verstrichene Augenblicke

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Als ich in seine Augen blicke, habe ich das Gefühl das mein Herz vor Freude stehen bleibt. „Robert! Was machst du hier?", frage ich aufgeregt und gehe auf in zu. Fergus scheint der ganzen Sache nicht zu trauen, doch das ist mir gleich. Robert sieht mich überrascht an, doch dann breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. Ich versuche Unterschiede zu suchen, denn ich habe angenommen, dass der Tod seines Vaters ihm sehr zugesetzt hat, doch er sieht unverändert aus.

Ich bleibe vor ihm stehen und kann meine Freude kaum verbergen, als ich Fergus in meinem Rücken spüre, spanne ich mich unwillkürlich an. Denn die Situation vorhin war mehr als seltsam, ich hatte wirklich das Gefühl das er mich wieder küssen möchte. Aber dann kam alles anders. „Wie kommt es das du hier bist und nicht in Aberdeen bei deiner Familie?", frage ich ihn, nachdem er mir auf meine erste Frage keine Antwort gegeben hat. Er ist sichtlich überrascht, so sieht er zumindest aus.

„Ich musste...ich wollte...", stottert er und sieht immer wieder von mir zu Fergus, der Robert überragt und nebenbei ein Gesicht zieht, als hätte er in eine saure Zitrone gebissen. „Hast du nach mir gesucht?" Diese Idee klingt völlig absurd, aber so wie ich Robert kennen gelernt habe, denke ich, dass ich richtig liegen könnte. Robert nickt und sieht mich mit einem schwachen Lächeln an, bevor er mir jedoch erzählen kann wie es ihm ergangen ist, mischt sich Fergus ein. „Was will dieser Junge von dir?" Die Schärfe mit der er das sagt, überrascht mich und lässt mich unwillkürlich zusammen zucken. Was die Wut in mir erneut entfacht und genau von dieser Wut lasse ich mich leiten.

„Erstens geht es dich nichts an und zweitens benimmst du dich wie ein ungehobelter Kerl, obwohl ich dachte, dass du dich auch zivilisierter benehmen kannst", zische ich. Robert schmunzelt ob meinem kleinen Ausbruch, Fergus jedoch schnaubt und verdreht die Augen. „Ungezogenes Gör! Weißt du was? Du kannst mir mal den Buckel runter rutschen." Damit dreht er sich um und verschwindet zwischen zwei Häusern. Ist auch besser wenn er endlich weg ist, denke ich im Stillen. „Wer war denn das?" Robert reisst mich ins Hier und Jetzt zurück, blinzelnd schaue ich zu ihm auf. Sein Lächeln, warm und liebreizend, lässt die Wut die ich auf Fergus Verhalten heg, in Rauch auflösen. Einfach so. „Der? Das ist eine lange Geschichte, die ich dir gerne auf dem Weg zu den Pferden erzähle."

Robert lächelt und hört geduldig zu, während ich ihm die ganze Geschichte erzähle. Das Detail, das meine Mutter durch die Steine gereist ist und jetzt wieder in ihrer Zeit lebt, lasse ich absichtlich aus, auch wenn ich Robert sehr schätze, geht ihn das nichts an. Als wir bei den Pferden angekommen sind, ende ich und kann selbst kaum glauben, dass mir das alles widerfahren ist. Manchmal kommt es mir doch noch wie ein Traum vor, aber ein sehr schöner Traum. „Ich schäme mich für mein Verhalten dir gegenüber. Jeden Tag habe ich an dich gedacht und mich gefragt wie es dir ergangen ist. Aber, dass du in die Fänge zweier solcher Mistkerlen geraten würdest, hatte ich nicht geahnt. Ich hoffe du kannst mir eines Tages verzeihen."

Ich bin bestürzt über seine Reue und die Kraft seiner Schuldgefühle die er meinetwegen erlebt. Sanft nehme ich seine Hand in die meine und halte sie einfach nur fest, während ich ihm in die Augen schaue und mich frage, welchen Weg mir Gott hier auferlegt hat. Seine Nähe lässt mich ruhig und sanftmütig werden, während Fergus Nähe eine wilde und unbekannte Seite an mir zum Vorschein bringt. Was mich doch sehr erschreckt. „Da gibt es nichts zu verzeihen, Robert. Mit deiner Hilfe habe ich es soweit geschafft und, dass diese Mistkerle aufgetaucht sind, konntest weder du noch ich wissen. Also bitte hör auf dich deswegen zu quälen. Dir habe ich es zu verdanken meinen Vater gefunden zu haben, der mich zu meiner Familie bringen wird. Ich werde auf Ewig in deiner Schuld stehen, Robert."

In seinen Augen kann ich die Zuneigung zu mir erkennen und ich bin versucht ihn zu küssen, doch für ein Mädchen wie mich schickt es sich nicht den ersten Schritt zu wagen. Auch wenn ich es so sehr möchte. Doch auch Robert scheint nicht zu wissen, ob er es wagen soll oder nicht. Und dann, als eines der Pferde wiehert, ist der Moment verstrichen und Robert schaut sich das Hufeisen meiner Stute an. Nach einer Weile steht er auf und klopft sich den Staub von der Kleidung. „Was ist mit dem Hufeisen? Muss es ersetz werden?", frage ich ihn. Robert nickt und ich seufze auf, das bedeutet, dass wir noch länger hier festsitzen. Wäre Robert nicht aufgetaucht, würde mich diese Erkenntnis nicht so sehr erfreuen wie es jetzt gerade tut. „Ich denke ich dürfte Morgen anfangen können und dann könnt ihr gegen Nachmittag wieder los reiten." Lächelnd nicke ich und bedanke mich bei ihm für seine schnelle Hilfe. „Dank es mir erst, wenn ich mit der Arbeit fertig bin."

Lachend stehen wir da und schauen uns an, doch auch jetzt lässt er den Moment verstreichen und bringt mich ohne mich einmal geküsst zu haben, zurück zur Unterkunft. Im Wirtshaus sehe ich Jamie mit zwei weiteren Männern an einem Tisch sitzen, obwohl ich ihm Robert gerne vorstellen möchte, halte ich mich solange zurück bis er den Tisch verlässt. Als er uns sieht schiesst eine rote Augenbraue nach oben, was ihn etwas grimmiger aussehen lässt. „Darf ich dir Robert vorstellen? Er ist der junge Mann der mich von Aberdeen bis nach Edinburgh begleitet hat", erkläre ich Jamie. Dieser nickt und schüttelt Robert die Hand. „Es ist mir eine Ehre dich kennen zu lernen Robert. Ich bin überglücklich das du mir meine Tochter gebracht hast." Er legt ihm die Hand auf die Schulter und drückt etwas fester zu, doch Robert verzieht keine Miene.

„Die Ehre ist auf meiner Seite, Sir. Ich bin froh Ihnen Ihre Tochter wiedergebracht zu haben und noch erfreuter bin ich, sie hier wieder getroffen zu haben." Jamie lacht und meint, dass die Welt sehr klein ist und ich stimme ihm da nur zu. „Mit der Stute ist alles in Ordnung?", fragt er ihn. Während Robert ihm erklärt was mit Brimstone's Hufeisen ist, halte ich Ausschau nach Fergus. Auch wenn ich es mir nicht eingestehen will, empfinde ich etwas für ihn. Aber was für ein Gefühl ist, weiss ich nicht. Was ich weiss ist, dass es das völlige Gegenteil ist was ich für Robert empfinde. Doch zu meiner eigenen Enttäuschung kann ich Fergus nicht sehen, er scheint nach wie vor unterwegs zu sein. Wahrscheinlich vergnügt er sich mit einem leichten Mädchen, oder lässt sich in einer Schenke volllaufen. Beides ein verächtliches Benehmen, dennoch lässt ihn dies nicht zu einem schlechteren Mann werden.

„Was meinst du, Faith?" Jamies Stimme reisst mich aus meinen Gedanken und sieht mich fragend an. „Was?", frage ich verwirrt und hoffe das er meine Gedanken nicht erraten kann. „Was würdest du dazu sagen, wenn Robert uns begleitet?" Ungläubig stehe ich da und schaue meinen Vater an, doch dann lächle ich und falle ihm um den Hals. „Das würde mich sehr freuen." Jamie lacht und meint, dass Robert uns nach Lallybroch begleiten kann. „Ich muss noch einige Sachen besorgen, aber es hat mich gefreut dich kennen zu lernen, Robert." Jamie verabschiedet sich von uns und verlässt die Schenke, als die Tür zufällt schaue ich Robert glücklich an. „Jetzt kannst du dein Versprechen doch noch einhalten." Er nickt und lächelt mich glücklich an. „Das werde ich und dieses Mal mache ich es wahr. Wir sehen uns morgen, ich wünsche dir eine angenehme Nachtruhe."

Er nimmt meine Hand und haucht einen federleichten Kuss darauf, fasziniert schaue ich auf den Handrücken, auch dann noch, als Robert schon längst gegangen ist. Innerlich beschwingt gehe ich nach oben in meine Kammer, doch davor werde ich von Fergus aufgehalten. „Das Klostermädchen hat wohl einen Verehrer", höhnt er. Ich drehe mich wütend um und sehe wie er vor mir steht, breitbeinig und mit verschränkten Armen. Sein Blick ruht auf mir und erinnert mich an einen Wolf, der das ruhig grasende Lamm im Visier hat. Ein Schauer läuft über meinen Rücken, als ich daran denke das er der Wolf und ich das Lamm sein könnte. „Robert ist ein Ehrenmann, einer der es gut mit mir meint. Im Gegensatz zu..."

Ich verstumme, weil ich nicht will, dass er das hört. Was Fergus ziemlich neugierig werden lässt, denn er kommt auf mich zu und bleibt dicht vor mir stehen. „Im Gegensatz zu wem?" Er drängt mich immer mehr an die Wand und als ich sie tatsächlich im Rücken spüre, fühle ich die Hitze in mir aufsteigen. Wieso macht Fergus das mit mir? „Das geht dich nichts an", zische ich wutentbrannt. Fergus Augen blitzen und sein Atem streift meine Wange. „Ach nein? Vielleicht gibt es noch mehr Verehrer, Klostermädchen. Vielleicht wäre es an der Zeit sich etwas besser umzusehen." Damit lässt er mich stehen und geht die Treppe nach unten, ich stehe da und weiss nicht was ich fühlen soll. Ich atme tief ein und wieder aus, versuche meine Gefühle zu ordnen, doch das ist einfacher gesagt als getan.

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oh je, was soll das denn bedeuten? Bald geht es nach Lallybroch, wie es dort wohl zugehen wird?

eure Amanda

Erstgeborene OUTLANDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt