5 - Au' ma?

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Manus Sicht

"Wie spät ist es eigentlich?" Durchbrach Palle die Stille und schniefte kurz.
"Gleich vierzehn Uhr." Gab ich zurück und nahm meinen Arm von Palle herunter. Dieser stand schnell auf und klopfte sich eilig den Dreck von der hose.
"Was ist denn los?" kicherte ich und stand ebenfalls auf.
"Ich hab um vierzehn Uhr 'nen Aufnahme Termin mit Zombey! Und du musst doch auch zu deinem Freund, nicht wahr?"
Nicht meinem Freund, einem Freund Verbesserte ich ihn in Gedanken und seufzte.

Er drückte die Äste eilig beiseite, zog mich in eine klitzekleine, einarmige Umarmung und lief in die Richtung, aus der er gekommen war: "Bis dann!"

All das ging so schnell, dass ich seine Umarmung nicht einmal erwidern konnte. Nicht mal ein 'tschüss' oder etwas in der Richtung verließ meine Lippen. Völlig perplex sah ich der laufenden Schattengestalt von Palle in der Ferne nach. Ich wusste nicht, ob wir uns nochmal treffen würden. Doch ich hoffte es.
Enttäuscht ging ich in die entgegengesetzte Richtung von Patrick. Ich ging zu Tom.

(...)

Kurz nachdem ich auf seine Klingel gedrückt hatte, wurde die Tür aufgerissen und ein stockbesoffener Tom streckte mir seinen Kopf freudig entgegen. Dass er betrunken war, hätte selbst ein blinder gemerkt, sein Mundgeruch war abartig.

"MANU DU ALDES HAUS!" schrie er und zog mich in seine Wohnung hinein; "GUT, DASS DU KOMMEN KONNTEST! Du hättest all den Spaß verpasst.." taumelnd ging er Richtung Küche.
Wie konnte man so früh am Tag schon so besoffen sein?
... wie konnte man sich überhaupt betrinken? Ich sah keinen Grund darin, sich mit Alkohol von seinen Problemen abzulenken, da man dies auch anders tun könnte. Man musste dafür nicht alles vergessen, was man tut oder wer man ist.
Obwohl ich genau so eine Ablenkung gerade echt gebrauchen konnte.

"Au' ma?" hängte sich ein anderer Junge an meine Schulter. Er hielt mir eine Alkoholflasche unter die Nase.
"Nein, danke. Ich trinke nicht." Antwortete ich, woraufhin er ziemlich enttäuscht zu sein schien.
Kaum war es mir gelungen, den Jungen von mir abzuwimmeln, hängte sich ein Mädchen mit einem braunen Pferdeschwanz und gespielt schönen Grinsen an mich und presste ihre mit Lippenstift beschmierten Lippen fest auf meine Wange. Sofort stieß ich sie von mir weg und sah sie völlig entgeistert an, woraufhin sie einfach nur anfing zu lachen und wieder auf mich zu kam.

Schnell lief ich zum Badezimmer, öffnete die Tür einen Spalt, drückte mich hinein, und verschloss sie eilig hinter mir.
"Na komm, mach schon auf! Du willst es doch auch!" hämmerte sie gegen die Tür. Ich schluckte und trat einige Schritte weiter weg, bis ich an der kalten Fliesenwand ankam und mich an dieser herunter gleiten ließ.
Ich schluckte erneut. Und hier soll ich es die nächsten zwei Tage aushalten?!

Palles Sicht
Ein leises klingeln riss mich aus den Gedanken, es war die Mikrowelle. Ich wärmte gerade das Chilli von gestern nocheinmal auf, da ich echt großen hunger hatte, aber noch schneiden musste und somit keine Zeit zum Kochen hatte.
Müde erhob ich mich von meinem Schreibtischstuhl und trottete in die Küche. Ich öffnete die Mikrowelle und betrachtete das kochend heiße Chilli, das mir entgegen dampfte.
Zufrieden setzte ich mich zurück an den Schreibtisch und machte mich wieder an den Schnitt. Nebenbei aß ich immer mal wieder einen Happen vom Chilli.

Mittlerweile war es fast 19 Uhr, draußen war es dunkel und kalt. Den Schnitt hatte ich schon vor zwei oder drei Stunden beendet. Seitdem saß ich im Wohnzimmer auf der Couch, guckte Netflix und scrollte durch meine Twitter timeline.
Normalerweise nahm ich um diese Uhrzeit immer mit Manu auf, aber er war ja bei Tom. Was er da wohl gerade macht?...

Eigentlich hätte mein Abend anders aussehen können. Ich hätte hier zusammen mit Ina liegen können und mit ihr Netflix gucken können. Sie würde sich an meinen Oberkörper kuscheln, und ich würde sie schützend in den Arm nehmen. Wer weiß, was noch alles passiert wäre.
Seufzend wimmelte ich den Gedanken an Ina ab und versuchte mich wieder auf die Serie zu konzentrieren. Ohne Erfolg.

Plötzlich klingelte mein handy. INA?!
sofort griff ich danach, doch sah Manus Avatar auf meinem Display. Etwas enttäuscht nahm ich den Anruf an.
Laute Musik drang durch den Hörer zu mir hindurch. Wow, diese Party muss echt abgehen!

"Manu? Hörst du mich?" Fragte ich.
"Palle, gut, dass ich dich erreiche! Kann ich zu dir kommen? Hier ist alles voll von stockbesoffen Menschen. Ich fühle mich etwas.. fehl am Platz." Lachte er, während ein zweiter Mann irgendetwas durchs Telefon rief. Anschließend ertönte Manus genervt stimme: "halt doch mal dein Maul jetzt!"
Laut lachte ich auf, was auch Manu zwang leicht zu lachen.
"Klar, komm ruhig her." antwortete ich noch immer schmunzelnd und gab ihm meine Adresse. Er legte dankend auf.

Vielleicht wird der Abend doch nicht so langweilig wie gedacht. Ein schöner Abend mit dem besten Freund hat doch auch etwas, oder? ||

Apropos schöner Abend.. gute Nacht! Träumt süß :D <3

auf anderen Wegen - Kürbistumor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt