95 - weiter gehen oder umdrehen?

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Manus Sicht

Ich sah in meinem Zimmer um her, ich drehte mich im Kreis, und ohne zögern zu müssen, fiel mir zu allem, was ich sah, ein Erlebnis ein.
Ein Erlebnis mit Palle.

Die schwarzen Sessel, auf welchen wir die ein oder andere Nacht zusammen durch gezockt haben. Auch mit Dado und Zombey, als wir erfuhren, dass sie schwul waren. Dass sie ein Paar waren. Es flashte mich immer noch, dass der jenige, bei dem ich mich täglich ausheulte, ebenfalls schwul war. Ein kleines Schnunzeln huschte über meine Lippen.
Ich sah zu meinem Bett, wo Palle sich zu mir legte, als er dachte, ich würde schlafen. Er wollte sicher gehen, dass es mir gut ging und ich keinen Asthma Anfall bekommen würde. Ich drehte mich zu meinem Regal. Er fragte, als ich alles hier gerade neu eingerichtet hatte, wieso zwei Bilderrahmen auf genau diesem Regal noch leer waren. Ich sagte, da sollten Fotos von uns beiden herein. Und das war auch der Plan, aber irgendwie haben wir es leider nie geschafft.
Sie blieben bis heute leer.

Ich schluckte und sah zu Boden. Ich musste mich echt dazu zwingen, nicht zu weinen.
Die Zeit, in der ich mit Palle zusammen lebte, war die schönste Zeit, die ich jemals hatte und vermutlich auch jemals haben werde. Ich glaube nicht, dass ich mich eines Tages mit irgendwem noch einmal so wohl fühlen werde, wie hier mit Palle, im YouTuber Haus.

Den Tränem nahe legte ich meine Hand auf die Türklinke meines Zimmers und drückte diese leise herunter. Ich öffnete die Tür so langsam und zögerlich, dass sie dieses mal nicht begann zu knartschen, was mir persönlich sehr recht war. Palle sollte nicht merken, dass ich weg wollte. Jedenfalls sollte er mich nicht dabei erwischen. Wenn das passiert, werde ich sicherlich nicht mehr den Mut haben, auszuziehen.

Ich stellte meinen Rucksack langsam neben der Wohnungstür ab und kramte mein Handy aus der Hosentasche.
Ich schrieb eine Nachricht an Zombey: "Micha, ist wichtig. Kann ich heute Nacht bei Dado und dir schlafen? Bin morgen früh auch schon wieder weg. Ich muss hier raus."

Ich steckte mein Handy ein und zog meine Schuhe an, meine Jacke über mein Shirt. Ich seufzte enttäuscht aus.
Ich ließ meinen Blick ein weiteres Mal durch den Flur gleiten, so viele Erinnerungen, die ich in dieser Wohnung zurück ließ.
Ich begann zu Lächeln, als ich mich an den gestrigen Tag erinnerte. Palle stand stundenlang meckernd vor meiner Zimmertür und wollte mit mir aufnehmen, weil er so eifersüchtig auf Max war. Dabei hatten Max und ich unsere Aufnahme schon nach einer stunde beendet. Ich genoss es einfach, von Palle umschwärmt zu werden. Ich genoss das Gefühl, ich sei ihm wichtiger, als ein normaler bester Freund. Denn genau dieses Gefühl verspürte ich, als er vor meiner Tür bettelte.
War das gemein von mir? Ich weiß es nicht. Aber mich hat es glücklich gemacht, jedenfalls für den Moment.
Doch ich ließ nicht nur viele Erinnerungen zurück, schöne und eher nicht so schöne.
Das viel wichtigere war, dass ich die Liebe meines Lebens zurück ließ. Von dem einen Tag auf den anderen. Eiskalt. Einfach so.
Doch es fühlte sich richtig an, Abstand von ihm zu nehmen. Egal wie sehr es schmerzte.

"Und nun stehe ich hier..." flüsterte ich kaum hörbar. Meine Sicht wurde immer verschwommener, immer unklarer. Tränen bahnten sich ihren Weg in meine Augen und drohten hinab zu fließen, doch ich wischte sie rechtzeitig weg, bevor es auch nur eine von ihnen schaffte, Freiheit zu erlangen.

Mein Handy vibrierte, Zombey hatte geantwortet: "natürlich, du bist bei uns immer willkommen. Erzählst mir dann gleich was los ist, nicht wahr?"
"Ja, danke" antwortete ich und steckte mein Handy halb lächelnd, halb weinend, zurück in meine Hosentasche.

"Danke, dass ich dein Mitbewohner sein durfte, Palle. Und auch, wenn ich es ab dem heutigen Tag versuchen will, werde ich dich niemals vergessen." Flüsterte ich und warf mir meinen Rucksack auf den Rücken, öffnete die Wohnungstür, und ging mit einem Fuß heraus, als plötzlich hinter mir jemand meinen Namen hauchte.

"Manu?" Es war Palle.
Ich schluckte. Weiter gehen oder umdrehen? Weiter gehen oder umdrehen?!
"Was machst du da? Wo willst du hin?" Wollte er wissen. Ich hatte keine andere Wahl, also drehte ich mich zu ihm um.

"Ich.." zögernd senkte ich meinen Blick zu Boden: "hab ich dich geweckt?"
"Naja, nicht direkt. Ich hab noch gar nicht geschlafen. Zu viele Gedanken." Erklärte Palle knapp, ich nickte verständnisvoll.
"Also, wo willst du hin?"
"I-ich... will spazieren. Muss auch nachdenken." Log ich.
"Spazieren. Mit nem riesigen vollbepackten Rucksack?" Palle zog prüfend eine Augenbrauen hoch und verschränkte seine Arme: "glaub ich dir nicht."
"Ja.. i-ich.." seufzend erhob ich meinen Blick und richtete diesen starr in Palles Augen. Er hatte keine andere Wahl, als mir ebenfalls in die Augen zu schauen.
"Ich ziehe aus." Sagte ich kalt und ernst. ||

Hey na c:
Ich bin echt suuuuper zufrieden mit diesem Part, keine Ahnung c: <3
Und ich hoffe euer Tag war toll!!

auf anderen Wegen - Kürbistumor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt