Mein Rundgang war schneller beendet als geplant und nun lag ich allein in meinem Zimmer im Bett und wartete, doch worauf ich wartete war mir nicht klar. Vielleicht wartete ich ja auf Taddl. Der war im Nachbarzimmer. Vielleicht wartete ich aber auch einfach nur darauf, dass der Tag endlich vorbei ging.
Genau. Wahrscheinlich wartete ich tatsächlich darauf. Darauf einzuschlafen, aufzuwachen und festzustellen, dass ich das alles hier nur geträumt hatte und meine ganzen Sorgen, die ich mir momentan machte, nur Einbildungen waren.
Jedoch war dem nicht so. Es waren keine Einbildungen, denn mit einem einzigen Knarzen meiner Zimmertür wurde ich aus meinen Gedanken gerissen und richtete mich noch im selben Moment auf. Im Türrahmen stand Taddl und mit einer Handbewegung seinerseits erhellte sich der Raum, sodass ich die Augen kurzerhand zusammen kniff.
"Es gibt Abendbrot." teilte er mir mit, bevor er, so plötzlich wie er erschienen war, das Zimmer wieder verließ.
Schon so spät? Wie lang' hab ich denn die Decke angestarrt?
Eigentlich hatte ich keinen Bock etwas zu essen und wollte mich am liebsten einfach davor drücken. Doch der Hunger übertraf schließlich die Lustlosigkeit und ich trat meinen Weg zum Speisesaal an.
Bleibt nur eine Frage. Wohin setze ich mich?
Der Saal war gerammelt voll und aus sämtlichen Richtungen hörte ich die vielen Gespräche der anderen, die zu einer lärmenden Masse wurden, doch diese interessierten mich auch nicht. Es musste ziemlich dämlich ausgesehen haben, wie ich wie angewurzelt am Eingang stand und mich nicht traute zu irgendwem hinzugehen und mich hinzusetzen.
Immer wieder ließ ich meinen Blick durch den riesigen Saal und über all die Köpfe hinweg schweifen, bis ich jemanden mit blauen Haaren entdeckte.
Ist er das? Ich denke schon.
Tatsächlich. An dem Tisch saß Thaddeus, gemeinsam mit Patrick und einem anderen Typ. Das war meine Chance einen Platz zu ergattern. Und sogar bei Menschen, die ich kannte.
Fest entschlossen mit meinem Ziel vor Augen, trat selbst ich meinen Weg zum Tisch der anderen an, doch schwand mein Selbstbewusstsein wieder je näher ich ihnen kam.
"Manu setz' dich doch." kam es sofort von Taddl, was ich nur mit einem unsicheren Lächeln beantwortete.Bis mir einfiel, dass er dieses, aufgrund meiner Maske, nicht bemerken konnte. Also antwortete ich mit einem schüchternen "Danke.". Das einzig schlechte an dem Platz, auf den ich mich zu setzen wagte, war, dass direkt neben mir Palle saß.
Eigentlich mochte ich ihn ja, denn immerhin war er der Erste, der mir schon auf der Reise hierher begegnet war, aber anscheinend beruhte das nicht auf Gegenseitigkeit. Das hatte er mir schon heute Nachmittag deutlich gemacht.
Zum Buffet ging ich so ziemlich als Letzter. Mal wieder. So hatte ich aber die Möglichkeit mir alles, was ich brauchte, in Ruhe zu nehmen. Selbst jetzt beim Essen würdigte mich Patrick keines Blickes, geschweige denn mit mir zu reden, oder etwas nettes zu tun.
Ein wenig traf es mich schon.
Sollte ich mich nicht eigentlich schon daran gewöhnt haben?
Und dennoch interessierte mich dieser Mann neben mir. Zwar hatte ich tief in mir den Drang mehr über ihn in Erfahrung bringen zu wollen, doch überwog die Unsicherheit und ich ließ es bleiben. Normalerweise machte es mir mittlerweile nichts mehr aus ignoriert und nicht gemocht zu werden.
Warum verletzen mich ausgerechnet SEINE Ignoranz und SEINE Worte? Warum sind sie mir nicht so gleichgültig wie die anderer Personen?
"Ich bin übrigens Rewi." unterbrach der Dunkelblonde, der mir schräg gegenüber saß, wie aus dem Nichts meine Gedankengänge und ließ mich zu sich aufblicken. "Manuel." murmelte ich kaum hörbar, doch war die Nervosität in meiner Stimme kaum zu überhören.
"Und... warum trägst du diese Maske?" fragte Rewi zaghaft. "I-ich äh... ähm-" setzte ich an, doch wurde ich von Rewis Stimme unterbrochen.
"Au! Spinnst du?" fluchte er und warf Palle einen entgeisterten Blick zu, nachdem er nach unten zu seinen Füßen geschaut hatte. Doch Palle gab nur ein Räuspern von sich und bestrafte Rewi mit einem eindringlichen, fast schon wütenden, Blick.
"Warum hast du das gemacht?" beschwerte sich Rewi. "Damit du aufhörst mit diesem Freak zu reden!" mahnte Angesprochener.
Autsch
Auch Taddl sah verwundert zu Palle, dann zu Rewi, zu mir und schließlich wieder auf sein Brot.
Mir jedoch wurde das alles zu viel und somit ließ ich mein angebissenes Brot auf den Teller fallen und mit einem lauten Quietschen, welches von meinem Stuhl ausging, stand ich auf und rannte so schnell wie möglich aus dem Speisesaal.Die Tränen vernebelten meine Sicht, doch ich rannte weiter. Ich wollte einfach weg. Weg von Palle, den anderen und weg von diesem Ort.
Die Tür meines Zimmers flog mit einem lauten Knall zurück in ihre Angeln und ich schmiss mich bäuchlings auf mein Bett. Das Gesicht im Kissen vergraben versuchte ich mich zu beruhigen, doch nichts half.
Bis mir einfiel, dass dies die perfekte Gelegenheit war mich ungestört bettfertig zu machen. Schnell schnappte ich mir meine Waschtasche und den Schlafanzug und begab ich in das anliegende Gemeinschafftsbad.
Noch ein kurzer Blick um mich, um sicherzugehen, dass sich auch wirklich kein anderer hier befand und schon legte ich die Hände an meine Maske, um diese abzunehmen. Ich sah schlecht aus. Man könnte mich als aufgequollenen Zombie beschreiben. Rote Augen, Tränensäcke unter den Augen und dazu noch kreidebleich.
Und natürlich das Detail in meinem Gesicht, das mir jegliches attraktive Fünkchen nahm und weshalb ich meine nun mit Tränen ausgefüllte Maske habe.
Doch je länger ich meine hässliche Fresse betrachtete, desto größer war die Chance, dass ein anderer fertig mit seinem Abendbrot war, hier hinein kommen und mich ohne Maske sehen würde.
Um das um jeden Preis zu verhindern, putzte ich mir schnell die Zähne, zog mich in einer der Toilettenkabinen in Rekordzeit um und machte mich dann zurück zu meinem Zimmer.
Die Maske legte ich griffbereit auf das Nachttischschränkchen und ich legte mich mit dem Gesicht zur Wand in mein Bett.Das Einzige, was ich jetzt noch schaffen musste, war einzuschlafen und alles für ein paar Stunden zu vergessen, doch konnte ich das gefühlte 2 Minuten später auch schon wieder vergessen.
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Soldiers - Kürbistumor FF
FanfictionDeutschland droht der 3. Weltkrieg. Deshalb wird die Wehrpflicht wieder eingeführt und viele junge Männer, darunter auch der 20-jährige Manuel und der 24-jährige Patrick, werden zur Bundeswehr geschickt. (Und ja ich weiss die beiden sind älter, aber...