Achtzehn

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Ungeschickt werfe ich ihm den Ball zu. Er fängt ihn und schmettert ihn sofort in den Korb. Pah der Angeber.

"So ein schlaues Mädchen wie du muss doch bestimmt studiert haben."

"Das ist keine Frage, Dylan", gebe ich mit verschränkten Armen zurück.

Er lacht und wiederholt es als Frage "Was hast du studiert?"

"Kunst an der University of Colorado Denver."

"Du kommst aus Denver?", fragt er und scheint echt interessiert zu sein.

"Na na Freundchen nur eine Frage pro getroffenem Korb." "Zicke", kommentiert er bloß.

Ich ignoriere es, nehme ihm den Ball aus der Hand und ziele auf den Korb, treffe aber nicht. Leicht traurig schiebe ich meine Unterlippe vor.

"Nicht traurig sein, meine kleine Zicke. Du hast noch Chancen", zwinkernd nimmt er den Ball, schaut mich an und trifft ohne den Blick von mir zu nehmen. Was ist er ein verdammter Basketballprofi?

"Wieso bist du hierher gezogen?", fragt er sobald der Ball durch ist.

An die Erinnerung, wieso ich hierher gezogen bin, zieht sich etwas in mir zusammen.

"Wieso? Gefällt es dir nicht, dass du eine Nachbarin hast, die du nerven kannst?", versuche ich vom Thema abzulenken und hebe den Ball vom Boden auf.

"Du bist ein hochinteressantes Mädchen, Joy Collister. Und es gefällt mir sogar sehr dich auf die Palme zu bringen, aber du hast die Frage nicht beantwortet."

Hochinteressantes Mädchen. Ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, das ist schnell wieder verschwinden lasse.

Ich zucke mit den Schultern "Es gab ein paar Problemchen mit meinem Vater."

Er nickt verständlich.

Ich bin dran. Konzentrier dich Joy... Der Ball ist in der Luft uuuund... trifft den Ring. Super. Ich will gerade den Ball holen gehen, als er sich um den Ring dreht und in den Korb fällt.

"JAA!" Ich mache einen Luftsprung und Dylan lacht herzhaft.

Ich schaue ihn Ernst an "Was ist deine größte Angst?"

Seine Miene ändert sich schlagartig von fröhlich zu bitter, zu... traurig? Seine silbernen Augen bohren sich in meine grünen und ich sehe irgendwas darin aufblitzen. Was, kann ich aber nicht genau sagen. Es sieht aus wie eine Mischung aus Wut und Ekel oder so.

"Na los, du Matcho. Antworte." Er mustert mich, sucht mein Gesicht nach irgendetwas ab. Es scheint, als würde er überlegen, wie er diese Frage beantworten soll.

"Menschen zu verletzen, die mir etwas bedeuten", sagt er schnell und senkt leicht den Kopf. Was ist auf einmal los mit ihm? Das Klima trübt sich, als ich ihn so sehe. Irgendwie habe ich mit ihm Mitleid. Weswegen auch immer.

"Was ist los? Du bist doch sonst nicht so still. Was ich eigentlich begrüßen würde, so laut wie du deine schreckliche Musik immer aufdrehst", kläglich scheitere ich daran, die Stimmung wieder ein wenig zu lockern.

"Na na Freundchen nur eine Frage pro getroffenem Korb", wiederholt er meinen Spruch von vorhin und wirft den Ball. Natürlich, wie auch sonst. Er trifft und das sogar ohne den Ring zu treffen. Dieses Spiel ist unfair. Er ist sehr gut darin, während ich nicht mal als Anfänger zähle.

"Wieso arbeitest du in einer Bar, wenn du Kunst studiert hast?", fragt er erwartungsvoll.

"Ich hab bei meiner Jobsuche nicht meinen Abschluss erwähnt", antworte ich schulterzuckend.

"Wieso nicht? Ich meine du könntest einen besseren Job haben, als in einer Bar zu arbeiten. Ein Ort an dem eine Frau, wie du, nichts zu suchen hat", leicht aufgebracht starrt er mir ins Gesicht.

Warum sagen das alle? Reece hat das auch gesagt. Eine Frau wie ich. Was soll das überhaupt bedeuten?

"Ich mag den Job und der Chef ist nett. Sorg dich um deine eigenen Sachen, Dylan."

"Du kannst dich nicht beherrschen, wenn du mal angefangen hast zu trinken!", er macht einen Schritt auf mich zu.

"Warum kümmert es dich, wie viel ich trinke und wo ich arbeite?", gebe ich ungewollt scharf zurück und gehe ebenfalls einen Schritt auf ihn zu.

"Es kümmert mich eben!", schreit er mir ins Gesicht und ich verstumme. Sein Atem geht schnell genau wie meiner. Das ist nicht der Dylan, der gerade noch mit seinem arroganten Grinsen ein Korb nach dem anderen getroffen hat.

"Du bist so eine Zicke", haucht er wieder ruhig. Uns trennen keine fünfzehn Zentimeter.

Aus welchem Grund auch immer, muss ich grinsen.

"Ich bin ein Rätsel in einem Mysterium, eingewickelt im Mantel einer Zicke", gebe ich genauso ruhig zurück.

"Oder auch nur ein in sich zerrissener Mensch, der sein Ziel aus den Augen gelassen hat."

"Ich brauch dich nicht um mich oder meine Arbeit zu verteidigen. Und ich brauch dich auch nicht um mich zu analysieren oder zu interpretieren", ich streiche mir eine Strähne, die sich aus meinem Pferdeschwanz gelockert hat, hinter's Ohr. "Ehrlich gesagt bin ich mir sicher, dass ich dich gar nicht brauche.", sage ein wenig lauter und will gehen.

Doch er hält meinen Arm fest.

"Ganz sicher?", fragt er zwinkernd und kommt mir wieder ganz nah. Und ich dachte er hätte sich in diesen zwei Minuten geändert. Irgendwie habe ich etwas nettes oder beruhigendes erwartet.

Ein selbstgefälliges Grinsen schleicht sich auf seine Lippen. Schon steht der alte Dylan vor mir.

A/N: Die Lesenacht startet heute um 20 Uhr 🙈❤

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