Gefühlsausbruch

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„Ist alles in Ordnung?" Jamie steht plötzlich vor uns und wir schnellen auseinander. Fergus steht ruckartig auf und ich ebenfalls. Errötend senke ich den Blick, das ist mir schrecklich unangenehm, schlimm genug, dass er uns so gesehen hat und dann ist es ausgerechnet noch mein Vater. Während Fergus sich die Erde von seiner Kleidung klopft, spüre ich den Blick meines Vaters überdeutlich auf mir. Keiner sagt etwas, es herrscht absolute Stille nur das zirpen der Grillen ist zu hören.

„Ich denke du gehst jetzt besser schlafen." Jamies Stimme ist zwar leise, dennoch höre ich heraus, dass er verärgert ist. Ich nicke und setze mich in Bewegung, doch ich kann nicht anders als über die Schulter zu schauen und sehe, wie Fergus mich anfunkelt. Er sieht ebenfalls verärgert aus, dennoch erkenne ich in seinen Augen ein Glitzern das mein Herz einen Satz machen lässt. Ich höre wie Jamie etwas zu Fergus sagt, aber ich kann nicht verstehen was die beiden zu bereden haben. Mit gemischten Gefühlen gehe ich zurück zum Lager und lege mich in der Nähe des Feuers auf den Boden.

Minuten vergehen, in denen nur das Zirpen der Grillen zu hören ist. Als ich mich frage wo die beiden bleiben, höre ich Schritte. Schnell schliesse ich die Augen und stelle mich schlafend, was Fergus und meinem Vater nicht aufzufallen scheint, denn sie reden leise weiter. „Ich habe dich wie meinen eigenen Sohn behandelt und das ist der Dank dafür. Aye, Faith ist ein Geschenk das mir der liebe Gott im Himmel gemacht hat, aber das heisst noch lange nicht, dass ich mir einen Schwiegersohn wie dich wünsche. Ich sage es nur einmal, lass deine Griffel von ihr, sonst kannst du das nächste Schiff nach Amerika nehmen und dich in den Kolonien herumtreiben und dort die Mädchen verrückt machen."

Die gepresste Stimme meines Vaters klingt fremd und irgendwie Furcht einflössend, dennoch freut es mich, dass er mich beschützen möchte. Noch nie hat mich jemand beschützt, sicher, die Mauern des Klosters haben jegliche Eindringlinge ferngehalten, aber beschützt hat mich dennoch niemand. Dies jetzt zu spüren, ist neu und fühlt sich gut an. Sehr sogar. Dennoch finde ich es etwas übertrieben wie er ihn bedroht hat. Fergus brummt etwas was ich nicht verstehe und legt sich zu den Pferden, während Jamie wie angewurzelt stehen bleibt. Er hat bemerkt, dass ich noch wach bin, denn seine Augen stechen sich in meine und ein leichtes Lächeln huscht über sein angespanntes Gesicht. Schnell schliesse ich die Augen und höre, wie er sich in meiner Nähe niederlässt und noch ein paar Äste nachlegt.

Nach und nach legt sich die Stille über unser Lager, hüllt uns alle in ihre wärmende Decke und lässt uns friedlich schlafen. Kurz vor Sonnenaufgang weckt mich Jamie, ich drehe mich noch einmal um und stehe dann schliesslich doch auf. Unser Frühstück wird wohl eher ein Mittagessen werden, denn wir brechen schon nach kurzer Zeit auf. Als ich zu den Pferden gehe, treffe ich auf Fergus der weder mein Lächeln erwidert, noch wünscht er mir einen guten Morgen. Er hat sich wohl die Worte meines Vaters sehr zu Herzen genommen, schiesst es mir durch den Kopf und lässt mich seufzen. Nachdem ich Brimstone gesattelt habe, brechen wir auf. Während Fergus und mein Vater voran reiten, lasse ich es etwas gemütlicher angehen.

Denn die Sonne geht gerade über der rauen Landschaft Schottlands auf und lässt die sonst so unberechenbare Natur, wie ein friedlich schlafendes Kind aussehen. Der Nebel lichtet sich immer mehr und die ersten Sonnenstrahlen lassen die Tautropfen auf den Grashalmen glitzern. Ein wahres Naturschauspiel. Gegen Mittag erreichen wir ein Dorf, was die Hälfte unserer Strecke symbolisiert. Ein verschlafenes Örtchen, was dennoch einladend und friedlich wirkt. Die Menschen gehen ihren täglichen Müssigkeiten nach und scheinen sich an uns Fremden nicht zu stören. „Geh in der Schenke bescheid sagen, dass sie uns etwas zu Essen bereitstellen und die Pferde tränken und füttern sollen."

Fergus nickt und reitet davon, während Jamie und ich langsam durch die Strassen traben. „Ehrlich gesagt, weiss ich nicht wie ich...die gestrige Situation deuten soll. Aye, ich weiss es natürlich, denn auch ich war einmal in deinem Alter, doch wie soll ich es sagen? Fergus ist ein Wildfang, ein Herzensbrecher und Frauenheld. Ich denke nicht, dass er ein guter Ehemann für dich wäre. Versteh mich bitte nicht falsch, ich liebe Fergus wie meinen eigenen Sohn, aber für meine erstgeborene Tochter wünschte ich mir einen besseren Ehemann." Ich schaue ihn lange an und weiss nicht was ich darauf antworten soll, doch dann strecke ich meine Hand nach dem Arm meines Vaters aus und lächle ihn an.

Erstgeborene OUTLANDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt