Sechzig

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Es sind über drei Wochen vergangen und Dylan ist immer noch weg.

Ich bin so sauer auf ihn, dass ich ihn gleich umbringen werde, sobald er wieder da ist.

"Und du hast immer noch nichts von ihm gehört?"

"Nein, kein Sterbenswörtchen", schreie ich sie an. Außer alle paar Tage eine Nachricht, in der drinnen steht, dass alles in Ordnung ist und ich mir keine Sorgen machen sollte. Und wenn ich darauf mit einem Text, den man als halbes Roman verkaufen könnte, antworte, schreibt er natürlich nichts zurück. So ein Vollidiot! Und dann soll alles in Ordnung sein? Und keine Sorgen soll ich mir machen. Pah das ist nicht Lache! Für ihn, hoffe ich dass er sich nicht blicken lässt, sonst kann er sich nirgends mehr blicken lassen.

Twyla war in den letzten, bisher beinahe vier, Wochen ein paar mal bei mir und ich habe ihr alles erzählt.

"Ich bin so wütend auf ihn, dass ich ihn am liebsten den Kopf abreißen würde!" Ich beiße wütend in mein mit Käse überbackenes Wurst-Brötchen.

"Deswegen hast du auch die ganze Zeit sein Shirt an", sie funkelt mich belustigt an. Ich schaue an mir runter. Als Dylan aus dem Apartment gegangen ist, hat er seine Hose und dieses Shirt dagelassen und seitdem trage ich es fast ununterbrochen. Es ist schwarz, hat eine weiße Aufschrift Rise Against und darunter ist ein Bild von einem Stacheldraht-Zaun. Davor ist eine schwarze Figur, ich glaube es ist ein Soldat und links daneben ist ein rotes Herz, durch dessen Mitte eine sich in die Höhe erstreckende Faust zieht. Außerdem wird das Herz von zwei Pfeilen umkreist. Ich habe es gegoogelt und allem Anschein nach ist Rise Against eine Band. Ich hab reingehört, das ist die kranke Scheiße, die Dylan immer so laut hört.

Ich bin nicht Stolz drauf, aber ich kann nicht aufhören deren Lieder rauf und runter zu hören. Die Lieder Savior und Make It Stop haben es mir besonders angetan.

"Ich mag das Shirt", gebe ich kleinlaut von mir und beiße wieder in mein Brötchen rein. Noch während dem Kauen, schiebe ich ein "Es riecht so gut nach Dylan" hinterher.

"Man redet nicht mit vollen Mund, erstens. Zweitens, kann es gar nicht mehr nach ihm riechen, weil du es wahrscheinlich länger anhattest als er." Damit hat sie auch recht, aber ich weigere mich es zu waschen.

"Es ist auch gemütlich, weißt du?" Sie schüttelt nur grinsend den Kopf und dreht sich wieder zum Fernseher. Ich hab in den letzten Wochen Gossip Girl, O.C. California und Lucifer durchgesuchtet.

Gerade schauen wir Lucifer. Es ist einfach nur süß, wie er mit der Kleinen gut auskommt und da soll mal einer sagen, der Fürst der Hölle hätte kein Herz!

"Hast du eigentlich schon einen Termin für die Ultraschalluntersuchung?" Ich schaue weiter gebannt auf den Fernseher.

"Nein, aber ich soll demnächst einen ausmachen, hat Dalia gemeint, als ich die Praxis angerufen habe um zu fragen, ob ich irgendetwas Spezielles beachten muss, bezüglich Essen und Trinken." Was alles im Internet steht macht einen total verrückt.

"Und wirst du es Dylan sagen, damit er mitgehen kann?", fragt sie neugierig.

"Wenn der Vollidiot sich mal wieder blicken lassen würde", gebe ich verzweifelt von mir und schnaube dann direkt auf "Als ich für fünf Tage nach Denver geflogen bin, ist er durchgedreht. Was soll ich da machen, wenn er fast vier Wochen verschwindet?"

"Ich sollte einen Ordnen für meine Geduld bekommen!", nörgle ich weiter.

"Und wehe er kommt mir dann mit einer eingespielten Ausrede, von wegen sein Hamster wär gestorben!" Ich weiß Twyla kann nichts dafür, aber trotzdem bekommt sie alle paar Tage die selben Morddrohung, die an Dylan gerichtet sind, von mir zu hören.

"Dann kann er sich von seinen zehn Fingern verabschieden", ich esse den letzten Bissen auf "und die Zehen auch! Die wird er eh nicht mehr brauchen, wenn er im Grab liegt!"

Twyla lacht und verschluckt sich fast an ihrem Eistee.

"Obwohl, vielleicht sollte ich ihm die Zehen doch dranlassen", überlege ich laut "und ihm das Bein abhacken, dann kann ich ihm mit seinem eigenen Fuß einen Arschtritt geben, der ihn dann ins Grab befördert."

"Das ist eine gute Idee, ich hack ihm seinen Arm auch ab und er kann sich mit seiner eigenen Hand eine runterhauen."

"Aber das kann er doch auch wenn sein Arm dran ist?", höre ich plötzlich eine Stimme neben mir und schaue Twyla entrüstet an.

"Du sollst mir doch helfen meine Rache- und Mordpläne auszumalen und sie mir nicht in den Rücken fallen!"

"Du bist verrückt", lacht sie und dreht sich wieder dem Fernseher zu.

Ist es verrückt denjenigen, den man liebt, über Alles zu hassen?

JoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt