13. Kapitel

34 2 0
                                        

*Kleine Anmerkung vorweg: Ich habe ein paar Namen meiner Charaktere geändert. Sie heißen nun wie folgt:

- Eira: Ravi
- Inaara/Nara: Dayita
- Naomi (ehem. Fadrina): Aleika
- Daivan: Dastan
- Ischa: Isha
- Lawrence: Bizhan
- Nimié: Narami
- Zorro (auch Rafu): Zafar

Kaela

Am Tag nach unserer Rückkehr ging ich Kräuter sammeln. Beaufsichtigt wurde ich von einem Krieger. Immerhin hatten meine Eltern mich nicht tatsächlich weggesperrt. Sie machten sich nur Sorgen, aber mich störte die Beobachtung.
"Hast du genug?", Aleika kam zu mir herüber. Sie trug bereits einen vollen Korb mit Kräutern bei sich. Ich nickte.

Wenig später befanden wir uns an einem kleinen Bächlein, der ein Zweig des Flusses war. Wir wuschen unsere Kräuter und machten uns dann auf den Heimweg.

Dort angekommen, kochte ich eine Suppe. Meine Schwester half mir. "Kaela?", Narami sah mich ernst an. Ich sah auf.
"Ja, was ist?", fragte ich.
"Ich brauche deinen Rat. Weißt du, da ist dieser Junge. Er macht mich verrückt. Ich glaube ich bin in ihn verliebt, aber er scheint sich nicht für mich zu interessieren", druckste sie herum. Überrascht sah ich sie an. Vierzehn Jahre und schon verliebt? Ich war noch kein einziges Mal verliebt gewesen!

"Woher weißt du, dass er sich nicht für dich interessiert?", fragte ich sanft.
"Naja, er neckt mich die ganze Zeit. Außerdem schaut er immer weg wenn ich ihn ansehe, oder geht weg", sie schien echt verloren. Ich musste lachen.
"Narami, ich weiß nicht viel von Liebe, aber glaub mir, er ist zweifellos an dir interessiert. Vielleicht musst du ihm bloß einen Schubs in die richtige Richtung geben?"
"Meinst du?", fragte sie hoffnungsvoll. Ich nickte.
"Weißt du, wir gehen nachher mal zu ihm und ich geb euch beiden ein bisschen Starthilfe, in Ordnung?". Narami strahlte mich an.

Nach dem Essen begleitete ich meine Schwester zu den Feldern.
"Dort drüben!", Narami deutete unauffällig auf einen Jungen am Rand des Feldes.
"Das ist Jaspal", hauchte sie.

Ich musste zugeben, er sah nicht schlecht aus. Zusammen mit meiner kleinen Schwester trat ich zu Jaspal. Ich erklärte dem verdutzten Jungen, dass ich für ihn und Narami einen gemeinsamen Auftrag hätte. Meine Schwester sollte Holz sammeln gehen und er sollte sie begleiten. Zu ihrem Schutz natürlich. Jaspal nickte ungerührt, doch ich sah wie seine Augen aufgeregt blitzten.

Als sie davongingen, sah ich das ich es geschafft hatte. Die beiden unterhielten sich gut und warfen sich immer wieder verstohlene Blicke zu. Ich seufzte erleichert und machte mich leichten Herzens auf den Rückweg.

Meine gute Laune verflog, als ich Dastan auf mich zukommen sah. Er benahm sich so anders, seit dem Kuss. Ich hatte es immer noch nicht über mich gebracht ihm zu sagen, dass ich ihn nicht liebte.

"Alles Gute zum 22. Geburtstag!", er schenkte mir ein strahlendes Lächeln. "Danke dir!", ich freute mich nun doch über seine Glückwünsche. Meine Familie und ein paar andere hatten mir heute morgen schon gratuliert. Heute Abend sollte eine große Feier stattfinden.

Meine Eltern hatten mir ein wunderschönes Kleid geschenkt. Es war rot eingefärbt und aus einem feinen Stoff gewebt, den meine Mutter bei einem wandernden Siedler gekauft hatte. Bis zur Hüfte war es eng. Muster zierten den oberen Teil und ein geflochtenes Band umwand die Taille. Von der Hüfte an fiel der Rock ausschweifend bis hinab zu meinen Knöcheln. Am Saum waren verschiedene Schriftzeichen der Sprache unserer Vorfahren eingewebt. Sie bedeuteten so etwas wie Glück, Gesundheit, Stärke, Mut, Geduld und Mitgefühl. Letztere waren Eigenschaften, die ein zukünftiger Stammesführer besitzen oder entwickeln sollte. Ich würde das Kleid heute Abend zum Fest tragen.

Der Abend kam schnell. Ich trug das Kleid und bekam viele Komplimente. Es wurde gefeiert, gelacht und getanzt. Während ich mich mit meinem Vater im Kreis drehte, erblickte ich Narami. Sie saß zusammen mit Jaspal auf einem Baumstamm und hielt Händchen. Ich klopferte mir innerlich auf die Schulter.

Wenig später bat mich Dastan mit ihm zu tanzen. Anfangs war es mir unangenehm, doch irgendwann fand ich Gefallen daran. Wir drehten uns im Kreis und trennten uns wieder. Es wurde in die Hände geklatscht, sich beim Nachbarn eingehängt und so gedreht, dass man wieder beim ursprünglichen Tanzpartner ankam.

Es war schon spät, als mein Vater mich und Dastan beiseite nahm. Ernst sah er uns.
"Ihr mögt euch sehr, oder?", fragte er. Wir nickten beide, noch erhitzt und aufgeputscht vom letzten Tanz. Mein Vater wirkte froh und holte Luft. Was hatte er vor? Warum wirkte er so ernst und gleichzeitig erfreut? Was hatte ich mit meiner unbedachten Antwort ins Rollen gebracht?

"Bitte alle mal herhören!", rief er, "Heute ist ein ganz besonderer Tag. Es  sind nunmehr noch drei Jahre bis meine Tochter in meine Fußstapfen treten wird. Diese werden schneller vergehen, als wir alle uns das vorstellen können.

Wie gerne würde ich den Umstand einfach ignorieren, wie erwachsen sie geworden ist. Für mich wird sie vermutlich immer mein kleines Mädchen bleiben. Wenn ich meine Tochter und den jungen Herrn an ihrer Seite nun aber betrachte, muss ich mir eingestehen, dass sie eine Frau geworden ist. Daher bin ich der Meinung, das jetzt wohl die Zeit gekommen ist, sich zu verloben.

Ich möchte hiermit die Verlobung meiner Tochter Kaela mit Dastan bekannt geben!"

Applaus erklang. Ich verschluckte mich an meiner eigenen Spucke. War das sein Ernst?! Dachte er, er täte mir damit einen Gefallen? Dachte er, ich würde Dastan lieben? Ich mochte ihn, ja. Aber heiraten? Jetzt war es zu spät. Die Verlobung war ausgesprochen. Ich konnte nur noch lächeln und so tun, als würde ich mich freuen. Alles andere hätte Schande über Dastan, unsere Familien und zuletzt auch über mich gebracht. Zu allem Überfluss küsste mich Dastan jetzt auch noch. Am liebsten wäre ich schreiend weggerannt.

Ich war einer Panik nahe. Mein Herz raste, die Beine zitterten und waren gleichzeitig auf Flucht eingestellt. Die Luft schien viel zu schnell aus meinen Lungen zu entweichen. Ich brauchte irgendetwas, woran ich mich festhalten konnte. Oder Irgendwen. Nicht jedoch Dastan, von dessen inniger Umarmung ich mich gerade nur eingeengt fühlte.

Ungefragt tauchte Askans Antlitz in meinen Gedanken auf. Am liebsten hätte ich mir die Hände vor's Gesicht geschlagen. Wie konnte ich jetzt an ihn denken? Das war doch nicht richtig!

Energisch verdrängte ich Askan aus meinen Gedanken und zwang mich ruhig und tief ein- und auszuatmen.

Jetzt kamen die ersten Leute, um mir und Dastan zu gratulieren. Ich zwang mich zu einem Lächeln, das so verkrampft war, dass es mich überraschte, das es niemanden auffiel.

Nach einer quälenden Weile verabschiedete ich mich mit der Ausrede, ich sei müde. Vom vielen Lächeln taten meine Kiefermuskeln weh und ich fühlte mich einfach nur elend.

Was sollte ich nur tun? Ich konnte Dastan nicht heiraten! Kurz dachte ich daran, wegzulaufen. Das hätte jedoch mehr Probleme aufgeworfen, als gelöst. Nein, momentan fiel mir kein vernüftiger Grund ein, der eine Hochzeit zwischen mir und Dastan verhindern konnte.

Verzweifelt ließ ich mich aufs Bett fallen. Tränen fanden ihren Weg aus meinen Augen, liefen über meine Wangen und tropften von dort aufs Bett, wo das Kissen sie aufsog. Leise schluchzend weinte ich mich in den Schlaf.

 Der Prinz der TigerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt