Teil 20

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„Ich hab‘ dich lieb, Maus“, flüsterte Sofi mir ins Ohr.

Ich wusste nicht, was ich sagen sollte und vorher ihr plötzlicher Sinneswandel kam.

„I.. ich dich auch“, stotterte ich schließlich.

Dann löste ich mich aus ihrer Umarmung. Genau in diesem Moment begann mein Handy zu klingeln. Ich zog es aus meiner Hosentasche und warf einen schnellen Blick auf das Display. „Justin <3“ stand da. Ich bewegte mich einen halben Meter nach hinten und drückte ihn weg, in der Hoffnung, dass Sofi es nicht bemerkt hatte. Doch es war zu spät. Sie hatte es bereits gehen und warf mir einen weniger erfreuten Blick zu.

„Warum bist du denn nicht rangegangen?“, fragte sie mich.

„So.“

Sie musterte mich ungläubig.

„Ist was passiert?“, fragte sie dann.

Ha, als würde ich ihr das jetzt erzählen.

„Nein. Also, nicht das ich wüsste. Ich muss nur -“ Ich suchte nach einer passenden Ausrede.

„Ich muss Ida vom Kindergarten abholen. Ach man, das habe ich ganz vergessen! Wir.. hören voneinander. Tschüss Sofi!“

Und ich eilte davon. Das mit Ida war nicht einmal gelogen, ich hatte wirklich vergessen, meine Schwester abzuholen. Blieb nur zu hoffen, dass sie noch dort war. Ach scheiße!

Justins Sicht:

Es läutete einige Male, bis es abrupt abbrach. Sie hatte ihn weggedrückt. Es war das erste Mal, nach seiner Operation, dass er versuchte, mit jemandem freiwillig zu sprechen. Bisher redete er nur das notwendigste mit den Ärzten oder seiner Mutter. Es strengte ihn noch zu sehr an. Seine Knochen fühlten sich an, wie Metall und ihm tat alles weh. Doch dank der starken Schmerzmittel und Infusionen, die er täglich verabreicht bekam, wurde alles für ihn ein bisschen leichter. Trotzdem hätte er sich nichts sehnlicher gewunschen, als ein paar Worte mit ihr zu wechseln. Ihre Stimme hören, wissen, wie es ihr ging, fragen, was sie gerade machte. Und er fragte sich, warum sie ihn einfach wegdrückte. Bei ihrem ersten Besuch schien sie traurig gewesen zu sein, das hatte er bemerkt. Ihr Lächeln war müde gewesen und nach nur fünf Minuten verabschiedete sie sich wieder. Von da an kam sie Tag für Tag gemeinsam mit seiner Mutter, aber er konnte nicht beurteilen, wie es ihr ging. In den vier Wochen, die er nun schon im Krankenhaus lag, hatte er nie die Gelegenheit, sich mit ihr zu unterhalten. Es waren ein tägliches „Hi, wie geht’s?“ und „Bis morgen“. Nicht mehr und nicht weniger.

Erst jetzt bemerkte er den Arzt, der wohl schon einige Minuten neben seinem Bett stand.

„Über was denken Sie denn so stark nach, dass Sie mich nicht bemerken?“, fragte er.

Justin hasste es, gesiezt zu werden.

„Ach, über nichts“, antwortete er schnell.

„Sie wissen es, aber ich wiederhole mich nochmals: schonen Sie sich. Bisher hat Ihr Körper die Operation an ihrem Herzen gut verkraftet und wenn alles weiterhin gut läuft, können Sie vielleicht in einer Woche schon mit Ihrer Mutter nachhause fahren. Vorausgesetzt, Sie befolgen das, was wir Ihnen sagen.“

„Natürlich.“

„Gut, und nun machen Sie sich bereit für das erste Training. Schwester Anna wird gleich kommen und Sie werden zum ersten Mal seit langem das Bett verlassen und selbstständig ein paar Schritte gehen.“

„Danke Herr Doktor“, murmelte er.

Dann verließ der Arzt das Zimmer. Schnell griff Justin zum Handy und wählte Jamilas Nummer, sie er mittlerweile auswendig konnte. Diesmal drückte sie ihn zwar nicht weg, dennoch blieb der Anruf unbeantwortet. Komisch, dachte er mit einem mulmigen Gefühl im Magen.

Nach einer Weile des Wartens, in der er noch immer kein Wort von Jamila gehört hatte, betrat Schwester Anna das Zimmer. Sie war von Anfang an die Krankenschwester gewesen, die Justin am liebsten mochte. Anna war groß, schlank und hatte blonde lange Haare. Im Gegensatz zu all den anderen hier, sprach Anna ihn mit „du“ an, wofür er ihr sehr dankbar war.

„Na dann wollen wir mal“, sagte sie mit einem Lächeln im Gesicht und half Justin, sich aufzurichten. Bedacht setzte er den ersten Fuß auf den Boden und ihn erwischte das Gefühl des Schwindels. Anna schien es zu bemerken, denn sie sagte, er solle sich Zeit lassen.

„Es ist ganz normal, dass du dich nicht gut fühlst“, meinte sie, „immerhin bist du vier lange Wochen im Bett gelegen und hast dich kaum bewegt. Dein Körper muss sich erst wieder daran gewöhnen.“

Dankbar lächelte er sie kurz an. Dann stieg er auch mit dem zweiten Bein aus dem Bett und erhob sich langsam. Hätte die Krankenschwester ihn nicht gestützt, wäre er wohl wieder nach hinten zurück gekippt. Sie erinnerte ihn mehrmals daran, dass er das richtige Atmen nicht vergessen sollte. Und das half – denn nach ein paar Minuten fühlte er sich bereit, den Raum zu verlassen.

Sie gingen den Flur entlang in Richtung Ausgang.

„Wenn wir jetzt gleich an der frischen Luft sind, ist es besonders wichtig, dass du ganz normal atmest“, erklärte die Schwester. „Das ist wichtig um zu vermeiden, dass Bakterien in deine Lunge kommen. Diese könnten sonst dein Herz angreifen, und das wollen wir nicht.“

Er befolgte ihren Rat artig. Es war ein wunderbares Gefühl, seit so langer Zeit wieder einmal frische Luft zu spüren. Es war schon relativ kalt und der Wind blies stark, aber er empfand es als angenehm. Als er den Blick nach vorne richtete, bemerkte er das Auto seiner Mutter. Sie stieg gerade heraus und war sichtlich erfreut, ihn hier draußen zu sehen. Doch Justin war enttäuscht und ein bisschen geschockt zugleich.

„Wo ist Jamila?“, fragte er.

Lifesaver - A Justin Bieber StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt