Schuld

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Nachdem ich lange genug vor dem Haus gestanden habe, gehe ich wieder nach oben. Fergus glüht nach wie vor. Ich wechsle die Umschläge und hoffe, dass mein Vater bald kommt. Doch wenn nicht, dann muss ich mich entscheiden. Um Fergus Fieber zu senken, muss ich zur Herberge um die nötigen Kräuter zu holen, doch dazu muss ich ihn alleine lassen und das erscheint mir, nach allem was er für mich getan hat, nicht rechtens. Der innerliche Kampf in mir, lässt mich unruhig hin und her laufen. Immer wieder kühle ich seinen Körper, doch er scheint nur noch mehr zu fiebern.

„Ich kann dich nicht sterben lassen, deshalb muss ich gehen", sage ich leise und streiche ihm eine nasse Locke aus dem Gesicht. Draussen ist es bereits stockdunkel und die Angst sitzt mir die ganze Zeit im Nacken, als ich durch die engen Gassen von Edinburgh haste. Immer wieder blitzen die Bilder vor meinem geistigen Auge auf, wie sich die beiden Kerle an mir vergreifen wollten und Fergus mein Leben rettete und dafür selbst verwundet wurde. Ich bete zu Gott, bitte ihn darum meinen Retter zu verschonen und konzentriere mich danach, wie ich zum Hurenhaus komme, in dem sich meine persönlichen Gegenstände befinden.

Nach einer halben Ewigkeit erreiche ich endlich die Strasse und atme erleichtert aus, als ich das Haus gefunden habe. Es kostet mich zwar einiges an Überwindung hinein zu gehen, aber ich habe eine Aufgabe zu erfüllen und vielleicht finde ich hier ja meinen Vater, oder den Mann den ich beauftragt habe ihn zu finden und zu mir zu schicken. Ich klopfe ein paar Mal und warte bis die Tür geöffnet wird. Ein Mädchen das ich nicht kenne macht auf und sieht mich eigenartig an. „Ich muss zu Mr Malcom...er wohnt hier und ich...ich bin seine Tochter", stottere ich und fürchte das sie mich auslacht und mir die Tür vor der Nase zuschlägt.

Doch sie macht keines von beidem, stattdessen nickt zu und macht mir Platz. Mit wild pochendem Herzen trete ich ein und sehe mich um, doch ich kann ihn weder sehen, noch seine Stimme hören. „Ist er hier? Mr. Malcom?", frage ich sie. Das Mädchen hat blondes Haar und blaue Augen, sie sieht hübsch aus und ist nur wenige Jahre älter als ich. Ich frage mich wie es sein muss, seinen Körper an Männer zu verkaufen. Sicher nicht der schönste Beruf den es gibt. „Nein, der ist nicht hier.", gibt sie von sich und mischt sich wieder unter die Leute, die nebenan lautstark singen, oder sich betrinken.

Kopfschüttelnd gehe ich nach oben und höre eindeutige Geräusche, dass das Zimmer nebenan für unsittliche Dinge genutzt wird. Ich versuche nicht hinzuhören und öffne die Kammer und finde niemand darin vor. Enttäuscht suche ich nach meinem Beutel, den ich unter dem Bett finde. Schnell schaue ich nach ob alles darin ist, was ich brauche, danach suche ich nach Tinte und Feder. Wenn ich mich auf keinen verlassen kann, so muss ich halt selbst dafür sorgen. Als ich alles gefunden habe was ich benötige, schreibe ich in aller Hast einen kurzen Brief in dem ich ihm alles erkläre. Danach nehme ich mir den Beutel und verlasse so schnell ich kann den Raum und danach das Hurenhaus.

Draussen bleibe ich stehen und atme die klare Nachtluft ein. Ich gestatte mir einen Augenblick stehen zu bleiben und geniesse wie der Wind meine Wangen kühlt. Doch die Angst um Fergus treibt mich schnell weiter, da ich mir einige Anhaltspunkte gemerkt hatte, finde ich den Weg schneller und komme nach kurzer Zeit in der Druckerei an. Doch sie ist immer noch dunkel und nur oben, wo Fergus im Bett liegt, brennen der Kamin und einige Kerzen die ich gefunden hatte. „Ich bin wieder da und habe endlich die Kräuter die hoffentlich das Fieber senken werden.", flüstere ich, während ich die Kräuter zerstosse, die ich für einen Trank, sowie für die Wickel verwenden werde. Nachdem ich alles getan hatte was ich konnte, liess ich mich auf den Stuhl nieder und sah ihm eine Weile zu.

Die Kräuter scheinen zu wirken, denn er wird ruhiger und schläft tiefer. „Du vermisst deine Heimat sicher sehr. Mir geht es auch so", flüstere ich. Auch wenn ich froh bin hier bei meinem Vater zu sein, so vermisse Frankreich schon.

Erstgeborene OUTLANDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt