13 - auffällige Stöckelschuhe

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Manus Sicht

Die Fahrt war noch nicht lange, bestimmt fuhr ich erst zehn Minuten. Doch es kam mir länger vor, die Zeit, in der ich nicht bei Palle war, wollte ich zu ihm. Ich vermissten ihn und hätte ihn am liebsten nie wieder los gelassen, doch irgendwann mussten meine Arme ja ihren Weg wieder zu ihrem eigenem Körper finden.
Obwohl ich erst seit zehn Minuten fort war, wollte ich wieder zu ihm. Ich wollte nicht nach Hause zu meiner Familie, nicht nachdem ich ihn getroffen hatte.
Es tat weh zu wissen, dass es ihm nicht genauso ging.

"Ist neben dir noch Platz?" fragte ein junges Mädchen und rollte ihren Koffer unter den Tisch meines vierer Platzes.
Ich zuckte die Schultern und beachtete sie nicht weiter, mein Blick glitt aus dem Fenster und beobachtete erneut die vorbeiziehende Welt außerhalb dieses Zuges. Es war wunderschön, entspannend.
"Dann setze ich mich zu dir." Erklang ihre Stimme erneut; "wo willst du eigentlich hin?"
Ich seufzte. Wieso merkte sie nicht, dass ich nicht unbedingt an einem Gespräch mit ihr interessiert war?
"Essen." gab ich zurück und sah meine Sitznachbarin genauer an.
Sie trug eine offene Jeans Jacke, worunter sie ein einfaches bauchfreies Shirt trug. Ihre Hose war eine schwarze, sehr eng geschnittene legings, die genau da endete, wo ihre viel zu auffälligen Stöckelschuhe anfingen.
"Verstehe." sagte sie grinsend, mein Blick glitt zu ihrem Gesicht.
Lange, Blonde Haare umrahmten ihr dünnes Gesicht. In der Mitte davon lagen klare, blaue Augen mit viel zu viel Make Up. Diese Frau könnte so schön sein, wieso kleidet sie sich so und haut ihre Fresse voll mit Make Up?
Ich verdrehte meine Augen.

"Ich fahre nach Düsseldorf, hab dort Verwandte." lächelte sie, ihr Blick blieb an mir haften.
Langsam wendete ich mich wieder dem Fenster zu und presste ein: "schön." aus meinen Lippen heraus.
"Und.. wie heißt du.. wenn ich fragen darf?"
Ich seufzte erneut, doch schenkte ihr dieses Mal nicht einen Blick: "Manuel."
"Manuel.. der Name gefällt mir. Und dann dazu noch deine schönen, grünen Augen.."
ich schluckte. Versucht diese Frau mich gerade anzubaggern?! Quatsch, ruhig bleiben. Es war ein normales Kompliment.

Langsam suchte ich meine Kopfhörer in meiner Tasche und fand diese nach weniger Zeit auch schon.
Einen letzten, abwertenden Blick über die Schulter zu meiner Sitznachbarin, und schon war ich weg, im Reich meiner Musik. Wo es nur mich, wunderschöne Töne und meine Gedanken gab.
Ich lauschte den tollen Klängen aus meinem Handy und fixierte erneut die vorbeiziehenden Felder außerhalb dieses Zuges. Es war schön.

Ein unruhiges Tippen auf der Schulter riss mich aus meinen Gedanken, mal wieder.
Ich musste mich wirklich zusammen reißen, diese nervige Frau nicht anzuschreien, geschweige denn aus dem Fenster zu werfen. Sie musste doch merken, dass ich desinteressiert war.

Zögernd holte ich einen der Ohrstöpsel aus meinen Ohren und sah sie sichtlich genervt an.
"Ja?" wollte ich wissen.
"Was hörst du denn so?" grinste sie mich an.
Ich atmete tief ein und aus und verdrehte anschließend die Augen. Und das war jetzt so wichtig? Wieso juckt die das?!
"Mal dies, mal das. Gerade höre ich Highway to hell."
"Super, danke! Ich muss ja wissen, womit ich den süßen Jungen aus dem Zug beeindruckend kann." sie grinste mich frech an und tippte irgendwas in ihr Handy ein.
Verwirrt sah ich sie an.
Gut, das war definitiv eine Anmache!

"Ich glaube nicht, dass wir uns wiedersehen werden." antwortete ich mit einem gespielt freundlichen Lächeln.
"Oh doch, das glaube ich schon." grinste sie und stand auf; "ich muss hier raus."
Sie beugte sich zu mir und hauchte mir einen kurzen Kuss auf die Wange.
Es ging viel zu schnell, um sie fortscheuchen oder um Hilfe rufen zu können.
"Bis bald, Manuel." lächelte die Frau und stolzierte auf ihren viel zu großen Hackenschuhen aus dem Zug.

Ich atmete erleichtert aus, als der Zug weiterfuhr und diese widerliche Frau von gerade hier ließ, anstatt dass sie mich weiterhin belästigte. Was sollte das denn?!

(...)

"Bin wieder daa!" schrie ich in die Wohnung meiner Mutter und wartete auf eine Antwort.
"Mama?"
"Ich bin hier!" Ertönte ihre Stimme aus dem Wohnzimmer. Sie stand vorm Bügelbrett und bügelte die Wäsche von sich und meiner kleinen Schwester Marie. (Ja, hier hat Manu eine kleine schwester. Bitte nicht schlagen! :c)
Ich lächelte sie an und umarmte meine Mutter kurz.

"Warst du schon bei dir, deine Sachen wegbringen?" wollte sie wissen und griff nach einem Hemd von Marie.
Ich nickte: "jap, alles nebenan."
Es war ziemlich praktisch, dass meine Familie direkt gegenüber von meiner kleinen Wohnung lebte, ich war nie alleine. Also gut, Sebastian und Peter lebten nicht mehr hier, aber auch sie waren nicht weit.

"Dann erzähl doch mal, wie wars bei Tom?" lächelte Mama. Ich setzte mich auf die Couch neben dem Bügelbrett und seufzte: "hach ja.. ich hab ihn gar nicht wirklich bemerkt. Also.. er hat mich nicht wirklich bemerkt. Er war bis oben hin stockbesoffen."
Mama fing an zu kichern, weshalb auch ich begann zu schmunzeln: "dann hab ich noch 'nen Kumpel besucht, der ebenfalls in Köln lebt, aber das wars eigentlich auch schon."

Sie musste nicht wissen, wer dieser Kumpel war, und vorallem, dass er für mich nicht bloß ein Kumpel war. Sie würde zu viele Fragen stellen und darauf hatte ich gerade wirklich gar keine Lust.

"Wo ist Marie?" wollte ich wissen, da ich sie ehrlich gesagt echt vermisste. Vor meiner kurzen Reise nach Köln war meine kleine Schwester nämlich ebenfalls nicht zu hause, sie war auf Klassenfahrt, schließlich war sie schon in der zweiten Klasse.

Es war wirklich immer wieder niedlich, wie sie davon erzählte, was sie heute in der Schule gelernt hatten. Ich hatte noch nie etwas niedlicheres gesehen, als die eigene kleine Schwester, die einem gerade das kleine ein mal eins aufsagt und denkt, sie würde einem etwas neues beibringen.
Natürlich tat ich immer wieder überrascht, da ich ihr den Spaß an der Schule, geschweige denn am Lernen, nicht nehmen wollte.

"Sie ist bei Leonie auf 'nem Geburtstag. Holst du sie heute Abend um sechs ab? Dann kann ich in der Zeit einkaufen gehen."
Ich nickte: "klar, kann ich machen." ||

Längstes. Kapitel. Aller. Zeiten.
Normalerweise sind meine Kapitel so 600-800 Wörter. Gut. Dieses hier hat 1016.. wow XD
Hab die Chor Probe gestern gut überstanden und wünsche euch einen wunderschönen guten Morgen! <3

auf anderen Wegen - Kürbistumor Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt