Teil 31
„Mädchen, jetzt steig doch endlich ein!“, drängte Sofis Vater. „Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit um zu warten, bis dir der Abschied leichter fällt. Der Flieger geht in vier Stunden.“
„Ich… ich glaube, ich muss noch kurz wo hin. Also ich.. könntest du mich bitte hinbringen?“
„Ich muss noch kurz wo hin“, äffte ihr Vater sie nach, „ich glaube, du hast noch immer nicht verstanden, dass wir keine Zeit für lange Verabschiedungen haben.“
Wortlos stieg Sofi ins Auto. Sie wusste, dass es keinen Sinn hatte, mit ihrem Papa zu streiten. Sie wusste aber auch, dass sie nicht nach Nantucket fliegen würde, ehe sie und Jamila sich nicht ausgesprochen hatten. Vorausgesetzt, Jamila würde ihr verzeihen. Aber zumindest entschuldigen wollte Sofi sich. Das war sie ihrer ehemals besten Freundin schuldig. Also versuchte sie es noch einmal. Sie musste sich beherrschen, um ihrem Vater nicht laut ins Gesicht zu brüllen, aber mehr als ein respektloses „Bring mich zu Jamila!“ war nicht drin.
Natürlich versetzte ihn das erst recht in Rage und eine gefühlte Ewigkeit schrie er Sofi an, erteilte ihr sämtliche Verbote, sowie Hausarrest (in welchem Haus denn bitteschön?!) und drohte ihr mit noch härteren Erziehungsmethoden, wenn sie ihren Tonfall nicht ändern würde. Dem Mädchen war das egal. Sofi hielt sich die Ohren zu, um das Gefasel des Vaters wenigstens ein bisschen zu dämpfen.
Schließlich hörte sie ihre Mutter sagen: „Nun lass die kleine aber mal in Ruhe, sie macht doch schon genug durch. Fahr‘ kurz bei Jamila vorbei, es wird auch nicht lange dauern und wir kommen schon noch rechtzeitig zum Flughafen.“
Stille. Und wirklich: Sie schlugen den Weg zu Jamilas Zuhause ein.
Kurz darauf sprang Sofi auch schon aus dem Auto und eilte hektisch die Treppen zur Eingangstüre hoch.
„Du hast zehn Minuten“, rief ihr Vater ihr hinterher.
„Die reichen aus“, dachte Sofi sich vollkommen ahnungslos, was auf sie zukommen würde.
Als nach mehrfachem Klingeln niemand öffnete, zog sie den Schlüssel aus der Tasche, den Jamila ihr einmal gegeben hatte und schloss die Tür eigenhändig auf. Als sie das Haus betrat, schien es zuerst als sei niemand zuhause, doch plötzlich nahm sie ein lautes Schluchzen aus Jamilas Zimmer wahr. Doch dass das Schluchzen von Jamilas Mutter kam, damit hatte Sofi im Leben nicht gerechnet. Die Frau saß an Jamilas Schreibtisch, die Ellenbogen aufgestützt, den Blick gesenkt. Erst jetzt bemerkte Sofi, dass sie einen Zettel in ihrer linken Hand hielt, der vollkommen durchnässt von all den Tränen war. Besorgt erkundigte sie sich, was geschehen sei, doch unfähig zu sprechen, streckte ihr Jamilas Mutter bloß das Blatt Papier entgegen.
„NEIN!“, kreischte Sofi plötzlich vor Schrecken bleich. „NEIN!“
Nun begann auch sie hemmungslos zu weinen. Ihre Beine gaben nach, sie sank zu Boden und blieb dort unten sitzen. Immer und immer wieder wiederholte sie „Nein, das kann nicht stimmen. Das ist nicht wahr.“
Doch von einem Schlag auf den anderen wurde ihr plötzlich etwas bewusst: Jamilas Mutter war ein emotionales Wrack, doch wirklich interessiert hatte sie sich nie für ihre Tochter. Nun lag es an Sofi ganz alleine, Jamila zu finden. Und sie betete zu Gott, dass diese noch lebte.
Urplötzlich sprang sie auf und unterdrückte den Brechreiz, der sie überkam. An der Wand hielt sie sich fest, um ihre zitternden Knie zu stabilisieren. Sie befahl sich selbst, stark zu bleiben und vor allem, Ruhe zu bewahren. Ein tiefer Atemzug. Dann versprach sie etwas, bei dem sie selber nicht sicher war, ob sie es einhalten könnte.
„Ich werde Jamila finden, ihr helfen und für sie da sein.“
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Lifesaver - A Justin Bieber Story
RomanceEine Geschichte, die über Selbsthass und Hilfslosigkeit, und auf der anderen Seite über die Liebe und den Zusammenhalt erzählt. Die handelnden Personen sind frei erfunden, namentlich kommen Justin Bieber und dessen Mutter Pattie Mallette vor, die al...