Die nächsten Tage verliefen ruhig. Angespannt, aber ruhig. Ich tat all die Dinge, die ich sonst tat. Kochen, gelegentlich putzen, einkaufen und hin und wieder einfach etwas durch die Stadt schlendern. Jedoch war der Gang zum Briefkasten jeden Tag eine Qual. Es könnte ja sein, dass ein Brief vom Militär dabei war. Die Erleichterung nach jedem Briefkastenbesuch war jedes Mal riesig, wenn der Brief doch nicht dabei war.
Neun Tage war die nervenaufreibende Untersuchung schon wieder her und erneut trat ich meinen Weg zum Briefkasten an. Darin befanden sich genau 4 Briefe. Vorsichtig schaute ich die Umschläge an. Nichts Besonderes, auch nichts Besonderes, Bundeswehr Deutschland, nichts Besonderes.
Warte was? Bundeswehr?!
Leichte Panik stieg in mir auf, als ich mich zurück an den Küchentisch setzte und die Kante des Briefes Stück für Stück aufriss.
"Herr Büttinger,
nach einer sorgfältigen Auswertung ihrer Untersuchungs- und Testergebnisse, kamen wir zu der Erkenntnis, dass Sie für das Militär gerade noch so dem Schema entsprechen geeignet zu sein scheinen.
Wir benötigen jeden einzelnen einsatzfähigen Mann. Und sei der Einsatz noch so klein.Sie jedoch benötigen noch etliche Einheiten an Training, um vollständig einsatzfähig zu sein und im Außendienst tätig zu werden, doch dies werden unsere Ausbilder und Offiziere richten.
Alles Weitere wird vor Ort geklärt.Anbei ist ein Zugticket zu unserem Kadettenlager. Der Ortsname ist streng vertraulich.
Packen Sie also Ihre Sachen und begeben sie sich am Samstag, den 25. Juni zum Bahnhof.
Ihr Zug fährt um 5:25 ab. Seien Sie also pünktlich.Diese Aufforderung ist mitzubringen und bei dem Oberleutnant abzugeben. Sollten Sie williglich nicht erscheinen, wird Ihnen eine Strafe verhängt. Sollten Sie wegen Krankheit ihre Reise nicht oder später antreten können, so ist ein ärztliches Zeugnis abzugeben."
Fuck! Ich hab's gewusst.
Das Stück Papier, welches sich vor einer Sekunde noch in meiner Hand befand fiel zu Boden. Kein Muskel meines Körpers vermochte sich zu regen, nichteinmal meine Augenlieder. Wie gelähmt starrte ich Minuten lang auf die karge weiße Wand am anderen Ende des Raumes.
Tausende Gedanken schwirrten mir durch den Kopf. Wieso haben die mich doch genommen? Warum gerade ich? Ich sterbe doch schon, wenn ein Einsatz gerade erst beginnt. Und wenn ich dann jämmerlich auf dem Kriegsfeld verrecke, beachtet mich niemand.
Niemand würde von meinem Tod berichten, geschweige denn mich vermissen. Erst wenn der nächste, der der Verblutung nahe ist, durch meinen leblosen Körper zu Fall kommt, würde mich jemand beachten. Manuel, die Stolperfalle. Dann hüllen sie mich in ein weißes Tuch und ich komme mit 40 anderen Gefallenen in eines der vielen Massengräber. Und das alles im zarten Alter von 20 Jahren.
Halt! Wieso denke ich sowas?
Als ich mich dann doch wieder einigermaßen gesammelt hatte, beugte ich mich nach unten zum Fußboden und hob fix das Stück Papier auf, das mich so aus meiner Bahn geworfen hatte. Immerhin brauchte ich das dumme Ding ja noch, damit die mich in diesem Kadettenlager erkennen.
Und auf eine Strafe hatte ich auch keine Lust.~ein Tag vor der Reise~
Was brauch' ich denn noch alles?
Klamotten, Bettwäsche, Unterwäsche, Waschtasche, Handtuch, Schlafanzug...
Ja klar, mein Asthmaspray!
Ich hatte absolut keine Lust wieder einen Anfall, wie bei der Untersuchung zu bekommen und dann nichts dabei zu haben. Also trottete ich erneut ins Bad und kramte sämtliche Schränke durch, bis ich das kleine wichtige Spray zu fassen bekam.
In einem kleinen Rucksack verstaute ich noch die ganzen wichtigen Sachen, wie mein Portemonnaie, mein Handy plus Ladekabel und ein wenig Kleinkram. Jedoch nicht zu vergessen waren meine Zulassung vom Militär sowie das Zugticket.
Jetzt hieß es Hoffen und Beten, dass ich den Koffer zu bekam. Ein bisschen an der einen Seite drücken und der Reißverschluss ging ein wenig zu. Das Selbe an einer anderen Seite. Das dauerte mir dann aber doch zu lange und ich schmiss mich mit voller Wucht auf meinen viel zu voll gestopften Koffer und siehe da, mit einem Zug war dieser verschlossen.
Bei der Menge, die ich eingepackt hatte könnte man meinen ich sei eine Frau. Aber ich habe nunmal lieber zu viel als zu wenig dabei.
Mein Gepäck stellte ich schon mal im Flur ab und ging dann ins Bad, um mich bettfertig zu machen. Schliesslich musste ich am nächsten Tag früh raus und da wollte ich wenigstens ein bisschen Schlaf abbekommen.
Zurück in meinem Schlafzimmer stellte ich mir noch den Wecker für den morgigen Tag, knipste das Licht aus und kuschelte mich unter meine Decke.
Doch an einschlafen war nicht zu denken. Ich war putzmunter. Mehrmals wälzte ich mich von der einen Seite auf die andere und immer wieder störte mich etwas, das mich vom Schlafen abhielt. Mal hatte ich die Augen zu, mal geschlossen. Mal lag ich auf dem Bauch, mal auf dem Rücken.
Ich war einfach zu aufgeregt. Was würde mich wohl erwarten? Wer würde mich erwarten? Und vor allem, werde ich jemals zurück nach Hause gehen können oder in der Armee verrotten?
Toll. Jetzt kann ich erst recht nicht schlafen.
So konnte es jedenfalls nicht weitergehen. Ich beschloss mich nochmal aufzurappeln und mich ein wenig auf die Terrasse zu setzen. 0:28 Uhr war es schon. Das war das Einzige, was ich auf dem Weg nach Draussen erkennen konnte.
Schon als ich die Tür nach draußen öffnete wehte ein seichter lauwarmer Wind und ich nahm Platz auf einem der Stühle auf der kleinen Terrasse. Es war weder warm noch kalt. Dennoch tat die frische Luft gut und ich entspannte mich ein wenig.
Endlich kamen auch mal etwas positivere Gedanken über das, was mich morgen erwartet.
Doch selbst die warfen Fragen auf, die ins Negative schwankten und verstrickten sich mit ihnen. Ich versuchte diese zu verdrängen und mich einmal nur auf das Positive zu konzentrieren, was mir auch mehr oder weniger gelang.Ich saß noch eine Weile auf der Terrasse, bis mich doch irgendwann die Müdigkeit überfiel und mich zurück in die Wohnung Richtung Schlafzimmer trotten lies. Kaum hatte ich die Tür wieder verriegelt, tappste ich müde zurück zu meinem Bett und stieß auf dem Weg dorthin fast mit einem Schrank zusammen.
Doch schon als ich die Kante meines Bettes erreicht hatte ließ ich mich einfach auf das Bett fallen und schlief endlich friedlich und ohne Bedenken ein.
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Soldiers - Kürbistumor FF
أدب الهواةDeutschland droht der 3. Weltkrieg. Deshalb wird die Wehrpflicht wieder eingeführt und viele junge Männer, darunter auch der 20-jährige Manuel und der 24-jährige Patrick, werden zur Bundeswehr geschickt. (Und ja ich weiss die beiden sind älter, aber...