Teil 25

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Für den nächsten Morgen hatte ich mir eigentlich vorgenommen, auszuschlafen. Wäre da nicht Sofi, die punkt 6:00 Uhr draußen stand und Sturm läutete.

Rosalie hatte es am vorigen Tag wirklich geschafft, mich zum Lachen zu bringen. Und das nicht nur einmal. Wir hatten uns „Türkisch für Anfänger“ angesehen und an manchen Stellen wäre ich vor Lachen fast vom Bett gefallen. Ich war ihr unendlich dankbar, dass sie es geschafft hatte, mich nach wochenlanger Depriphase wieder einmal zu einem ehrlichen Lachen zu bewegen.

Als uns nach der vierten Tafel Milka-Schokolade schlecht wurde, legten wir eine kurze Kakaopause ein, bevor wir uns über die Popcorn hermachten. Ehrlich, ich kam mir richtig mies vor, und hatte mir geschworen, nachher auf die Toilette zu laufen, und alles aus mir heraus zu würgen, doch es schien, als hätte Rosa eine Vorahnung, denn sie ließ mich den restlichen Abend nicht mehr aus den Augen.

„YOLO“, erinnerte sie mich immer wieder aufs Neue.

Jetzt richtete ich mich langsam auf und gähnte. Als ich einen Blick auf die Uhr meines Weckers warf, fiel ich sofort wieder zurück in mein Kissen. So heftig, dass Rosalie aufwachte.

„Jamila“, rief sie und fuchtelte wild in der Luft herum.

Ich konnte mir ein Lachen echt nicht verkneifen.

„Es hat geklingelt“, murmelte ich, gähnte nochmal und stand auf.

Rosa drehte sich um und schloss wieder ihre Augen, während ich benommen, in meinen Bademantel gewickelt, zur Türe schlenderte.

„Morgen.“

Sofi war übertrieben guter Laune, und ich fragte mich, was um alles in der Welt sie so früh hier zu suchen hatte.

„Ich habe Frühstück mitgebracht“, jodelte sie.

„Sofi, hast du schon Mal auf die Uhr gesehen?!“

„Du hast doch gesagt, ich solle heute wieder kommen. Hier bin ich. Ich will mit dir reden.“

„Ja wenn’s unbedingt sein muss. Aber ich sag’s dir gleich, Rosa ist auch hier, und sie wird bestimmt nicht nachhause gehen, bloß weil du jetzt hier bist.“

Ich hatte ihr zu spüren gegeben, dass sie störte und ich sie eigentlich nicht mehr sehen wollte. Aber so war es nicht, ich war echt froh darüber, dass sie reden wollte, auch wenn ich nicht genau wusste, über was.

„Gib mir fünf Minuten, ich wecke Rosa auf und ziehe mich an, dann komme ich“, sagte ich und verschwand wieder im Zimmer.

Schnell informierte ich Rosalie über die Neuigkeiten, dass Sofi „reden“ wollte, dass mir die Sache etwas komisch vorkam und dass ich wollte, dass sie dabei war. Dann warf ich ihr ein T-Shirt aus meinem Schrank zu und ging schon einmal vor in die Küche.

Sofi war gerade dabei, den Tisch zu decken und ich beschloss, ihr zu helfen. Die ganze Zeit über sprach sie kein Wort. Es war auf irgendeine Art und Weise komisch. Als Nutella, Marmelade, Butter, Käse, Wurst, Milch, Kakao und Semmeln auf dem Tisch standen, fiel mir erst auf, wie viele Kalorien das ganze Zeug eigentlich hatte und schon verging mir der Appetit. Ich würde davon keinen einzigen Bissen runter bekommen. Wenn ich an die ganzen Süßigkeiten von gestern Abend dachte, verspürte ich wieder den Drang, es aus meinem Körper heraus zu bekommen. Doch dafür war keine Zeit mehr. Rosalie betrat verschlafen den Raum, umarmte Sofi flüchtig und setzte sich an den Tisch.

„Ich weiß es ja zu schätzen, dass du uns Frühstück bringst, Sofi, aber du trägst die Schuld an meinen hässlichen Augenringen“, versuchte sie zu scherzen, doch keiner von uns dreien lachte.

Die Stimmung war trüb und ich ahnte nichts Gutes. Trotzdem wusste ich, dass ich mich darauf einlassen musste, wenn mir die Freundschaft zwischen Sofi und mir wichtig war. Und das war sie auch.

„Greift zu“, meinte Sofi.

„Danke, ich habe keinen Hunger“, gab ich zurück.

Rosalie warf mir einen „Ich-kann-alles-auffliegen-lassen-wenn-du-jetzt-nichts-isst“-Blick zu. Ich wusste, dass sie es nie machen würde, aber ich wollte sie auch nicht enttäuschen. Ich wusste, dass sie sich nur Sorgen um mich und meine beginnende Essstörung machte. Also verdrehte ich kaum merkbar die Augen, seufzte laut und strich mir eine kleine Menge Butter auf ein halbes Stück Semmel.

„Also Sofi. Du wolltest reden. Es gibt auch einiges zu reden. Schieß los!“

Lifesaver - A Justin Bieber StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt