eltern kennen lernen werde, so Gott mir hilft und kein Sturm aufkommt, der das Schiff kentern lässt. „Pass auf dich auf, Faith. Und grüss mir deine Eltern." Master Remond streichelt mir über die Wange, der kleine Mann der mir nur bis zur Brust reicht, lächelt mich väterlich an. „Danke Master Remond. Für alles." Ich umarme ihn und winke ihm ein letztes Mal zu, bevor ich das Schiff besteige. Dort angekommen nimmt mich der Kapitän in Empfang. „Du bist also das Mündel des alten Remond, oui?"

Ich nicke und kann die Aufregung, die sich auf einmal in rasanter Geschwindigkeit in mir ausbreitet, nicht mehr länger unterdrücken. „Na dann komm. Ich will dir deine Kabine zeigen. Sie ist nicht gross, aber für die paar Wochen wird's schon gehen." Ich folge ihm und stelle fest, dass er recht hat. Die Kabine, die mehr einem Verschlag als einer Kabine ähnelt, ist noch kleiner als er sie beschrieben hat. „An Deck möchte ich dich allerdings nicht so oft sehen. Es könnte ein rauer Wellengang herrschen, ausserdem glaubt die halbe Besatzung, dass Frauen, oder besser gesagt Mädchen Unglück bringen." Ich nicke und frage, wann ich an Deck darf. „Am besten vor Sonnenaufgang, aber sobald die Mannschaft an Deck ist verschwindest du wieder." Mit einem Nicken verlässt er die Kabine und lässt mich allein. Ich schaue ihm nach und als ich ihn nicht mehr sehe, setze ich mich auf die klägliche Pritsche.

Erstgeborene OUTLANDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt