Vierundsiebzig

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Dylan und ich sitzen jeweils an einer Seite des Krankenhausbettes, auf dem Avery liegt. Meine Hand liegt in seiner und er lächelt mich liebevoll an.

"Kaum habe ich dich, verliere ich dich sofort wieder", spricht er leise um Dylan nicht aufzuwecken. Ich schüttle, mit Tränen in den Augen, den Kopf und führe seine Hand an meinen Mund um einen Kuss aufzudrücken. Er legt sie auf meine Wange, wobei ich mich leicht gegen seine warme Hand lehne.

"Bitte, wein nicht." Ich habe es versucht. Wirklich versucht. Aber länger kann ich die Tränen nicht halten.

"Avery, weißt du warum ich immer Kreise auf deinen Oberarm gezeichnet habe, nachdem wir miteinander geschlafen haben?", frage ich ihn schluchzend und schaue in seine wunderschönen silbernen Augen, die mich fragend mustern.

"Ich wusste nie, warum es sich so gut anfühlt sie zu zeichnen, aber jetzt weiß ich es."

"Warum?"

"Weil ich, wenn ich mit dir zusammen bin, ich mich wie in einem Kreis fühle. Einen Kreis den man nicht verlassen kann, weil man von etwas in der Kreismitte zu sehr angezogen wird." Er schaut mich verwirrt an.

"Du bist das etwas in der Kreismitte. Du bist meine Kreismitte, Avery. Du bist der Mittelpunkt meines Lebens und wirst immer in meinem Herzen sein. Ein sehr großer Platz in meinem Herzen ist für dich auf alle Zeiten reserviert und du wirst für immer in diesem Platz verweilen." Ich mache eine kurze Pause und küsse wieder seine Hand, die immer noch auf meiner Wange gelegen hat.

"Und deswegen, verlieren wir einander nicht. Weil du immer in meinem Herzen sein wirst, egal wo wir sind." Er nickt verständlich und streicht mir eine Strähne hinters Ohr.

"Du bist mein Herz", antwortet er und zieht mich für einen Kuss zu sich runter. Unsere Lippen verschmelzen leidenschaftlich miteinander, bis jemand sich räuspert und wir unsere Münder trennen.

Mit roten Wangen sehe ich zu Dylan, der mittlerweile hellwach in seinem Sessel mir gegenüber sitzt.

"Soll ich vielleicht rausgehen, damit ihr weiter machen könnt?", fragt er rhetorisch, wobei er auf die Tür zeigt und Anstalten macht aufzustehen. Ich muss über seine Reaktion lachen. Avery sieht mich schmunzelnd an, während ich seinen Bruder auslache.

"Ich geh mal in die Cafeteria und hol mir... ich weiß nicht... vielleicht einen Kaffee...?" Dylan stolpert beim Rückwärtsgehen und fällt fast hin, was mich dazu bringt noch lauter zu lachen.

Ich schüttle grinsend den Kopf, als er es endlich geschafft hat, ohne nochmal zu stolpern, aus der Tür zu treten.

"Baby, ich habe eine Bitte an dich", kommt es schmunzelnd von Avery als Dylan die Tür hinter sich zumacht.

"Alles" gebe ich mit einem Grinsen von mir und sehe in seine silbernen Augen. Doch bei seinen nächsten Worten erstirbt das Grinsen auf meinem Gesicht.

"Ich will dass du glücklich wirst, wenn ich nicht mehr da bin", fängt er an. Ich runzle die Stirn und wie auf Knopfdruck füllen sich meine Augen mit Tränen.

"Und wenn Dylan dich zum Lachen bringen und dich glücklich machen kann, dann gebe ich euch meinen Segen. Heirate ihn und zieh unsere Tochter mit ihm auf, als wäre es seine Tochter."

Sofort lasse ich seine Hand los und schüttle ungläubig den Kopf. Wut steigt in mir auf, obwohl die Tränen in meinen Augen etwas anderen sagen.

"Nein!", wieder schüttle ich ausdrucksvoll meinen Kopf. "Das... Das kannst du doch nicht ernst meinen. Das kannst du nicht verlangen!"

"Ich verlange es nicht", spricht er sanft. "Ich meine nur, wenn sich zwischen euch etwas entwickeln sollte, dass ihr meinen Segen habt."

"Zwischen uns ist aber nichts!" Aufgebracht gehe ich vor seinem Bett auf und ab.

"Jetzt vielleicht noch nicht. Aber ich weiß, dass Dylan dich mag und es geht sogar übers Mögen hinaus. Ich liebe meinen Bruder und ich liebe dich und wenn ihr irgendwann einander lieben solltet, dann sollst du wissen, dass es Ok ist."

JoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt